Rz. 178

Nach §§ 217ff. InsO können die Folgen einer Insolvenz in einem Insolvenzplan abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen geregelt werden (hierzu allgemein Abschn. 61 VollStrA).[1] Das Insolvenzplanverfahren ist an die Stelle des Vergleichs nach der VerglO und dem Zwangsvergleichsverfahren nach den §§ 173ff. KO getreten. Das Insolvenzplanverfahren soll den Beteiligten die Möglichkeit eröffnen, Insolvenzen flexibel und unter wirtschaftlich sinnvollen Gesichtspunkten abzuwickeln.[2] Dabei ist den Beteiligten ein weiter Spielraum eröffnet, der durch das ESUG noch ausgeweitet wurde.[3] Der Insolvenzplan kann dabei entweder auf die Sanierung des Unternehmens ausgerichtet sein oder auf die Liquidation, die dann abweichend von den gesetzlichen Regelungen durchgeführt wird.

 

Rz. 179

An einem Insolvenzplanverfahren nehmen alle Gläubiger des Schuldners teil, sodass auch die Finanzverwaltung mit ihren Steuerforderungen einbezogen wird.[4] Der Insolvenzplan wird dabei entweder vom Insolvenzverwalter oder vom Schuldner dem Insolvenzgericht vorgelegt.[5] Der Insolvenzplan gliedert sich in 2 Teile. Im darstellenden Teil werden die Maßnahmen nach der Eröffnung des Verfahrens beschrieben.[6] Im gestaltenden Teil wird dargelegt, wie sich die Rechtsstellung der Betroffenen durch den Insolvenzplan ändert.[7] Diese Änderung kann etwa darin bestehen, dass Forderungen nur z. T. befriedigt oder diese gestundet werden. Zu beachten ist hierbei, dass nachrangige Forderungen i. S. d. § 39 InsO, also etwa Zinsen und Geldstrafen, nicht aber Säumnis- oder Verspätungszuschläge[8], grundsätzlich als erlassen gelten, wenn der Insolvenzplan hierzu nichts Besonderes bestimmt.[9] Absonderungsrechte bleiben grundsätzlich unberührt. Doch können auch diese verändert werden.

 

Rz. 180

Für ein Wirksamwerden des Insolvenzplans müssen die Gläubiger zustimmen. Das Insolvenzgericht kann nach § 231 InsO den Insolvenzplan in gewissen Fällen von Amts wegen zurückweisen.[10] Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn formale, nicht zu behebende Fehler bei der Planerstellung vorgekommen sind oder der Plan offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Gläubiger, die zustimmen müssen, werden in 3 Gruppen eingeteilt, nämlich die absonderungsberechtigten Gläubiger, in deren Rechte durch den Plan eingegriffen wird, die Insolvenzgläubiger und die Gläubiger nachrangiger Forderungen i. S. v. § 39 InsO.

 

Rz. 181

In jeder der 3 Gruppen muss die Mehrheit sowohl nach Köpfen als auch nach der Summe der Forderungen zustimmen.[11] Unter gewissen Voraussetzungen ist eine fehlende Zustimmung nicht schädlich.[12] Die Zustimmung des FA soll nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten unter Berücksichtigung der sich aus den §§ 163, 222, 227 AO ergebenden Zielsetzungen erfolgen.[13] Die Zustimmung seitens der Finanzverwaltung ist kein Verwaltungsakt.[14] Liegt die erforderliche Zustimmung vor, bestätigt das Insolvenzgericht den Plan. Er wird damit wirksam und wirkt wie ein vollstreckbares Urteil. Dabei können Steuerforderungen im Verwaltungsweg nach den Regelungen der §§ 249ff. AO geltend gemacht werden.

 

Rz. 182

Als insolvenzrechtliche Folge finden auf den Erlass und die Stundung nach dem Insolvenzplan die Regelungen der AO keine Anwendung. Die Voraussetzungen der entsprechenden Bestimmungen gelten also nicht. Die Zustimmung oder die Ablehnung des Insolvenzplans ist kein Verwaltungsakt, sondern schlichtes Verwaltungshandeln.[15] Gemäß § 255 InsO leben die Forderungen in voller Höhe wieder auf, oder eine Stundung entfällt, wenn der Schuldner mit seinen Verpflichtungen aus dem Insolvenzplan erheblich in Rückstand gerät, sofern diese Wiederauflebensklausel nicht abbedungen wurde.[16] Gleiches gilt, wenn vor der vollständigen Erfüllung des Insolvenzplans über das Vermögen des Schuldners ein neues Insolvenzverfahren eröffnet wird. Die Finanzverwaltung soll darauf bestehen, dass diese Wiederauflebensklausel nicht ausgeschlossen wird. Zu beachten ist, dass der Insolvenzplan nur zwischen den Beteiligten des Verfahrens Wirkung entfaltet. Dies bedeutet insbesondere, dass eine Haftungsinanspruchnahme gegen Mitschuldner weiterhin in Betracht kommt.[17]

 

Rz. 182a

Neu durch das ESUG geregelt wurde die Erleichterung einer Sanierung durch einen Tausch von Verbindlichkeiten in Eigenkapital.[18] Hierbei bringt ein Gesellschaftsgläubiger seine Forderung gegen den Schuldner quasi im Wege der Sacheinlage in die Gesellschaft ein. Das war insofern problematisch, als die Bewertung der Sacheinlage regelmäßig schwierig war, da der Schuldner der Forderung sich in der Insolvenz befand. Es bestand deshalb stets die Gefahr, dass die Erbringung der Sacheinlage in einem nachfolgenden Insolvenzverfahren nicht als werthaltig angesehen wurde. Dem steht nunmehr die Regelung des § 254 Abs. 4 InsO entgegen. Nach dieser Bestimmung können nämlich nach einer Umwandlung von Forderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte nach einer gerichtlichen Bestätigung wegen einer Überbewertung der Forderungen im Insolvenzplan k...

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