1 Allgemeines

 

Rz. 1

Vorgängerbestimmung des § 283 AO war § 347 RAO.[1] Die entsprechenden Normen für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht sind § 806 ZPO[2] bzw. § 56 S. 3 ZVG für die Verwertung von Grundstücken. § 283 AO beinhaltet eine Regelung zum Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen, die letztlich die Rechtsstellung des Erwerbers im Vollstreckungsverfahren verschlechtert. § 283 AO gilt für alle Arten der Pfändung von beweglichem Vermögen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Die Durchführung der Verwertung ist hingegen je nach Pfandgegenstand unterschiedlich.[3]

[1] Zur Historie Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 283 AO Rz. 1.
[2] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2029, § 806 ZPO Rz. 1
[3] S. für bewegliche Sachen §§ 296, 302-305 AO; für Forderungen und andere Vermögensrechte vgl. §§ 314ff. AO.; s. auch Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 283 Rz. 2.

2 Veräußerung aufgrund der Pfändung

 

Rz. 2

§ 283 gilt nur für die Veräußerung gepfändeter Gegenstände.[1] Voraussetzung ist, dass im Einzelfall eine Pfandverstrickung[2] auch eingetreten ist. Für die Veräußerung bestellter Sicherheiten nach § 327 AO findet die Vorschrift keine Anwendung, wobei allerdings beim Verkauf verpfändeter Gegenstände über § 445 BGB ebenfalls ein Ausschluss der Gewährleistung erfolgt.

 

Rz. 3

§ 283 AO gilt für sämtliche Gegenstände des beweglichen Vermögens, also Sachen und Rechte.[3] Für Gegenstände des unbeweglichen Vermögens gilt hingegen nach § 322 AO die Regelung des § 56 S. 3 ZVG. § 283 AO findet Anwendung für jede Form der Pfandverwertung (s. Rz. 1), sowohl für die öffentliche Versteigerung[4], als auch für den freihändigen Verkauf.[5] Es braucht hierbei nicht erkennbar zu sein, dass eine Pfandveräußerung erfolgt.[6] Gemäß § 5 Abs. 1 VwVG gilt § 283 AO auch für die Verwaltungsvollstreckung nach dem VwVG.[7]

[1] Koenig/Fritsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 283 Rz. 3.
[2] S. § 282 AO.
[3] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 283 AO Rz. 1.
[5] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 283 AO Rz. 5; Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 283 Rz. 2; Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 806 ZPO Rz. 1.
[6] So auch Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 283 AO Rz. 2; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 283 AO Rz. 5.
[7] Koenig/Fritsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 283 Rz. 1; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 283 AO Rz. 3.

3 Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen

 

Rz. 4

Ausgeschlossen werden für den Erwerber nur Mängelgewährleistungsansprüche i. S. d. §§ 434ff. BGB.[1] Ausschluss der Gewährleistung würde auch dann eintreten, wenn der veräußerte Gegenstand vom Pfandveräußerer nicht auf Mängel untersucht worden ist.[2] Nach Abschn. 52 Abs. 2 VollzA[3] hat der Vollziehungsbeamte jedoch zur Vorbereitung der Verwertung die Pfandgegenstände auf Vollständigkeit und Unversehrtheit zu prüfen und dafür zu sorgen, dass der Vollstreckungsschuldner über etwaige Mängel informiert wird.[4] § 283 AO gilt auch für die Sachhaftung nach § 76 AO.

 

Rz. 5

Wird dem Erwerber ein anderer als der von ihm erworbene Gegenstand übereignet, ist § 283 AO ebenfalls anwendbar, da in § 434 Abs. 3 BGB nunmehr die Lieferung einer anderen Sache einem Sachmangel gleichgestellt wird.[5] Bei einer anderweitigen Unmöglichkeit gilt hingegen § 283 AO nicht. Der Erwerber hat in diesen anderen Fällen einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung[6] oder ein Rücktrittsrecht.[7]

[1] Sachmängel einschließlich zugesicherter Eigenschaften; s. hierzu Dörner, BB 1982, 2065; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 283 AO Rz. 8.
[2] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 806 ZPO Rz. 1.
[3] BStBl I 1992, 279.
[4] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 283 AO Rz. 7.
[5] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 283 AO Rz. 8; Palandt/Weidenhoff, BGB, 79. Aufl. 2020, § 434 BGB Rz. 52ff.

4 Rechtsbehelfe

 

Rz. 6

Bei Verletzung der Pflicht zur Prüfung der Sache vor der Versteigerung bleibt die Haftung für schuldhaftes Verhalten unberührt, da nach § 283 AO nur die Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen werden.[1] Erwerber und Vollstreckungsschuldner können deshalb bei einer Amtspflichtverletzung Schadensersatz nach den allgemeinen Regelungen des § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG verlangen.[2] Klagen aufgrund einer Amtspflichtverletzung sind vor den Zivilgerichten zu erheben. Gleiches gilt im zivilprozessualen Vollstreckungsrecht.[3]

[1] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 806 ZPO Rz. 1.
[2] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 283 AO Rz. 7; Koenig/Fritsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 283 Rz. 4.
[3] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 806 ZPO Rz. 1.

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