Rz. 3

Durch die Übernahmerichtlinie von 2006 sind börsennotierte KapG verpflichtet, übernahmespezifische Angaben im Lagebericht aufzunehmen. Die Transformation von Art. 10 der Übernahmerichtlinie erfolgte in Deutschland durch das ÜbernRLUG,[1] mit dem ein neuer Abs. 4 in § 289 HGB a. F. eingefügt wurde, wonach im Lagebericht zahlreiche Angaben zur Kapitalstruktur und zu möglichen Übernahmehindernissen aufzunehmen sind. Zweck der Veränderung war es, dass potenzielle Bieter sich vor Abgabe eines Angebots ein umfassendes Bild über die Zielgesellschaft und ihre Struktur sowie über etwaige Übernahmehindernisse machen können.[2]

 

Rz. 4

Zu den Berichterstattungspflichten i. R. d. § 289a HGB n. F. (§ 289 Abs. 4 HGB a. F.) gehören dem Gesetzeswortlaut nach:

 

Rz. 5

  • Zusammensetzung des Kapitals (Nr. 1): Gemeint ist das gezeichnete Kapital entsprechend § 272 Abs. 1 HGB. Sofern dieses in verschiedene Aktiengattungen gem. § 11 AktG unterteilt ist, sind diese einschl. des Anteils am Gesellschaftskapital und der entsprechenden Rechte und Pflichten anzugeben.[3] Anzugeben sind die Anzahl der ausgegebenen Aktien (bei mehreren Aktiengattungen die Zahl der pro Gattung ausgegebenen Aktien), der Nennbetrag der Aktien (sofern vorhanden) sowie Zahl der Aktien jeden Nennbetrags und die Art der ausgegebenen Aktien (Nennbetrags- oder Stückaktie sowie Inhaber-, Namens- oder vinkulierte Namensaktie) (DRS 20.K191). Ebenfalls sind Wertpapiere anzugeben, die nicht auf einem geregelten Markt eines EU-Mitgliedstaats gehandelt werden. Diese Angaben treten neben jene der §§ 152 Abs. 1 Satz 2 und 160 Abs. 1 Nr. 3 AktG, sodass daraus bisher eine Doppelangabe resultierte.[4] Nach dem BilMoG entfallen jedoch die betreffenden Angaben im Lagebericht, soweit diese bereits im Anhang zu machen sind.

     
    Praxis-Beispiel

    Der Lagebericht 2016 der Deutschen Lufthansa AG enthält folgende Angaben:

    „Zusammensetzung des gezeichneten Kapitals, Aktiengattungen, Rechte und Pflichten

    Das Grundkapital der Deutschen Lufthansa AG beträgt 1.200.174.218,24 EUR, aufgeteilt in 468.818.054 auf den Namen lautende Stückaktien. Auf jede Stückaktie entfällt ein Anteil von 2,56 EUR am Grundkapital. Die Übertragung der Aktien ist an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden (Vinkulierung). Die Gesellschaft darf die Zustimmung nur verweigern, wenn durch die Eintragung des neuen Aktionärs in das Aktienregister die Aufrechterhaltung der luftverkehrsrechtlichen Befugnisse gefährdet sein könnte. Jede Namensaktie gewährt eine Stimme. Die Aktionäre nehmen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften und der Satzung ihre Rechte in der Hauptversammlung wahr und üben dort ihr Stimmrecht aus.”[5]

 

Rz. 6

  • Beschränkungen betreffend Stimmrechte oder Übertragung (Nr. 2): Die Berichtspflicht nach Abs. 1 Nr. 2 bezieht sich primär auf Angaben zu evtl. bestehenden Mehrheitsstimmrechten gem. § 5 Abs. 1 EGAktG und Höchstgrenzen für die Stimmrechtsausübung, wie sie nach deutschem Recht bei börsennotierten Ges grds. unzulässig sind (§ 134 Abs. 1 Satz 2 AktG), jedoch als Ausnahme durch § 2 Abs. 1 HGB des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand (VW-Gesetz) bislang fortbesteht. Die Darstellung der durch stimmrechtslose Aktien gegebenen Beschränkungen kann unterbleiben, da hierüber bereits nach § 289a Abs. 1 Nr. 1 HGB zu berichten ist. Hingegen ist über Beschränkungen aus Vereinbarungen der Gesellschafter untereinander (Stimmbindungsverträge) Bericht zu erstatten.[6] Über alle Beschränkungen mit Blick auf die Übertragbarkeit von Aktien ist zu berichten, insb. über die aus der Ausgabe vinkulierter Namensaktien (§ 68 Abs. 2 AktG) und aus wechselseitigen Beteiligungen (§ 328 AktG) resultierenden Beschränkungen. Ebenfalls ist über Haltevereinbarungen (Lock-up-Verpflichtungen) mit der Ges. und unter Aktionären sowie über ähnliche Beschränkungen zu berichten.

     
    Praxis-Beispiel

    Im Lagebericht 2016 der Deutschen Lufthansa AG wird insb. auf branchenspezifische Regelungen im Zusammenhang mit europarechtlichen Vorgaben zur Luftverkehrsbetriebsgenehmigung und mit Luftverkehrsrechten eingegangen:

    „Stimmrechts- oder Übertragungsbeschränkungen

    Damit die Luftverkehrsbetriebsgenehmigung nach Europarecht und die Luftverkehrsrechte zum Anflug diverser internationaler Ziele gewahrt bleiben, darf der Anteil nichteuropäischer beziehungsweise ausländischer Aktionäre jedenfalls 50 Prozent des Grundkapitals der Gesellschaft nicht übersteigen. Erreicht der Anteil ausländischer Aktionäre 40 Prozent, so wird die Deutsche Lufthansa AG gem. § 4 Abs. 1 Luftverkehrsnachweissicherungsgesetz (LuftNaSiG) in Verbindung mit § 71 Abs. 1 Nr. 1 AktG in die Lage versetzt, eigene Aktien zu erwerben, um eine drohende Überfremdung abzuwehren. Wird ein Ausländeranteil von 45 Prozent im Aktienregister erreicht, ist die Gesellschaft ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Grundkapital gegen Bareinlage durch die Ausgabe neuer Aktien um bis zu 10 Prozent zu erhöhen und hierbei das ...

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