Rz. 40

I. R. d. angemessenen und wirksamen Risikomanagements sind die Unternehmen gem. § 5 LkSG verpflichtet, einmal jährlich sowie anlassbezogen eine Risikoanalyse durchzuführen, welche sich auf die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken im eigenen Bereich sowie bei den unmittelbaren Zulieferern beziehen muss.

Sofern in Bezug auf einen mittelbaren Zulieferer substantiierte Kenntnis über tatsächliche Anhaltspunkte für ein Risiko vorliegt, ist die Risikoanalyse auch auf den mittelbaren Zulieferer zu erstrecken (§ 9 Abs. 3 LkSG). Tatsächliche Anhaltspunkte können z. B. Berichte über die schlechte Menschenrechtslage in der Produktionsregion, die Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer Branche mit besonderen menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken sowie frühere Vorfälle beim mittelbaren Zulieferer sein. Kenntnisse haben dann den Grad an Substantiiertheit erreicht, wenn dem Unternehmen überprüfbare und ernst zu nehmende Informationen über mögliche Verstöße beim mittelbaren Zulieferer vorliegen. In bestimmten Konstellationen reicht es aus, wenn Informationen über Risiken in einer spezifischen Region vorliegen.[1] I. S. e. praktischen Handhabung des Gesetzes kann aber von keinem Unternehmen verlangt werden, alle global vorhandenen Informationsquellen dauerhaft zu sichten und zu screenen. Die Gerichte sind aufgerufen, sachgerechte Begrenzungen zu etablieren.

Es steht zu befürchten, dass einzelne NGOs darauf hinarbeiten werden, ihre Recherche- und Informationstätigkeit auszuweiten und Unternehmen bzgl. diverser mittelbarer Zulieferer entsprechend "bösgläubig" zu machen.

 

Rz. 41

Die Risikoanalyse ist die Basis für etwaige Präventions- und Abhilfemaßnahmen gem. §§ 6, 7 LkSG. So ist das Unternehmen gem. § 5 Abs. 3 LkSG verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Ergebnisse der Risikoanalyse intern an die maßgeblichen Entscheidungsträger, z. B. an den Vorstand oder die Einkaufsabteilung, kommuniziert werden.

Die Gesetzesbegründung schlägt im Hinblick auf die praktische Umsetzung der Risikoanalyse den folgenden zweistufigen Prozess vor:

  • 1. Verfahrensschritt: Überblick gewinnen über die eigenen Beschaffungsprozesse, die Struktur und Akteure beim unmittelbaren Zulieferer sowie die wichtigen Personengruppen, die von der Geschäftstätigkeit des Unternehmens betroffen sein können. Dies kann durch ein sog. Risikomapping erfolgen, welches nach Geschäftsfeldern, Standorten, Produkten oder Herkunftsländern (Risikoländer?) strukturiert Daten erhebt. Kontextabhängige Faktoren wie die politischen Rahmenbedingungen oder vulnerable Personengruppen sollen Berücksichtigung finden.[2]
  • 2. Verfahrensschritt: Die so identifizierten Risiken sind zu bewerten und regelmäßig zu priorisieren, falls ansonsten angesichts der schieren Anzahl an Zulieferern keine zeitnahe Abarbeitung möglich ist. Die maßgeblichen Kriterien für die Priorisierung sind die in § 3 Abs. 2 LkSG genannten Kategorien der Angemessenheit, wie die Einflussmöglichkeit des Unternehmers auf den Zulieferer, die Schwere und Wahrscheinlichkeit der Verletzung, Grad, Reichweite und Unumkehrbarkeit der Verletzung sowie die Art des Verursachungsbeitrags (unmittelbare alleinige Verursachung, unmittelbare Mitverursachung, mittelbare Verursachung).[3]
 

Rz. 42

Nach Durchführung dieser 2 Verfahrensschritte sollten die priorisierten Risiken identifiziert sein und das Unternehmen muss sodann prüfen, ob es für die Ergreifung von erforderlichen Maßnahmen weitere Informationen benötigt. Die Methoden der Informationsbeschaffung sind in das Ermessen des Unternehmens gestellt. Die Gesetzesbegründung erwähnt exemplarisch Inspektionen und Audits vor Ort, Gespräche mit Arbeitnehmern oder deren Gewerkschaften und auch den Dialog mit Anwohnern der Produktionsstätten.[4]

Kommt das Unternehmen zum Ergebnis einer geringen Priorität, so muss es zulässig sein, dass bzgl. eines derartigen "low profile"-Risikos keine neue Maßnahme nach dem LkSG implementiert wird.[5]

[1] BT-Drs. 19/28649 v. 19.4.2021, S. 50.
[2] BT-Drs. 19/28649 v. 19.4.2021, S. 44 f.
[3] BT-Drs. 19/28649 v. 19.4.2021, S. 44 f.
[4] BT-Drs. 19/28649 v. 19.4.2021, S. 45.
[5] Vgl. Herrmann/Rünz, DB 2021, S. 3081.

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