EU-Kommission will Berichtspflichten konsolidieren

In der Europäischen Union gibt es mehrere Regelungen, die Unternehmen zu Nachhaltigkeitsangaben verpflichten: CSRD, CSDDD und Taxonomie-Verordnung. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat angekündigt, die Mitteilungspflichten zu bündeln. Durch die Konsolidierung soll die Anzahl der zu meldenden Datenpunkte deutlich reduziert werden. Es gibt aber auch Kritik an dem Vorhaben.

Am 8.11.2024 kündigte Ursula von der Leyen an, dass bestimmte bestehende und künftige ESG-Berichtspflichten der EU in einer „Omnibus“-Verordnung zusammengefasst werden sollen. Das würde Pflichten aus der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD, der Taxonomie-Verordnung, der Lieferkettenrichtlinie CSDDD und eventuell auch der Sustainable-Finance-Offenlegungsverordnung SFDR sowie der Waldschutzverordnung EUDR betreffen.

Budapester Erklärung zur Wettbewerbsfähigkeit Europas

Die Ankündigung erfolgte nach dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs mit der Europäischen Kommission in Budapest. Der Europäische Rat präsentierte die Budapester Erklärung zum „Neuen Deal für die europäische Wettbewerbsfähigkeit“. Diese enthält einen 12-Punkte-Plan der EU-Regierungen, der wirtschaftlichen Wohlstand, Sicherheit und Widerstandsfähigkeit in den kommenden Jahren gewährleisten soll.

Die Budapester Erklärung fordert unter anderem die „Einleitung eines revolutionären Vereinfachungsprozesses, der für einen klaren, einfachen und intelligenten Regelungsrahmen für Unternehmen sorgt und den Verwaltungs-, Regulierungs- und Meldeaufwand, insbesondere für KMU, drastisch verringert“. Bereits im ersten Halbjahr 2025 soll die Kommission „konkrete Vorschläge zur Verringerung der Berichtspflichten um mindestens 25 Prozent“ vorlegen.

Auch wenn der vollständige Inhalt und der Zeitplan der Omnibus-Verordnung noch nicht bestätigt sind, sieht die EU den Bürokratieabbau offenbar als wichtigen Teil ihrer Bemühungen, ihre Wettbewerbsfähigkeit in den kommenden Jahren zu steigern.

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Zahl der Datenpunkte soll reduziert werden

Nach dem informellen EU-Gipfeltreffen in Budapest sagte von der Leyen: „Die Datenpunkte, die wir sammeln, Tausende davon, sind zu viele, oft redundant, oft überlappend.“ Diese Offenlegungspflichten sollen gebündelt werden:

  • CSRD: Die CSRD verpflichtet Unternehmen, über ihre Risiken sowie negative und positive Auswirkungen in den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung zu berichten. Laut der EFRAG, die die EU bei der Entwicklung von Standards für die Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung berät, müssen Unternehmen in ihrem CSRD-Bericht bis zu 783 Datenpunkte angeben.
  • EU-Taxonomie: Im Rahmen der EU-Taxonomie-Verordnung sollen Unternehmen offenlegen, inwieweit ihre Geschäftstätigkeit die Kriterien umweltschonender Wirtschaftsaktivitäten erfüllt.
  • CSDDD: Die CSDDD verpflichtet Unternehmen, jährlich über die Einhaltung menschenrechtlicher und ökologischer Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten zu berichten. Diese Regelung sollte ohnehin mit der CSRD-Berichterstattung verknüpft werden.

Inhalt der einzelnen Regelungen soll erhalten bleiben - die Krux liegt im Verfahren

Von der Leyen betonte, dass die Regelungen keinesfalls abgeschafft werden sollen: „Wichtig ist [...] der Inhalt der Gesetze ist gut, wir wollen ihn erhalten und wir werden ihn erhalten.“ Ob die Regelungen inhaltlich unangetastet bleiben, liegt allerdings nicht in der Hand der Kommission. Das liegt am Gesetzgebungsverfahren der EU. Die Kommission wird voraussichtlich am 26. Februar einen Gesetzesvorschlag vorlegen, der dann im Europäischen Parlament und im Rat diskutiert wird. Dabei können Änderungen am Kommissionsvorschlag eingebracht werden, die Tür für eine Revision wäre offen.

Wie lange das Verfahren dann dauern wird, ist offen. Der Rechtsanwalt Daniel Schönfelder rechnet mit mindestens einem Jahr, in dem für die betroffenen Unternehmen weiterhin Rechtsunsicherheit bestünde.

Nicolas Lockhart, ESG-Experte bei der Anwaltskanzlei Sidley Austin, sagte gegenüber der Plattform Real Economy Progress, es sei „wahrscheinlich, dass im Parlament und möglicherweise auch im Rat erheblicher Druck ausgeübt wird, um die Berichtsstandards abzuschwächen“. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Trilog-Verhandlungen über eine Verschiebung und inhaltliche Änderungen der EU-Waldschutzrichtlinie EUDR.

Warnung vor möglichen negativen Folgen einer Omnibus-Verordnung

Schönfelder warnt im Gespräch mit Haufe Sustainability davor, die Konsolidierung der Nachhaltigkeitsgesetze übers Knie zu brechen. Gemeinsam mit über 150 weiteren Business & Human Rights Expert:innen aus 25 Ländern veröffentlichte er einen Brief, in dem er vor möglichen negativen Folgen warnt. Er sagt: „Wenn man jetzt schnell-schnell macht, wird es eine Erleichterung für die Unternehmen geben, die sich nicht um Menschenrechte und Umwelt kümmern. Aber für die vernünftigen Unternehmen, die die Gesetze ernst nehmen, ist das keine Entlastung, sondern Verunsicherung.“

Er verweist auch auf die Signalwirkung für die Rolle Europas als verlässlicher Handelspartner. Erst vor sieben Monaten ist die europäische Lieferkettenrichtlinie in Kraft getreten. Schönfelder, arbeitet in seiner beratenden Tätigkeit mit Unternehmen und Expert:innen aus der ganzen Welt zusammen, etwa aus Lateinamerika, Vietnam, Indien und China. Laut ihm stellen sich die dortigen Firmen nun auf die Anforderungen der CSDDD ein.

„Sie verstehen den Ansatz und investieren, weil sie erkennen, dass es für ihre Geschäftspartner wichtig ist. Wenn die EU nun zurückrudert, verlieren wir massiv an Glaubwürdigkeit. In Zukunft werden Partner bei neuen Anforderungen erst einmal abwarten, ob diese auch wirklich umgesetzt werden“, so Schönfelder.