Rz. 47

ESRS E4 umfasst Angabepflichten hinsichtlich biologischer Vielfalt und Ökosysteme. In Übereinstimmung mit den anderen Umweltstandards sind Informationen zur Identifikation und zum Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen sowie zu den Zielen und den korrespondierenden Parametern zu geben. ESRS E4 berücksichtigt drei Ebenen:

  1. die direkten Faktoren des Verlusts der biologischen Vielfalt,
  2. Auswirkungen auf den Zustand der Arten und der Ökosysteme sowie
  3. die Auswirkungen auf und Abhängigkeiten von Ökosystemdienstleistungen.

Insbes. durch die Betrachtung der fünf direkten Faktoren des Verlusts der biologischen Vielfalt (diese sind Klimawandel, Verschmutzung, Veränderungen der Land-, der Wasser- und der Meeresnutzung, Nutzung und Ausbeutung natürlicher Ressourcen sowie invasive nicht heimische Arten) entstehen Überschneidungen mit den anderen vier Umweltstandards der ESRS. Zusammenfassend spiegelt der ESRS E4 die Komplexität und den Umfang der Thematik wider, da bspw. bis auf eine Metrik keine spezifischen Parameter vorgegeben werden, sondern der ESRS E4 prinzipienbasiert ausgelegt ist, was die Anwendung gegenüber anderen Standards komplexer erscheinen lässt.

 

Rz. 48

Die tatsächlich zu berichtenden Datenpunkte unterliegen der Wesentlichkeitsanalyse. Die biologische Vielfalt wird oft mit primären Sektoren wie der Land- und Forstwirtschaft in Verbindung gebracht. Allerdings zeigt die TNFD-Liste der Sektoren, denen Priorität eingeräumt wird, dass eine größere Zahl von Wirtschaftssektoren voraussichtlich zu dem Ergebnis kommt, die biologische Vielfalt und die Ökosysteme in ihre Berichterstattung einzubeziehen.[1]

 

Rz. 49

Bereits vor der Umsetzung der CSRD haben Unternehmen, die nach der NFRD berichtspflichtig waren, Informationen zur biologischen Vielfalt in ihren nichtfinanziellen Erklärungen veröffentlicht. Der in diesem Zusammenhang häufig verwendete Standard GRI 304 (2016)[2] beinhaltete jedoch nicht die Aspekte der direkten Faktoren des Biodiversitätsverlusts sowie die Berücksichtigung der Auswirkungen auf und Abhängigkeiten von Ökosystemleistungen, die nun nach ESRS E4 eingeführt werden. Der einzige derzeit verpflichtende und spezifische Parameter, die Anzahl und Fläche der Standorte, die sich in oder in der Nähe von Gebieten mit schützenswerter Biodiversität befinden und negative Auswirkungen auf diese Gebiete haben, ist jedoch sehr ähnlich zu den bisher nach GRI 304 (2016) geforderten Angaben.

Angaben, die zugleich Nachhaltigkeitsindikatoren i. S. d. Offenlegungsverordnung darstellen und damit als Informationsgrundlage für die nachhaltigkeitsbezogene Berichterstattung von Finanzmarktteilnehmern dienen, sind von besonderer Relevanz. Dabei handelt es sich zum einen um Angaben in der Ermittlung und Bewertung wesentlicher negativer Auswirkungen (wie z. B. die Auflistung wesentlicher Standorte mit negativen Auswirkungen auf biodiversitätssensible Gebiete, negative Auswirkungen auf Landdegradation, Wüstenbildung, Bodenversiegelung und auf gefährdete Arten) sowie um Angaben zu Richtlinien und Praktiken zum Schutz und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme (wie nachhaltige Landwirtschaft, Ozeane und Meere, Einschränkung der Entwaldung).

 

Rz. 50

ESRS E4 lässt derzeit noch einige Auslegungsfragen offen. Der Stand zum 31.7.2023 bezieht sich jedoch auf einige hilfreiche Leitlinien und andere EU-Vorschriften, die eine Orientierung zur Erfüllung der zukünftigen Anforderungen bieten. Zusätzlich verwendet ESRS E4 Konzepte aus dem TNFD-Rahmenwerk, welches detaillierte Umsetzungshilfen zur Verfügung stellt. Da sich dieses Rahmenwerk noch in der Entwicklung befindet, wird es auch in Zukunft notwendig sein, ESRS E4 in Abstimmung mit diesem Rahmenwerk zu entwickeln. Für die weitere Entwicklung wäre es zudem erstrebenswert, der biologischen Vielfalt und den Ökosystemen einen ähnlichen Stellenwert wie dem Klimawandel (ESRS E1) beizumessen, indem eine verpflichtende Offenlegung des Transitionsplans wie in ESRS E1 hinzugefügt wird, da ESRS E4 derzeit nur die verpflichtende Offenlegung der Resilienzanalyse enthält.

[1] TNFD, https://framework.tnfd.global/introduction-to-the-framework/tnfd-methodologies/approach-to-additional-sector-and-biome-guidance/, Abruf 19.4.2024. Diese Auflistung umfasst die folgenden Sektoren: Nahrungsmittel und Getränke (Herstellung und Einzelhandel), nachwachsende Rohstoffe und alternative Energien (Forstwirtschaft und Zellstoff- und Papierprodukte, Biokraftstoffe), Infrastruktur (Ingenieur- und Bauwesen), Versorgungsunternehmen (Wasserversorger und -verteiler, Stromversorger und -produktion), Rohstoffgewinnung und Mineralienverarbeitung (Baustoffe, Metall und Bergbau, Öl- und Gasexploration und -produktion), Gesundheitswesen (Biotechnologie und Pharmazeutika), Ressourcenumwandlung (Chemikalien), Konsumgüter (Bekleidung und Textilien), Transport (Marine).
[2] GRI 304: Biodiversität 2016, https://globalreporting.org/pdf.ashx?id=15111&page=1, Abruf 19.4.2024.

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