Klassischerweise rufen Vorstände bzw. Geschäftsführungen betriebliche Veränderungsprozesse aus und treiben diese voran. So auch beim Thema Nachhaltigkeit bzw. Corporate Sustainability.[1] Und da gibt es aus Change-Sicht eine wichtige Regel. Solange es auf dieser Ebene keinen wirklichen Treiber und Promotor für den Wandel gibt, geht einem Change-Prozess schnell die Luft aus. Das Top-Management muss eine leuchtende Vorbildwirkung haben und aktiv unterstützen, wie auch Krüger betont.[2]

 
Achtung

Wenn der Chef mit einem statusbetonten, spritfressenden SUV vorfährt und gleichzeitig die Dienstreisen CO2-reduziert sein sollen, ist das der frühe Tod der Change-Begeisterung bei den Mitarbeitern. Denn diese sagen sich berechtigt, wieso soll ich mich in meinem Denken und Verhalten ändern, wenn es die Führung im Unternehmen nicht tut. Das wäre gerade beim Thema Nachhaltigkeit besonders bitter. Schließlich gibt es im Gegensatz zu vielen anderen Change-Initiativen wohl kaum so hohe Offenheit bei vielen Menschen, hier Dinge anders zu machen.

Als Change-Verantwortlicher gilt es, die folgenden Mechanismen im Blick zu halten und zunächst gerade die oberste Führungsebene für deren zentrale Rolle im Veränderungsprozess zu sensibilisieren; gleichwohl dann auch bei allen anderen Führungskräften im Unternehmen, die schlussendlich den Wandel gestalten.

Nach Krüger gibt es insbes. 3 Attribute, die eine wichtige Rolle spielen: Authentizität, Glaubwürdigkeit und Vorbildfunktion.[3]

  • Authentizität sagt aus, dass sich eine Persönlichkeit unverstellt zum Ausdruck bringt. Sie ist so, wie sie ist.
  • Glaubwürdigkeit betrifft die Überzeugungskraft. Gerade in Situationen, in denen es eine hohe Unsicherheit gibt, ist diese Eigenschaft wichtig. Denn Glaubwürdigkeit schafft Vertrauen und letztendlich die Akzeptanz von angestrebten Änderungen.
  • Vorbildfunktion: Wenn Worte und Taten von Führungskräften nicht im Einklang stehen, sinkt die Akzeptanz. Trotz des Wissens um die Vorbildwirkung gibt es in den Unternehmen immer wieder eklatante Verstöße gegen diese Erwartung.
 
Hinweis

Wimmer weist auf das Phänomen der inneren Distanziertheit hin, das dazu beiträgt, dass Manager nicht die entsprechende Überzeugungskraft und Vorbildwirkung ausstrahlen. Dabei erleben sich Manager als Macher und Gestalter des Change-Prozesses, fühlen sich aber selbst nicht unmittelbar davon betroffen. Ändern müssen sich ja die anderen: die Führungskräfte der nächsten Ebenen, die Beschäftigten der umorganisierten Bereiche, die Mitarbeiter der bei einer Fusion zu integrierenden Einheiten, die Belegschaften des zu schließenden Standortes etc. Er sagt: "Die Veränderungsanforderungen fallen bei den 'Geführten' an, dort gilt es Bewegung zu erzeugen. Man selbst ist diesbezüglich außen vor. Diese auf einer beliebten Spaltung zwischen 'Tätern und Opfern' aufsetzende Konstruktion ist ein weiterer sehr häufig zu beobachtender blinder Fleck in organisationalen Transformationsprozessen."[4]

Indem sich also Manager emotional herausziehen, springt der Funke nicht über und die betroffenen Führungskräfte der mittleren und unteren Ebenen ahmen dieses Beispiel nach. Sie klinken sich ebenfalls emotional aus. Denn warum sollen andere die ganze Last eines solchen Changes auf sich nehmen, wenn die Treiber des Veränderungsprozesses so tun können, als hätte das Ganze auf ihre Rolle und auf ihre Verhaltensmuster nicht auch weitreichende Rückwirkungen. Die Folge davon ist, dass allein aufgrund dieses Denkens und Verhaltens Widerstände entstehen.

Wimmer konstatiert: "Es zählt zu den weithin geteilten Grundüberzeugungen all derjenigen, die sich mit organisationalen Veränderungsprozessen befassen, dass Veränderungszumutungen bei den Betroffenen unweigerlich eine innere Abwehr dagegen auslösen."[5] Seine Kritik geht dahin, dass die verantwortlichen Akteure in Veränderungsprozessen nicht den Blick darauf lenken, wie sie selbst durch ihr Verhalten jene Gegenwehr erst hervorrufen. Das führt dazu, dass jedes Zögern, jedes Nachfragen, jeder Zweifel, jedes Bedenken sofort als Widerstand eingeordnet wird und vergessen wird, wie man selbst dazu beigetragen hat.

Solch eine innere Distanz hat jedoch Vorteile. Es schützt das eigene Kompetenzempfinden, wenn es zu Schwierigkeiten kommt. Man kann sich selbst beruhigen und braucht sich selbst nicht die Verantwortung zuzuschreiben. Wimmer meint: "man kann ein eher technisch-ingenieurhaftes Umbauverständnis realisieren und dabei innerlich zu den betroffenen Leuten auf Distanz bleiben"[6]. Folglich entstehen auf diese Weise weder Vertrauen noch Hoffnung für die Zukunft noch Akzeptanz – alles wichtige Aspekte, um Beschäftigte für einen Change-Prozess mit ins Boot zu holen.

 
Wichtig

Es ist entscheidend, ganz am Anfang zu klären: Sind es klare innere Werte der Nachhaltigkeit, die den Change initiieren, oder ist es nur ein schlichtes Kalkül? Also die rationale Kosten-Nutzen-Vorstellung, dass eine nachhaltige Ausrichtung einen Image- bzw. Wettbewerbsvorteil bringt, die Mitarbeiterbindung för...

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