Rz. 215

Zuständig für die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme ist die die Steuer verwaltende Finanzbehörde. Ist die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern den Gemeinden übertragen, sind sie auch für eine abweichende Steuerfestsetzung zuständig.[1] Nicht entscheidend ist danach die Zuständigkeit für die Festsetzung der Messbeträge.[2] Gegen die Entscheidung der Gemeinde ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Die Gemeindebehörden haben über die Billigkeitsmaßnahme im eigenen Ermessen zu entscheiden. Eine Bindung an Entscheidungen der FÄ besteht nur im Rahmen des § 184 AO. Es zwingt die Gemeindebehörden daher nicht zu einer Billigkeitsmaßnahme, dass die FÄ bei gleichem Sachverhalt bei anderen Steuerarten eine Billigkeitsmaßnahme ergriffen haben.[3]

 

Rz. 216

Für die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme ist die örtliche Finanzbehörde (FA, HZA) zuständig. Behördenintern gelten jedoch folgende Zustimmungserfordernisse[4]:

  • Bei niedrigerer Festsetzung[5] und Erlass[6] von Steuern haben die örtlichen Finanzbehörden für Beträge, die über 20.000 EUR hinausgehen, die Zustimmung der OFD, für Beträge über 100.000 EUR die Zustimmung des Landesfinanzministeriums einzuholen. Bei Steuern, die die Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalten, ist bei Beträgen, die 200.000 EUR übersteigen, die Zustimmung des BMF erforderlich.
  • Bei der abweichenden Berücksichtigung von Besteuerungsgrundlagen[7] ist die Zustimmung der OFD einzuholen, wenn die Besteuerungsgrundlagen 40.000 EUR übersteigen; betragen sie mehr als 200.000 EUR, ist die Zustimmung des Landesfinanzministeriums erforderlich. Bei Steuern, die die Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwalten, ist bei Besteuerungsgrundlagen, die 400.000 EUR übersteigen, die Zustimmung des BMF erforderlich. Das Erfordernis der Zustimmung des BMF entfällt, wenn es sich um die Zustimmung zu einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan, um Billigkeitsmaßnahmen über Insolvenzforderungen im Verbraucherinsolvenzverfahren oder Regelinsolvenzverfahren handelt, wenn die Billigkeitsmaßnahme durch BMF-Schreiben allgemein angeordnet oder durch eine im BStBl veröffentlichte BFH-Entscheidung vorgegeben wurde.[8]
  • Soweit eine Zustimmung des BMF erforderlich ist, sind die OFD und das Landesfinanzministerium nicht zuständig, sodass ihre Zustimmung nicht bindend ist und dem Stpfl. keinen Anspruch auf abweichende Steuerfestsetzung gewährt.[9]
 

Rz. 217

Für die Bestimmung der Zuständigkeitsgrenzen ist jede Steuerart und jeder Veranlagungszeitraum (bei LSt und KapESt: das Kj.) für sich zu rechnen. Bei Maßnahmen nach § 163 Abs. 1 S. 2 AO, die sich auf mehrere Jahre erstrecken, sind die Auswirkungen der einzelnen Jahre in einem Gesamtbetrag zusammenzufassen. Steuerliche Nebenleistungen sind der Steuerschuld nicht hinzuzurechnen, sondern für sich zu beurteilen.

 

Rz. 218

Soll der Antrag abgelehnt werden, kann dies in allen Fällen durch die örtliche Finanzbehörde ohne Zustimmung einer höheren Behörde erfolgen.

 

Rz. 219

Für Billigkeitsmaßnahmen über die KiSt sind die Kirchen zuständig. Der Rechtsweg zu den FG ist entsprechend den Kirchensteuerordnungen eröffnet. In diesem Rechtsweg wird auch die Ermessensausübung bei der Billigkeitsmaßnahme in Kirchensteuersachen entsprechend den allgemeinen Grundsätzen durch die Gerichte überprüft.[10]

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