Bei der zivilrechtlichen Haftung geht es regelmäßig um die Frage, ob ein Verletzter oder sonst Geschädigter gegen den Schadensverursacher einen Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens hat. Das setzt voraus, dass es eine Haftungsnorm gibt und der Schadensverursacher das darin beschriebene Verhalten erfüllt. In der Regel ist außerdem ein Verschulden des Schadensverursachers erforderlich. Das bedeutet, dass dem Schädiger das schädigende Verhalten persönlich vorgeworfen werden kann.

Sofern nichts anderes bestimmt ist, hat ein Schädiger Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.

3.1 Vorsatz

Unter Vorsatz versteht man das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolgs. Dabei genügt die billigende Inkaufnahme eines für möglich gehaltenen Verletzungserfolgs (sog. bedingter Vorsatz). Dies ist im Bereich des Arbeitsschutzes die Ausnahme.

3.2 Fahrlässigkeit

Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 1 BGB). Dabei geht man von Verhaltenspflichten aus, die der Schädiger hat und fragt nach der Voraussehbarkeit und Vermeidbarkeit der Rechtsverletzung. Maßgebend ist nicht ein individueller Maßstab, sondern die Sorgfalt, die ein durchschnittlich besonnener und gewissenhafter Mensch in der konkreten Situation beachtet hätte. Die so verstandene erforderliche Sorgfalt wird meist vorgegeben durch Rechtsvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften, DIN-Normen etc.

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und dasjenige nicht beachtet worden ist, was im konkreten Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil v. 23.3.1988, IVa ZR 261/86).

3.3 Haftungsprivileg des Unternehmers

Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung gibt es ein wichtiges Haftungsprivileg für Unternehmer bzw. Arbeitgeber. Erleidet ein Arbeitnehmer einen Arbeitsunfall, muss für den dadurch entstandenen Personenschaden grundsätzlich nicht der Arbeitgeber, sondern die Berufsgenossenschaft einstehen, bei der der Arbeitnehmer auf Kosten des Unternehmers gegen Unfall versichert ist (vgl. allgemein dazu etwa BAG, Urteil v. 19.8.2004, 8 AZR 349/03).

Der Unternehmer ist dem Arbeitnehmer allerdings dann zum Ersatz des diesem entstandenen Personenschadens verpflichtet, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat (§ 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Dabei muss sich der zur Haftung des Unternehmers führende Vorsatz nicht nur auf die Handlung und deren Erfolg erstrecken, sondern auch auf den konkreten Schadensumfang (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 21.12.2006, 1 Sa 113/06). Vorsätzliche Schadensverursachungen kommen in der Praxis aber selten vor. Es kann z. B. gegen ein vorsätzliches Handeln des Unternehmers sprechen, wenn der den Arbeitsunfall verursachende gefährliche Zustand bereits viele Jahre angedauert hat, ohne dass es zu einer Verletzung eines Arbeitnehmers gekommen ist (LAG Saarland, Urteil v. 28.6.2006, 2 Sa 138/05).

 
Praxis-Beispiel

Blutentnahme in Arztpraxis

Wenn ein Arzt vorsätzlich die gefährliche Arbeit der Blutentnahme bei einem Hepatitis-C-Patienten durch eine Auszubildende am ersten Tag der Arbeit ohne Einweisung und mit ungeeigneten Hilfsmitteln verrichten lässt, haftet er für den dadurch entstehenden Gesundheitsschaden. Der Haftungsausschluss nach § 104 SGB VII ist nicht anwendbar (LAG Nürnberg, Urteil v. 9.6.2017, 7 Sa 231/16).

In dem entschiedenen Fall wurden in der Arztpraxis des Arbeitgebers nicht die vorgeschriebenen Sicherheitskanülen verwendet; diese Pflichtverletzung führte auch zu dem Gesundheitsschaden bei der Auszubildenden (u. a. rheumatische Arthritis). Der Arbeitgeber hatte sich bewusst dafür entschieden, die traditionellen und nicht die vorgeschriebenen Sicherheitskanülen zu verwenden.[1] Für die Schädigung bejahte das LAG bedingten Vorsatz, weil dem Arbeitgeber die Hepatitis-C-Erkrankung des Patienten bekannt und ihm als Arzt daher auch das damit verbundene Gesundheitsrisiko bewusst war. Ihm war auch bewusst, dass für die Klägerin als Auszubildende am ersten Arbeitstag eine persönliche Hilfe und konkrete Einweisung erforderlich war; diese stellte er aber nicht zur Verfügung.

[1] Die Pflichten des Arbeitgebers ergeben sich in Bezug auf die Schutzmaßnahmen aus § 8 Abs. 5 Satz 1 i. V. mit § 11 BioStoffV und in Bezug auf die Unterweisung aus § 14 Abs. 2 BioStoffV.

3.4 Regress durch die Berufsgenossenschaft

Leistet die zuständige Berufsgenossenschaft für Schäden aus einem Arbeitsunfall Zahlungen an den geschädigten Arbeitnehmer, macht sie unter Umständen gegenüber dem Unternehmer Regressansprüche geltend. Unternehmer sollen wegen ihrer an die Berufsgenossenschaft gezahlten Beiträge grundsätzlich von einer Haftung freigestellt sein.

Folge dieses Grundsatzes: Ein Unternehmer kann nur dann von der Berufsgenossenschaft in Regress genommen werden, wenn es aufgrund seines für den Arbeitsunfall ursächlichen Verhaltens nicht mehr gerechtfertigt erscheint, die Folgen des Unfalls auf die in der Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmen abzuwälzen. Das ist aber nur dann der Fall, wenn eine besonders krasse und auch subjektiv schlech...

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