Wichtig

Die Wesentlichkeitsanalyse (Materialitätsanalyse) ist ein entscheidendes Instrument, um die Vielfalt von Nachhaltigkeit handhabbar zu machen, Prioritäten zu setzen und strategische Entscheidungen zu treffen. Sie ist ein Analysewerkzeug zur Identifikation relevanter Nachhaltigkeitsthemen einer Organisation. Mithilfe der Analyse werden Themen identifiziert, die für Unternehmen wesentlich sind – aus der Wirkungsperspektive und/oder aus finanzieller Perspektive.

Um die Komplexität der verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen handhabbar zu machen, strategisch zu bewerten und entsprechende Programme zu entwickeln und umzusetzen, ist es notwendig, die Themen zu priorisieren. Die Identifizierung wesentlicher Nachhaltigkeitsaspekte erfolgt durch eine sog. Wesentlichkeitsanalyse oder Materialitätsanalyse. Neben den steigenden Erwartungen der verschiedenen Interessengruppen verlangen regulatorische Anforderungen wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)[1] die Identifikation wesentlicher Nachhaltigkeitsthemen. Zudem beinhalten auch freiwillige Standards wie bspw. die Global Reporting Initiative (GRI)[2] und der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK)[3] die Anforderungen einer Wesentlichkeitsanalyse.

Die Wesentlichkeitsanalyse deckt wesentliche Themen sowie Chancen und Risiken einer Organisation auf unter Einbezug der Erwartungen und Perspektiven der Stakeholder. Auf Basis der Wesentlichkeitsanalyse kann die Organisation eine fundierte Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, die den Fokus auf die wesentlichen Themen richtet. Die Wesentlichkeitsanalyse befähigt eine Organisation, zu erkennen, was die relevanten Nachhaltigkeits-Themenfelder sind, um aktiv zu werden und zielgerichtet zu wirken. Im Zusammenhang mit der Wesentlichkeitsanalyse steht im europäischen Kontext häufig die Verwendung der doppelten Materialität. Hierbei werden Nachhaltigkeitsaspekte als wesentlich eingestuft, wenn sie entweder aus der Wirkungsperspektive oder aus der Finanzperspektive oder aus beiden Perspektiven wesentlich sind.

 
Hinweis
  • Wirkungsperspektive: Die Auswirkungen des Unternehmens auf die Gesellschaft und den Planeten werden als Inside-Out-Auswirkungen bezeichnet. Dazu gehören z. B. die Auswirkungen der Organisation durch Emissionen auf den Klimawandel.
  • Finanzperspektive: Die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsthemen auf die Organisation, ihre Position und Entwicklung werden als Outside-In-Auswirkungen bezeichnet, z. B. Risiken für das Geschäftsmodell und die Einnahmeströme der Organisation aufgrund des Klimawandels.

Das konkrete Vorgehen kann durch die Verwendung verschiedener Methoden erfolgen. Allgemein gilt es, bei der Umsetzung einer Wesentlichkeitsanalyse folgende Schritte zu berücksichtigen, um den (zukünftigen) regulatorischen Anforderungen zu entsprechen, wie sie z. B. in der CSRD formuliert werden:

  • Identifikation und Analyse wesentlicher Stakeholder: Zu unterscheiden sind u. a. betroffene Stakeholder, die also direkt oder indirekt das Unternehmen beeinflussen oder von Unternehmenshandlungen beeinflusst werden, Nutzer der Nachhaltigkeitsberichterstattung oder interne und externe Experten. Zudem ist es notwendig, unterschiedliche Kommunikationsmethoden zu berücksichtigen.
  • Integration aller erforderlichen Nachhaltigkeitsaspekte, welche durch Regularien und Standards vorgegeben werden.

    1. Durch die regulatorischen Entwicklungen auf EU-Ebene sind hierbei alle Themen aus den ESRS, den European Sustainability Reporting Standards[4], zu erörtern. Dazu gehören sektorunabhängige Nachhaltigkeitsthemen, die durch die Kennzahlen spezifiziert werden.
    2. Im zweiten Schritt geht es um eine Sektor-Analyse im Vorfeld, um sektorspezifische Nachhaltigkeitsaspekte identifizieren zu können.
    3. Schließlich ist es notwendig, unternehmensspezifische Nachhaltigkeitsaspekte zu identifizieren, z. B. durch die Durchführung von Analysen und Bewertungen der Organisation und ihres geschäftlichen Kontextes unter Verwendung kundenorientierter Ansätze und Methoden.
    4. Den europäischen Regularien liegt das Konzept der doppelten Wesentlichkeit zugrunde. Doppelte Wesentlichkeit zeigt auf, dass Nachhaltigkeitsaspekte aus 2 Perspektiven betrachtet werden müssen. Die Wirkung der Umfeld-Faktoren auf die Organisation, also die Outside-In-Auswirkungen, muss genauso betrachtet werden wie die Wirkung der Organisation auf ihr Umfeld, die sog. Inside-Out-Auswirkungen. Für jeden der o. g. Nachhaltigkeitsaspekte (sektor-agnostisch, sektorspezifisch und unternehmensspezifisch) ist die Wesentlichkeit zu bewerten.

       
      Praxis-Beispiel

      Outside-In- und Inside-Out-Wirkung

      Es gibt verschiedene Nachhaltigkeitsthemen, auf die ein Unternehmen einen Einfluss haben kann. Im Falle eines Textilunternehmens können dies bspw. die Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden (z. B. Gehalt, Arbeitszeiten, Sicherheit etc.) sein. Man betrachtet hier den Einfluss, den das Unternehmen auf die Umwelt und die Gesellschaft hat (Inside-Out-Wirkung). Gleichzeitig können die Umwelt und die Gesellschaft einen Einfluss auf das...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Sustainability Office. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge