Rn 83

Zu den liquiden Mitteln gehören insbesondere die Bankkonten.[189] Der zugrundeliegende Kontokorrentvertrag erlischt mit Eröffnung (siehe § 116 Rn. 19) und es ist ein außerordentlicher Saldenabschluss vorzunehmen.[190] In der Krise[191] eintreffende Gutschriften können durch Anfechtung (siehe dazu § 129 Rn. 11) vor einer Verrechnung geschützt und dadurch zur Masse gezogen werden,[192] sofern die Forderung der Bank nicht ohnehin aufgrund Zession zusteht. Fehlbuchungen der Bank können nach Eröffnung nicht mehr storniert werden.[193] Teil der Insolvenzmasse sind auch Zinsen, die aus Guthaben der Masse resultieren. Ausgenommen sind "Und-" bzw. "Oder-Konten", da sich die Auseinandersetzung der Mitkontoinhaber nach § 84 außerhalb des Insolvenzverfahrens vollzieht.

 

Rn 84

Bargeld gehört zur Masse;[194] ebenso Wechsel und Schecks. Der Verwalter muss das Sparbuch vorlegen, wenn er darüber verfügen will.[195]

 

Rn 85

Besonderheiten in der Insolvenz natürlicher Personen bestehen dann, wenn der Schuldner ein sog. P-Konto i. S. d. § 850 k ZPO unterhält. Wenn dieses vor Verfahrenseröffnung noch nicht bestanden haben sollte, der Schuldner also über ein reguläres Girokonto verfügt, kann er die Umwandlung in ein insolvenzgeschütztes P-Konto innerhalb der Frist des § 850 k Abs. 7 ZPO verlangen und somit das Kontoguthaben vor dem Insolvenzbeschlag schützen. Der geführte Streit, ob das P-Konto mit Verfahrenseröffnung ebenfalls erlischt, ist wegen des vorstehenden Anspruchs des Schuldners lediglich theoretischer Natur und bedarf keiner weiteren Vertiefung. Hervorzuheben sind folgende praxisrelevanten Themenbereiche:

Das P-Konto ist in seinem Grundmodell zunächst mit einem Grundbetrag von 1 133,80 EUR ausgestaltet, der je nach Situation des Schuldners betragsmäßig aufgestockt werden kann (§ 850 k Abs. 2 ZPO). Hier hat der Schuldner gegenüber der kontoführenden Bank nachzuweisen, inwieweit auf dem Konto zusätzliche Leistungen (Kindergeld, einmalige Sozialleistungen, erhöhe Leistungen aufgrund von Krankheit, Unterhaltspflichten usw.) eingehen, die eine Erhöhung des Grundbetrags rechtfertigen. Hierfür benötigt er geeignete Bescheinigungen (z. B. des Arbeitgebers oder der Sozialleistungsbehörde), die auch vom Schuldnerberater i. S. d. § 305 Abs. 1 Nr. 1 ausgestellt werden können. Den Verwalter trifft insoweit weder eine Pflicht zur Ausstellung von Bescheinigungen noch sollte dieser die persönlichen Interessen des Schuldners gegenüber der Bank vertreten, die letztlich diametral mit den Interessen der Gläubiger auseinanderfallen.[196] Gerichtliche Entscheidungen in diesem Bereich fällt das Insolvenzgericht, § 36 Abs. 4. § 850 k Abs. 3 und Abs. 4 ZPO ermöglicht weitere Erhöhungen und Minderungen im Verlauf des Verfahrens; bei stets schwankenden monatlichen Freibeträgen kann Quellenpfändungsschutz erwirkt werden, bei dem nicht ein konkreter Betrag bestimmt wird, sondern jegliche Leistungen eines näher bestimmten Arbeitgebers von der Pfändung ausgenommen sind.[197]

Der Schuldner ist berechtigt, die am Monatsende nicht vollständig verbrauchten, jedoch vom Freibetrag gedeckten Geldmittel einmalig in den Folgemonat zu übertragen. Dabei gilt, dass die übertragenen Mittel auch zugleich als die ersten Beträge fingiert werden, die vom Schuldner abgerufen und verbraucht werden, vgl. § 850 k Abs. 1 Satz 3 ZPO. Die hiermit verbundenen Risiken werden in der Praxis dadurch vermieden, dass Schuldner regelmäßig am Monatsende sämtliche Guthaben aufbrauchen, um etwaige Verluste zu vermeiden, denn Geldbeträge oberhalb der Grenzen der §§ 811 Abs. 1 Nr. 8, 850k ZPO stehen als Neuerwerb der Insolvenzmasse zu.[198]

Seit Einführung des § 835 Abs. 4 i. V. m. § 850 k Abs. 1 Satz 2 ZPO hat der Gesetzgeber die Monatsanfangsproblematik in den Griff bekommen. Vor der Neuregelung traten immer wieder Schwierigkeiten auf, wenn der Schuldner laufende Bezüge kurz vor oder nach dem Monatsende erhalten hatte, die wirtschaftlich nicht dem Zahlungsmonat zuzuordnen waren. Praktisch gab es also in einem Monat zwei Gehaltszahlungen, die zu einem deutlich über dem Freibetrag liegenden Gesamtbetrag führten, der sodann an die Insolvenzmasse auszukehren war. Dies sollte durch die neuen Regelungen nunmehr ausgeschlossen sein.

[189] Hierzu gehören auch Beträge, die durch Fehlüberweisung vor Verfahrenseröffnung auf das Konto gelangt sind; OLG Jena ZInsO 1999, 723 (LS). Zur Frage des Bankgeheimnisses Huber, ZInsO 2001, 289 (296 f.).
[190] Obermüller, Rn. 2.55.
[191] Nach Eröffnung des Verfahrens ist eine Verrechnung von eingehenden Beträgen mit einem Debetsaldo wegen § 96 Nr. 1 unzulässig; vgl. § 96 Rn. 6.
[192] Heublein, ZIP 2000, 161 (163 ff.); zur Problematik eines Bargeschäfts BGH ZInsO 2001, 318 (319 f.). Zur Frage des Pfändungsschutzes gegenüber der Bank Peters/Tetzlaff, NZI 2001, 233 ff.
[193] OLG Hamm, ZInsO 2011, 2043 (2043); Obermüller, Rn. 2.57.
[194] Bei natürlichen Personen ist auf die Beschränkung des § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO zu achten, wonach vor allem benötigtes Wechselgeld nicht ...

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