Die folgende Definition stammt von Werner Kroeber-Riel und enthält meiner Ansicht nach eine Menge Zündstoff.[1]

 
"Werbung lässt sich als eine versuchte Verhaltensbeeinflussung mittels besonderer Kommunikationsmittel auffassen."

Wohin soll mein Verhalten denn beeinflusst werden? Warum sollte überhaupt jemand das Recht dazu haben, bewusst und ungefragt mein Verhalten zu beeinflussen? Und wieso dürfen Werber Kommunikationsmittel wählen, denen ich nicht oder nur schwer ausweichen kann (Anzeigenwerbung in Zeitschriften, Fernsehwerbung, Plakatwerbung an der Straße)?

Werbung soll auf ein bestimmtes Produkt und einen bestimmten Anbieter aufmerksam machen. Dass hinter Produktwerbung grundsätzlich keine altruistische Grundeinstellung steckt, ist jedem/r Verbraucher:in klar. Es geht bei Werbung in der Regel nicht darum, die Verbraucher anbieterneutral auf mögliche Bezugsquellen eines Produktes aufmerksam zu machen, das sie sowieso brauchen, sondern es geht darum, einen Bedarf zu wecken, der vorher gar nicht da war, oder einen bestehenden Bedarf auf einen bestimmten Anbieter zu lenken. Das mag man als legitim ansehen: Da der Anbieter ja das Geld für die Werbung selbst ausgibt, darf er auch die Aufmerksamkeit allein auf sein Angebot lenken. Natürlich kann er nicht verpflichtet werden, auch andere mögliche Angebote zu nennen. Das käme uns geradezu abstrus vor. Dennoch darf man sich in diesem Rahmen durchaus die Frage stellen, was wäre denn schlechter, wenn es gar keine Werbung gäbe?

2 aus meiner persönlichen Sicht positive Beispiele für Werbung sind die beiden folgenden:

  • Rechtsanwälten ist Werbung gesetzlich erlaubt, "soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist".[2]
  • Frauenärzte ist es (erst) seit kurzem erlaubt, auf ihrer Internetseite für Schwangerschaftsabbrüche "zu werben". Tatsächlich geht es hier nicht um Werbung im ursprünglichen Sinne, sondern es geht den Betroffenen um die Erlaubnis, ausführliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche öffentlich anbieten zu können, ohne Strafverfolgung befürchten zu müssen. Diese Art Werbung halte ich persönlich für sinnvoll, weil sie genau die Informationen liefert, die ein:e nach einem Produkt oder einer Leistung Suchende:r braucht, um fündig zu werden.

Dagegen braucht kein Mensch Riesenplakate in der Innenstadt und seitenweise Anzeigenwerbung in Zeitschriften. Die Werbung in Apps und auf Internetseiten ist auch eher nervig, als hilfreich. Richtig, ohne Werbung würden Zeitungen und Zeitschriften teurer und auch private Fernsehsender müssten Beiträge wie die öffentlich-rechtlichen verlangen. Apps gäbe es nicht mehr kostenlos und wir würden keine (scheinbar) passgenauen Angebote mehr über das Internet erhalten. Aber dafür wären wir frei von den ständigen "Versuchen der Verhaltensbeeinflussung" durch Produktwerber. Ich persönlich bin bereit, dafür zu zahlen, indem ich für sonst kostenlose Apps einen kleinen Obulus beitrage, um von der Werbung verschont zu bleiben. Leider steht das nicht allgemein zur Debatte.

Also muss ich mich wohl oder übel mit dem Thema beschäftigen. Wenn ich also Werbung nicht grundsätzlich abschaffen lassen kann, dann fordere ich zumindest die Einhaltung von ein paar "Ehrenkodices" wie Offenheit und Ehrlichkeit über die Wirkungen der angebotenen Produkte ("Rauchen kann tödlich sein."), wie die klare Deklaration von Inhaltsstoffen (Zucker, Konservierungsstoffe etc.) und ich fordere auch, dass Werber sich ab und zu einmal die Frage stellen, wofür sie da eigentlich werben. Würden sie das Produkt selbst kaufen? Würden sie es ihren Kindern oder besten Freunden empfehlen? Finden sie, dass es dieses Produkt wirklich geben muss oder ist es eher überflüssig oder sogar schädlich?

[1] Kroeber-Riel, Werner; Esch, Franz-Rudolf: Strategie und Technik der Werbung, Kohlhammer, 7. Auflage, 2011

2.8.1 Keine irreführende Werbung

In § 5 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb)[1] ist erläutert, welche "irreführenden geschäftlichen Handlungen" als unlauter anzusehen sind. Insbesondere § 5 Abs. 2 Satz 1 UWG lässt sich gut auf die "Handlung" Werbung beziehen. Irreführend ist sie laut Gesetz dann,

 
§ 5 Abs. 2 Satz 1 UWG

(1) [...] wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

  1. die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen

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