1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die durch das ErbStRG geänderten Vorschriften des ErbStG waren auf Erwerbe anzuwenden, für die die Steuer nach dem 31.12.2008 entsteht (§ 37 Abs. 1 ErbStG a. F.). Hiervon abweichend gewährte Art. 3 ErbStRG Erwerbern ein zeitlich bis zum 30.6.2009 begrenztes Wahlrecht zur rückwirkenden Anwendung der durch das ErbStRG geänderten Vorschriften bereits auf solche Erwerbe von Todes wegen, für die die Steuer nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 entstanden ist. Durch diese Regelung sollte im Hinblick auf die im Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 vereinbarten Begünstigungen u. a. des Betriebsvermögens "eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung" des ab 1.1.2009 anzuwendenden Rechts ausgeschlossen werden.[1] Die im Rahmen des Art. 3 ErbStRG angeordnete Weitergeltung alten und neuen Rechts ist mit dem BVerfG-Beschluss vom 7.11.2006[2] vereinbar. Der Gesetzgeber war insoweit nur zu einer Neuregelung bis zum 31.12.2008 verpflichtet, nicht aber an einer differenzierten Inkrafttretensregelung mit paralleler Anwendung alten und neuen Rechts gehindert.[3]

 

Rz. 1a

Durch Art. 14 WachstBeschlG[4] wurde der sachliche Umfang des aufgrund des nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG gestellten Antrags anwendbaren neuen Rechts erweitert. Aufgrund des Antrags sind auch die durch das WachstBeschlG geänderten §§ 13a und 19a ErbStG anzuwenden. Durch Art. 14 WachstBeschlG soll nach der Gesetzesbegründung[5] vermieden werden, dass bei Ausübung des Wahlrechts nach Art. 3 ErbStRG für den Erwerb von Unternehmensvermögen in den Jahren 2007 und 2008 andere Vorschonungsvoraussetzungen gelten als für Erwerbe ab dem 1.1.2009 (vgl. § 37 Abs. 3 ErbStG i. d. F. des WachstBeschlG).

 

Rz. 2

Das Wahlrecht nach Art. 3 ErbStRG bestand nicht für in dem fraglichen Zeitraum vom 1.1.2007 bis 31.12.2008 ausgeführte Schenkungen unter Lebenden. Durch diese Einschränkung sollen die nur bei Schenkungen unter Lebenden möglichen missbräuchlichen Gestaltungen durch Ausübung des Optionsrechts verhindert werden.[6] Die dagegen unter Hinweis auf § 1 Abs. 2 ErbStG geübte Kritik[7] überzeugt nicht, weil durch Art. 3 ErbStRG "etwas anderes" i. S. d. § 1 Abs. 2 ErbStG bestimmt ist.

Die FinVerw hat zur Anwendung dieser Vorschrift gleichlautende Erlasse[8] herausgegeben.[9] Art. 3 ErbStRG ist gem. Art. 6 Abs. 3 ErbStRG am 1.7.2009 außer Kraft getreten, sodass zu diesem Zeitpunkt auch das Antragsrecht der Erwerber erloschen ist. Im Übrigen bleibt aber die Vorschrift auf die vor dem 1.7.2009 gestellten Anträge weiter anwendbar.[10]

 

Rz. 3–9

einstweilen frei

[1] BT-Drs. 16/7918, 47.
[2] 2 BvL 10/02, BStBl II 2007, 192.
[3] A. A. Crezelius, DStR 2007, 2277, 2282.
[4] WachstBeschlG v. 22.12.2009, BGBl I 2009, 3950.
[5] BT-Drs. 17/147, 10.
[6] BT-Drs. 16/7918, 47.
[7] Crezelius, DStR 2007, 2277, 2282; Eisele, Erbschaftsteuerreform 2009, 76.
[8] FinVerw v. 23.2.2009, BStBl I 2009, 446; ergänzt durch Erlasse betr. Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Anwendung des Art. 3 ErbStRG, vgl. z. B. FinMin Schleswig-Holstein v. 1.2.2010, StEd 2010, 172.
[9] Zu Einzelfragen vgl. Eisele, ZEV 2009, 15; Theissen, ZEV 2009, 27; Stützel, DStR 2009, 843.
[10] Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautende Ländererlasse v. 23.2.2009, BStBl I 2009, 446 Abs. 7.

2 Wahlrecht zur Anwendung des geänderten Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Art. 3 Abs. 1 ErbStRG)

 

Rz. 10

Art. 3 Abs. 1 ErbStRG räumte Erwerbern von Todes wegen (§ 3 ErbStG) das Wahlrecht des geänderten Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts für solche Erwerbe ein, für die die Steuer nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 entstanden war.[1] Eine Anwendung auf lebzeitige Zuwendungen (§ 7 ErbStG) sowie auf die Tatbestände des § 1 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 ErbStG war nicht vorgesehen, um insoweit Gestaltungsmöglichkeiten auszuschließen.[2]

 

Rz. 11

Ausdrücklich von der Option ausgenommen sind die Freibetragsregelungen des § 16 ErbStG. Bei Ausübung der Option ist auch eine Anwendung des durch Art. 5 ErbStRG eingefügten § 35b EStG ausgeschlossen.[3]

 

Rz. 12

Der Antrag nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG konnte bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung, allerdings längstens bis zum 30.6.2009 – auch schon oder gleichzeitig mit Abgabe der Erbschaftsteuererklärung – gestellt werden.[4] Tritt die Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung erst nach dem 30.6.2009 ein, ergibt sich daraus kein (nachträgliches) Wahlrecht. Der Sache nach handelt es sich bei Art. 3 Abs. 1 ErbStRG um eine Ausschlussfrist, für die grds. keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand[5] gewährt werden kann.[6] Allerdings scheint die FinVerw, wohl unter Berücksichtigung einzelfallbedingter Billigkeitserwägungen, insoweit wohl großzügig zu verfahren.[7] In jedem Fall ist aber die Wiedereinsetzungssperre des § 110 Abs. 3 AO zu beachten. Auch durch Billigkeitserwägungen kann keine abweichende Entscheidung hergeleitet werden.[8]

 

Rz. 13

Der Antrag kann – abgesehen von den Fällen des Art. 3 Abs. 3 ErbStRG – bis zur Unanfechtbarkeit des Erbschaftsteuerbescheids widerrufen werden.[9] Tritt die Unanfechtbarkeit erst nach dem 30.6.2009 ein, steht dies dem Widerruf nicht entgegen.

Bei mehreren Erwerbern konnte jeder für "...

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