Als Ergebnis zweier Studien an der Hochschule Kehl wurde deutlich, dass die in früheren Studien und der Literatur benannte Vereinbarkeitsproblematik zwischen Karriere und Familie tatsächlich auch in Behörden in Baden-Württemberg wahrgenommen wird. Die Gründe hierfür scheinen zum einen in unzureichenden Kinderbetreuungsangeboten, zum anderen aber auch, zumindest in Teilen, in den typischen und teilweise überholten Rollenzuweisungen zu liegen. Aber auch die Gegebenheit, dass die Mehrheit der teilnehmenden Mütter ihre Führungstätigkeit mit einem vollzeitnahen Umfang ausübt, welcher möglicherweise der noch immer herrschenden Präsenzkultur geschuldet ist, kann die Vereinbarkeit negativ beeinflussen, da ein hoher Arbeitsumfang eine noch stärkere Doppelbelastung nach sich ziehen kann. Doch nicht nur eine schwierige Vereinbarkeit von Karriere und Familie, sondern auch längere Berufsunterbrechungen, ein zu geringes Streben nach Führung ebenso wie persönliche Bedenken, den Anforderungen einer Führungsrolle nicht gerecht zu werden, wurden als Hindernis für einen Karriereaufstieg benannt.

Während Frauen generell Spaß an der Übernahme von Führungsverantwortung haben, bestehen gleichzeitig Vermeidungstendenzen, weil Fehltritte oder negative Konsequenzen befürchtet werden. Deshalb muss die Förderung von Frauen in Führungspositionen bei den Vermeidungstendenzen ansetzen.[1] Weitere mögliche Faktoren für den Geschlechterunterschied in der Führungsmotivation sind:

  1. ein Widerspruch zwischen ihrer Geschlechterrolle und einer Führungsrolle bei Frauen mit traditionellen Vorstellungen,[2]
  2. ein geringes Bewusstsein für die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern,[3]
  3. weniger gleichgeschlechtliche Vorbilder.[4]

Sie sollten ebenfalls Berücksichtigung bei der Konzeption von Maßnahmen der Frauenförderung finden.

 
Wichtig

Fokus auf Gleichstellungsmaßnahmen gefordert

In der Befragung sprachen sich die Frauen am südlichen Oberrhein im Übrigen vermehrt für Gleichstellungsmaßnahmen, jedoch gegen gesetzlich festgesetzte Quoten aus.[5]

S. auch Kapitel 1.4. "Ansichten zur gesetzlich festgelegten Frauenquote".

Anhand dieser gewonnenen Erkenntnisse ist es möglich, sich als Außenstehende, aber insbesondere auch als arbeitgebende Kommunen ein genaueres Bild von der Führungspraxis zu machen, um bestehenden Problematiken durch passende Maßnahmen begegnen zu können. So könnte es gelingen, den Frauen den Weg in die Führungsetagen zu ebnen. Welche Gestaltungsmöglichkeiten für verschiedene Akteure in Betracht kommen, soll nachfolgend aufgezeigt werden.

[1] Ebd.
[2] Vgl. Elprana/et al. 2015, S. 149.
[3] Ebd.
[4] Ebd.
[5] Bauert 2021.

1.1 Aktuelle Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen in Führungspositionen

Angesichts der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen in der öffentlichen Verwaltung in Baden-Württemberg wurden die teilnehmenden Behörden gefragt, welche Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung bzw. Förderung von Frauen in Führungspositionen in den Organisationen tatsächlich durchgeführt werden.

Hierzu wurde den teilnehmenden Behörden ein Katalog bestehend aus 14 Maßnahmen vorgelegt. Es wurde erfasst, ob die teilnehmenden Behörden die jeweiligen Maßnahmen durchführen oder nicht durchführen. Als abschließende Antwortmöglichkeit konnten die Behörden durchgeführte Maßnahmen ergänzen, welche nicht im Maßnahmenkatalog enthalten sind.

Die erhobenen Werte wurden in 4 Kategorien nach Art der Behörde gebündelt. Die Darstellung der Mittelwerte je Maßnahme erfolgt in 4 Abbildungen nach Art der Behörde in Prozent. Abbildung 1 stellt dar, welche Maßnahmen zu Förderung von Frauen in Führungspositionen tatsächlich von den teilnehmenden Ministerien durchgeführt werden:

Quelle: Quelle: eigene Darstellung

Abb. 1: Tatsächlich durchgeführte Maßnahmen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen in Ministerien in Prozent; n = 4

Die Ergebnisse zeigen, dass in den Ministerien der Fokus auf klassischen organisationszentrierten Förderansätzen liegt (Maßnahmen (2), (3), (4), (11), (13)). Hingegen wurden individuumszentrierte Fördermaßnahmen bislang nicht oder nur in geringem Umfang angeboten. Kein teilnehmendes Ministerium führte frauenspezifische Mentoring-Programme (8) durch, Gesprächskreise für Frauen in besonderen Verantwortungspositionen (7) sowie Coaching-Programme (9) gab es lediglich von 25 % der teilnehmenden Ministerien. Die kollegiale Supervision (6) existierte in 50 % der Ministerien.

Abbildung 2 stellt die Maßnahmen der Regierungspräsidien zur Förderung von Frauen in Führungspositionen dar:

Quelle: Quelle: eigene Darstellung

Abb. 2: Tatsächlich durchgeführte Maßnahmen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen in Regierungspräsidien in Prozent; n = 2

Die Ergebnisse der teilnehmenden Regierungspräsidien weisen Ähnlichkeiten zu den Ergebnissen der Ministerien auf. Die Regierungspräsidien legen ebenfalls den Schwerpunkt auf organisationszentrierte Förderansätze für Frauen in Führungspositionen. Klassische Förderansätze zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit Hilfe von flexiblen Arbeitszeiten und mobilem Arbeiten (4), ...

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