Rz. 18

Die sich aus § 367 Abs. 2 S. 1 AO ergebende Verpflichtung der Finanzbehörde zur vollständigen Nachprüfung des angefochtenen Verwaltungsakts verpflichtet die Finanzbehörde nicht, im Einspruchsverfahren eine über den rechtlichen Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts hinausgehende Rechtsfolge auszusprechen, wenn sie im normalen Verwaltungsverfahren eine andere Regelung treffen kann. Steht der angefochtene Verwaltungsakt nach § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder ist er nach § 165 AO mit einem Vorläufigkeitsvermerkversehen, so wird die Finanzbehörde durch die Einlegung des Einspruchs nicht zu einer endgültigen Regelung gezwungen. Nach § 365 Abs. 1 AO gelten auch für die Entscheidungsbefugnis im Einspruchsverfahren die allgemeinen Verfahrensregelungen entsprechend, sodass die Finanzbehörde also auch im Einspruchsverfahren alle Regelungen treffen kann, die sie im normalen Verwaltungsverfahren treffen könnte. Die Finanzbehörde hat im Einspruchsverfahren die gleiche verfahrensrechtliche Rechtsstellung wie im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren. Die Finanzbehörde hat im Einspruchsverfahren so zu entscheiden, als regle sie die Sache erstmals durch einen Verwaltungsakt. Sie kann also auch den Vorbehalt der Nachprüfung bzw. den Vorläufigkeitsvermerk in der Einspruchsentscheidung aufrechterhalten.[1]  Die Prüfungspflicht nach § 367 Abs. 2 S. 1 AO führt also nicht zu einer abschließenden sachlichen Entscheidungspflicht und damit nicht zu einer endgültig abschließenden Prüfungspflicht.[2]

 

Rz. 19

Die Finanzbehörde muss die Aufrechterhaltung der Nebenbestimmung nicht ausdrücklich anordnen, diese Rechtsfolge tritt vielmehr stets ein, wenn keine gegenteilige Regelung in der Einspruchsentscheidung getroffen worden ist.[3]

 

Rz. 20

Die Finanzbehörde ist im Einspruchsverfahren zwar durch § 367 Abs. 2 S. 1 AO nicht verpflichtet, die Nebenbestimmungen entfallen zu lassen, sie ist hierzu jedoch ohne weitere Begründung befugt. Diese Rechtsfolge muss dann allerdings ausdrücklich angeordnet werden. Bei Fortfall des Nachprüfungsvorbehalts[4] oder eines Vorläufigkeitsvermerks[5] in der Einspruchsentscheidung ist kein erneuter Einspruch gegeben[6], sondern Rechtsschutz wird im Änderungsverfahren nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO oder im Klageverfahren gewährt.[7]  Der Fortfall der Nebenbestimmung ist keine Verböserung, sodass auch kein Hinweis nach § 367 Abs. 2 S. 2 AO erforderlich ist.[8]

 

Rz. 21

Die erstmalige Aufnahme des Nachprüfungsvorbehalts[9] oder eines Vorläufigkeitsvermerks[10] in die Einspruchsentscheidung ist ebenfalls zulässig, da die Anhängigkeit des Einspruchs die Gestaltungsfreiheit der Finanzbehörde nicht einschränkt.[11]  Allerdings stellt dies für den Einspruchsführer regelmäßig eine nachteilige Regelung und damit eine Verböserung dar, sodass er auf diese Rechtsfolge hingewiesen werden muss.

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