Dieses Kapitel beleuchtet die grundlegenden Prinzipien und Richtlinien für die effektive und verantwortungsbewusste Anwendung von Klimaneutralitäts-Claims. Diese sind eine wesentliche Komponente im Bestreben von Unternehmen und Organisationen, ihre Umweltauswirkungen transparent und authentisch zu kommunizieren.
3.1.1 Prinzip der Transparenz
Transparenz ist das Fundament aller Bemühungen um THG-Neutralität. Unternehmen müssen relevante Informationen offenlegen, um ein klares Verständnis ihrer THG-Neutralitätsansprüche zu ermöglichen. Dies umfasst Daten über Treibhausgasemissionen, verwendete Methoden und erreichte Fortschritte. Hierzu zählt ebenso die Berücksichtigung von Anforderungen aus anderen relevanten Normen (z. B. ISO 14067 und ISO 14064-2 für die Ermittlung der Carbon Footprints auf Produkt- und Organisationsebene), die Bewertung der Datenqualität und die Regelungen zur Validierung und Verifizierung (z. B. ISO 14063-3).
3.1.2 Prinzip der Konservativität
Angesichts von Unsicherheiten zu Folgen des Klimawandels aber auch der Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen, insbesondere wenn diese von externen Faktoren und Entwicklungen abhängen (z. B. Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff), sollte ein konservativer Ansatz bei den Planungen verfolgt werden, um Überoptimismus und eine Überbewertung des Fortschritts zu verhindern. Bei szenariobasierten Planungen und Strategien sollte daher mindestens ein "worst-case"-Szenario entwickelt werden. Es gilt, dem Vorsorgeprinzip entsprechend, der Vorrang der schlechtesten Prognose. In diesem Sinne sollten Annahmen und Methoden konservativ gewählt werden, um die Glaubwürdigkeit der Bemühungen eines Unternehmens um THG-Neutralität zu erhalten.
3.1.3 Prinzip des wissenschaftsbasierten Ansatzes
Wissenschaftsbasierter Ansatz bedeutet, dass sich Entscheidungen und Maßnahmen in der Organisation an den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Klimawandel orientieren sollte, wobei hier die aktuellen Veröffentlichungen des IPCC herangezogen werden sollten. Es besteht wissenschaftlicher Konsens, dass um katastrophale, eigendynamische und nicht wieder rückgängig zu machende Auswirkungen auftreten werden, wenn mehr als das verbleibende globale THG emittiert werden, als im globalen Budget für die Einhaltung des 1,5 – 2 °C noch zur Verfügung stehen.[1] Unternehmen müssen bereit sein, ihre Strategien und Maßnahmen regelmäßig zu überprüfen und anzupassen, um mit dem Stand der Wissenschaft Schritt zu halten.
3.1.4 Prinzip der Vermeidung negativer Nebenfolgen
Bei der Planung und Entwicklung von Maßnahmen muss sichergestellt werden, dass keine Zielkonflikte signifikanten nicht beabsichtigten Nebenfolgen ökologischer oder sozialer Art auftreten (können) oder diese minimiert werden. Ein Beispiel für solche ungewollten Nebeneffekte sind die Zunahme der Abholzung durchzunehmende Biomasse-Energieproduktion, das Tank-Teller-Problem[1], die Nutzungskonkurrenzen für Wasser, das sowohl für die elektrolytische Herstellung von grünem Wasserstoff als auch für die Anpassung von Wäldern an den Klimawandel benötigt wird.
Das Prinzip der Vermeidung von negativen Nebenfolgen findet sich auch in anderen aktuellen Regulierungen, so beispielsweise beim "Do-No-Significant-Harm-Prinzip" (DNSH-Prinzip) aus der europäischen Sustainable Finance Regulierung (SFRD)[2], wo auch Prüffragen empfohlen werden, um das Prinzip anwenden zu können. In der folgenden Tabelle sind DNSH-Prüffragen für nicht intendierte Folgen auf andere Umweltziele beispielhaft benannt:
Umweltziel | Kontrollfragen |
---|---|
Klimaschutz |
|
Anpassung an den Klimawandel |
|
Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser und Meeresressourcen |
|
Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft |
|
Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung |
|
Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme |
|
Tab. 1: Kontrollfragen zum DNSH-Prinzip[6]
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