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Neben den innerbetrieblichen Aspekten des nachhaltigen Wirtschaftens kommt 3 Faktoren eine besonders hohe Bedeutung zu, um i. S. e. nachhaltigen Supply Chain Managements auf Unternehmen einzuwirken:

  1. Regulierungen,
  2. Kundenanforderungen und
  3. Druck von NGOs.[1]

Trotz der globalen Vernetzung von Lieferketten haben nationale Regulierungen eine besondere Relevanz, die sich einerseits in den jeweiligen Regelsetzungen widerspiegelt, andererseits in der Überprüfung der Einhaltung dieser Vorgaben. Zwar haben viele Länder Vorschriften zu sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit erlassen, dennoch besteht ein beachtliches Vollzugsdefizit, wenn untergeordnete Behörden diese Vorschriften nicht wirkungsvoll einfordern können oder wollen.[2] Insbes. für Markenartikelhersteller sind kundenseitige Wünsche und Forderungen sowie Druck von NGOs besonders wichtige Faktoren des nachhaltigen Supply Chain Managements. Das Zusammenspiel dieser beiden Stakeholder-Gruppen, insbes. im Fall aufgedeckter Missstände in der Lieferkette und der daraus resultierenden Feedbackmechanismen, stellen Produzenten von Markenartikeln vor besondere Herausforderungen.[3]

 

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Ebenso wie traditionelle Produkt- und Dienstleistungsbedarfe werden auch Nachhaltigkeitsanforderungen von den Absatzmärkten, also von Kunden und Endverbrauchern, an die Lieferkette herangetragen. Aufgrund seiner Sichtbarkeit für Endkunden ist (in den meisten Fällen) zunächst das fokale Unternehmen mit den Anforderungen an Nachhaltigkeit konfrontiert. Allerdings kann es in der überwiegenden Zahl der Fälle diesen Anforderungen nicht allein gerecht werden, da sie Produkt- oder Prozesseigenschaften betreffen, die außerhalb der unmittelbaren Befugnisse des fokalen Unternehmens liegen. Da das fokale Unternehmen aber die Produktgestaltung und die Lieferkettenkonfiguration maßgeblich beeinflusst, kann es auch außerhalb seiner Befugnisse zumindest einen mittelbaren Einfluss ausüben, indem es die Nachhaltigkeitsanforderungen der Absatzmärkte innerhalb der Lieferkette an die vorgelagerten Lieferanten (und auch die übrigen Partner im Wertschöpfungsnetzwerk) weitergibt.[4] Abhängig von Verhandlungsgeschick und Marktmacht können Nachhaltigkeitsanforderungen im gesamten Netzwerk propagiert und so dessen Nachhaltigkeit verbessert werden. Abb. 3 verdeutlicht diese Wirkmechanismen:

Abb. 3: Propagieren von Nachhaltigkeitsanforderungen innerhalb der Lieferkette

 

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Druck entsteht, wenn Missstände bei einzelnen Akteuren innerhalb der Lieferkette, z. B. die Verletzung ökologischer oder sozialer (Mindest-)­Standards, aufgedeckt und an die Öffentlichkeit gebracht werden. Oftmals geschieht dies durch NGOs,[5] mitunter auch durch Regierungen, deren Regulierungen nicht konsequent umgesetzt und nachverfolgt werden. Sie kritisieren die Warenabnehmer oder das fokale Unternehmen in der Öffentlichkeit, die wiederum so einen Reputationsschaden befürchten müssen. Selbst wenn das fokale Unternehmen die offengelegten Missstände nicht verursacht, wird die Reputation der Marke beschädigt, was zu Einbußen in Umsatz oder Wettbewerbsfähigkeit auf den Absatzmärkten führen kann. Abb. 4 illustriert diese Wirkmechanismen:

Abb. 4: Informationsflüsse über nicht nachhaltiges Wirtschaften in der Lieferkette

 

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Die fokalen Unternehmen sowie die Partnerunternehmen in ihren Wertschöpfungsnetzwerken versuchen daher, ihre Lieferketten auch unter Aspekten der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit zu gestalten und zu betreiben, um Missstände im Wertschöpfungsnetzwerk und die damit verbundenen öffentlichen Kommunikationskampagnen zu vermeiden und ökonomischen Schaden vom Unternehmen und der Lieferkette abzuwenden.

[1] Vgl. Seuring/Müller, Journal of Cleaner Production 2008, S. 1699 ff.
[2] Vgl. Seuring/Müller/Schwarzkopf, Nachhaltiges Management von Wertschöpfungsketten, in Baumast/Pape (Hrsg.), Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement, 2. Aufl., 2022.
[3] Vgl. Seuring/Müller/Schwarzkopf, Nachhaltiges Management von Wertschöpfungsketten, in: Baumast/Pape (Hrsg.), Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement, 2. Aufl., 2022, S. 360 ff.
[4] Vgl. Sauer/Seuring, Supply Chain Management 2018, S. 560 ff.
[5] Beispiele für NGOs umfassen Know the Chain (https://knowthechain.org/), SOMO (www.somo.nl/) oder Global Exchange (https://globalexchange.org/, jeweils abgerufen am 3.1.2022). Verletzungen von Nachhaltigkeitsstandards beziehen sich z. B. auf Arbeitsbedingungen (Arbeitszeiten, Hygiene und Sicherheit am Arbeitsplatz, Kinderarbeit, Diskriminierung) oder nicht umweltgerechte Bedingungen in Produktion und Transport, z. B. unnötig lange Transporte von Schlachttieren oder die Abholzung des Regenwalds für die Palmölgewinnung.

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