3.4.1 Die Merkmale einer ganzheitlichen Verankerung

Auf der 4. Entwicklungsstufe angekommen hat bei den Unternehmern, Führungskräften und Entscheidern ein Perspektivwechsel stattgefunden. Sie denken das Unternehmen und die Organisationen nicht mehr von innen nach außen, sondern umgekehrt. Der Fokus richtet sich für sie darauf, mit ihren Produkten, Leistungen und Lösungen, mit ihrer Geschäftstätigkeit und mit ihrem Engagement einen gesellschaftlichen Nutzen zu schaffen. Auf dieser Stufe ist Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie ganzheitlich in den Unternehmungen verankert, wenn

  1. Nachhaltigkeit eine Haltung ist und als handlungsleitendes Prinzip gelebt wird,
  2. im Unternehmen nur eine Unternehmensstrategie existiert und es keiner zusätzlichen Nachhaltigkeitsstrategie bedarf,
  3. die CSR-Berichterstattung der Unternehmensstrategie folgt und nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstößt und beispielsweise in eine Gemeinwohlbilanz mündet,
  4. ökologische, soziale und ökonomische Ziele definiert, in den Zielvereinbarungen der Führungskräfte festgeschrieben wurden und von ihnen vorbildhaft gelebt werden,
  5. für das Strategie- und Nachhaltigkeitsmanagement eine performante Infrastruktur genutzt wird,
  6. für alle Mitarbeitenden und Führungskräfte gerechte, flexible und tragfähige Arbeitsbedingungen geschaffen wurden und adäquate Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden,
  7. die Produkte, Leistungen und Lösungen ökologische und soziale Aspekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette bestmöglich umsetzen, lange von den Kunden genutzt und wiederverwertet werden können,
  8. nachweislich die Lieferketten nach ökologischen und sozialen Aspekten gestaltet sind und diese auch von den Lieferanten und Dienstleistern umgesetzt werden,
  9. Energie für Strom und Wärme aus erneuerbaren Energiequellen stammt und möglichst wenige Ressourcen verbraucht werden,
  10. alle verantwortlichen Mitarbeitenden und Führungskräfte mit den für ihr Unternehmen relevanten ökologischen und sozialen Aspekten der Nachhaltigkeit vertraut sind.

3.4.2 Best Practice Entwicklungsstufe 4

Unternehmungen der 4. Entwicklungsstufe mit einer ganzheitlichen Verankerung von Nachhaltigkeit in der Organisation können gemäß der Typologie unternehmerischer Nachhaltigkeit als Unternehmen 2.0 oder 3.0 verstanden werden. Dabei ist bei Unternehmen 3.0 oder Teilbereichen von Unternehmen Nachhaltigkeit fest in dem Lösungsportfolio mit den spezifischen Geschäftsmodellen und den dazugehörigen Wertschöpfungsprozessen verankert. So hat beispielsweise IKEA "ein faltbares Flüchtlings-Haus für 1.000 EUR mit einem Gewicht von 100 kg entwickelt, das mit 17,5 Quadratmeter Wohnfläche 5 Personen Platz bietet. Es kommt u. a. in Syrien, im Irak und in Äthiopien zum Einsatz"[1].

Die SV Group, eine nach eigenen Angaben innovative Gastronomie- und Hotelmanagement-Gruppe hat mit Unterstützung von WWF Schweiz ein Ernährungsprogramm mit dem Titel "One-Two-We | Gemeinsam für Nachhaltigkeit" aufgelegt. One steht dabei für feine, ausgewogene und nachhaltige Menus. Weil die Kunden wissen sollen, was auf den Teller kommt. Two steht für gezielte Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit. Damit die Kunden mit einem guten Gewissen genießen können. Und We steht für das Bestreben, gemeinsam den CO2-Ausstoß zu reduzieren und sich für eine tierfreundliche Haltung einzusetzen.[2]

Und auch die Firma WILO SE hat Nachhaltigkeit in ihrer Strategie verankert: Nach eigenen Angaben ist Klimaschutz Teil ihres Geschäftsmodells. Die Arbeit mit den kostbaren Ressourcen Wasser und Energie sowie der Umgang mit dem zu schützenden Klima setzen nachhaltiges Denken und Handeln voraus und sind fest in der Unternehmenskultur verankert. Als Technologieunternehmen schafft die Wilo Gruppe durch innovative und energieeffiziente Produkte, Systeme und Lösungen nachhaltige Mehrwerte, beispielsweise in dem Bereich Heizung, Klima und Kälte: Hier kommen u. a. Lösungen für Solarthermie, Pellet-Heizungen, Blockheizkraftwerke, Wasseraufbereitung oder Regenwassernutzung zum Einsatz[3].

Weitere Beispiele für Unternehmen 2.0 oder Unternehmen 3.0 auf der Entwicklungsstufe 4 – ganzheitliche Verankerung von Nachhaltigkeit – lassen sich unter den jährlichen Finalisten für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis für Unternehmen finden. Nachfolgend ein Auszug aus dem Feld der Finalisten für das Jahr 2020[4] und ergänzende Beispiele:

  • Transformationsfeld Klima: ECOSIA – die Suchmaschine, die Bäume pflanzt; NATURSTROM AG – Energie mit Zukunft; NovoCarbo – ein Hersteller, Vermarkter und Veredler von Pflanzenkohle
  • Transformationsfeld Ressourcen: GROHE AG – Pure Freude am Wasser; W. Neudorff GmbH KG – Anbieter von Produkten aus schnell nachwachsenden, heimischen Rohstoffen; Projektwerkstatt, Gesellschaft für kreative Ökonomie mbH – gestaltet unter dem Label TEEKAMPAGNE nachhaltige Lieferketten ohne Zwischenhändler.
  • Transformationsfeld Biodiversität: Demeter-Felderzeugnisse GmbH – eine Bio-Erzeugergemeinschaft, die ausschließlich mit Bio-Produkten und nach den Prinzipien einer nachhaltigen Landwirtschaft arbeitet.
  • Transformationsfeld Gesellschaft & Fairness: AfB gemeinnützige GmbH – ein...

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