Rz. 1

Mit der Umsetzung der CSRD erweitert sich auch das Begriffsverständnis der Nachhaltigkeitsterminologie. Angelehnt an das Akronym ESG (Environmental – Social- Governance) werden neben Umwelt- und Sozialaspekten auch Modalitäten der Corporate Governance als Teil der Nachhaltigkeit angesehen, die entsprechend im Nachhaltigkeitsbericht abgebildet werden müssen. Neben zwei Querschnittsstandards, fünf Standards zur Umweltberichterstattung und vier Standards zur Sozialberichterstattung beinhalten die europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards auch einen Standard zur Governance-Berichterstattung, der verschiedene Offenlegungsvorgaben zum Geschäftsgebaren (Business Conduct) regelt. Ferner beinhaltet der vor der Klammer der einzelnen Berichtsanforderungen angesiedelte ESRS 2 einige Offenlegungspflichten zu unterschiedlichen Elementen der Corporate Governance, die zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele bzw. für die Identifizierung, Bewertung und Steuerung der nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen benötigt werden (§ 4 Rz 67 ff.).

 

Rz. 2

Ziel des ESRS G1 – Unternehmenspolitik ist es, Angabepflichten festzulegen, die es den externen Adressaten der Nachhaltigkeitsberichterstattung ermöglichen, die Strategie und den Ansatz des Unternehmens, seine Prozesse und Verfahren sowie seine Leistung in Bezug auf die Unternehmenspolitik zu verstehen (Rz 13). ESRS G1 konzentriert sich auf die folgenden Punkte, die in diesem Standard zusammenfassend als "Unternehmenspolitik" (Business Conduct) bezeichnet werden:

  1. Geschäftsethik und Unternehmenskultur, einschl. Korruptions- und Bestechungsbekämpfung, Schutz von Hinweisgebern und des Tierwohls;
  2. Management der Beziehungen zu den Lieferanten, einschl. Zahlungspraktiken, insbes. im Hinblick auf Zahlungsverzug bei kleinen und mittleren Unternehmen;
  3. Tätigkeiten und Verpflichtungen des Unternehmens im Zusammenhang mit der Ausübung seines politischen Einflusses, einschl. seiner Lobbytätigkeit.

Die Offenlegungsanforderungen des ESRS G1 konkretisieren somit die Berichtspflichten über die Unternehmenspolitik des Unternehmens, die jenes nach der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen ("CSRD") zu erfüllen hat (ESRS G1.BC1).

 

Rz. 3

Die Berichterstattung hinsichtlich der Sicherstellung des integren Geschäftsverhaltens der Unternehmen im Speziellen respektive der Corporate Governance i. A. hat in den letzten Jahren aufgrund der wiederkehrenden Fälle von Missmanagement oder Betrug stark an Bedeutung gewonnen. Aus deutscher Perspektive haben insbes. die Vorgänge um die Machenschaften des ehemaligen DAX-Mitglieds Wirecard AG[1] für viel mediale Aufmerksamkeit gesorgt, wobei die Reputation des Finanzplatzes Deutschland durch frühere Skandale, wie dem Abgasskandal bei Volkswagen, bereits beschädigt war. Seit jeher wird die Weiterentwicklung der Corporate Governance und deren Berichterstattung intensiv diskutiert.

 

Rz. 4

In den im April 2022 von der EFRAG vorgelegten ersten Entwürfen des Set 1 der ESRS nahmen die Offenlegungsanforderungen hinsichtlich der Corporate Governance noch eine größere Rolle ein und umfassten einen weiteren Berichtsstandard E-ESRS G1 a. F. (Governance, Risikomanagement und interne Kontrolle) mit einer Vielzahl an Offenlegungspflichten zur allgemeinen Ausgestaltung der Corporate Governance der berichtspflichtigen Unternehmen. Auch der frühere E-ESRS G2 a. F. zum Geschäftsgebaren, der nun der alleinige Governance-Standard ist, fiel in der ursprünglichen Fassung umfangreicher aus. Die Streichung von Offenlegungsanforderungen zur Corporate Governance hatte den Hintergrund, dass insbes. die Vorgaben des E-ESRS G1 a. F. eine hohe inhaltliche Nähe zu bereits bestehenden Regelungen zur Corporate-Governance-Berichterstattung aufwiesen, die sich insbes. für börsennotierte Unternehmen in einer Vielzahl unnötiger Berichtsdoubletten niedergeschlagen hätte. Das hätte zur Folge gehabt, dass sich für diese Unternehmen der Berichtsaufwand deutlich erhöht hätte, dem wiederum kein erkennbarer Informationsnutzen für Berichtsadressaten gegenübergestanden hätte.[2] Der E-ESRS G1 a. F. wurde daher gestrichen. Berichtspflichten, die die Offenlegung von Informationen zur Corporate Governance statuieren, die für das Verständnis der Nachhaltigkeitsberichterstattung notwendig sind, wurden bei einer Überarbeitung in den ESRS 2 verschoben. Ferner wurden Offenlegungsanforderungen, die keinen unmittelbaren Bezug zu bestimmten Nachhaltigkeitsthemen haben, auch gänzlich gestrichen (z. B. Offenlegung der Anzahl der Aufsichtsratssitzungen und der Anwesenheitsquoten der Aufsichtsratsmitglieder), so dass die Informationen zur Corporate Governance im Nachhaltigkeitsbericht die Corporate-Governance-Berichterstattung ergänzen und diese nicht gänzlich wiederholen.

 

Rz. 5

ESRS G1 beinhaltet sowohl Offenlegungsanforderungen zu allgemeinen Angaben und zum Management von Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit dem Geschäftsgebaren als auch zu den Zielen und K...

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