Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit für Nachtarbeit bei fehlender Dokumentation der Anfangs- und Schlusszeit der jeweiligen Nachtarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Steuerfreiheit nach § 3b Abs. 1 EStG kann es unschädlich sein, wenn die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen über die getätigten Angaben hinaus keine genaue Anfangs- und Schlusszeit der jeweiligen Nachtarbeit beinhalten.

 

Normenkette

EStG § 3b

 

Tatbestand

Der Kläger ist als eingetragener Verein eine juristische Person des privaten Rechts.

In der Zeit vom 28.8.2017 bis zum 5.12.2017 wurde beim Kläger eine Lohnsteuer-Außenprüfung durchgeführt, deren Ergebnis in dem Bericht vom 5.12.2017 festgehalten ist. Dabei hatte die Prüferin u.a. festgestellt, dass der Kläger an seine Arbeitnehmer teilweise Nachtzuschläge gezahlt und diese als steuerfrei behandelt hatte. Die Prüferin führt dazu aus, dass Nachtzuschläge steuerfrei seien, soweit sie für Nachtarbeit 25 % des Grundlohns nicht übersteigen würden. Nachtarbeit sei die Arbeit in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr. Die dazugehörigen Stundenaufzeichnungen seien nicht hinreichend konkret, da weder Arbeitsbeginn noch Arbeitsende daraus hervorgingen. Allein die Aufzeichnung der Arbeitsdauer während der steuerbegünstigten Zeiten sei nicht ausreichend. Der Kläger hatte daraufhin die Pauschalierung der Lohnsteuer gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ESIG beantragt. Die Prüferin ermittelte einen Durchschnittssteuersatz von 30 %. Die steuerliche Auswirkung der Nachversteuerung der Nachtzuschläge ergibt sich wie folgt:

Die hier befindliche Tabelle wurde zum Zwecke der Neutralisierung entfernt.

Daraus geht u.a. hervor, welcher Mitarbeiter an welchem Tag wieviel Zeit zu welchen Konditionen (wieviel € pro Stunde) innerhalb der begünstigten Zeit gearbeitet hat. Der Beleg wurde von einer verantwortlichen Person abgezeichnet und an die Buchhaltung weitergereicht. Es ist insoweit unstreitig, dass die aufgeführten Personen die Nachtarbeit durchgeführt haben, und dass die aufgeführten Summen entsprechend den Aufzeichnungen neben dem Grundlohn für die Nachtarbeit bezahlt und die Höchstgrenzen des § 3b EStG (25% des Grundlohns) nicht überschritten wurden. Streitig ist jedoch, ob die Steuerfreiheit deshalb zu verwehren ist, weil nicht die genaue Uhrzeit, sondern lediglich der Zeitrahmen und die darin geleistete Stundenzahl angegeben wurden (z.B. 4 Stunden innerhalb der Zeit von 20 Uhr - 6 Uhr).

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 11.1.2018 Einspruch ein. Der Rechtsauffassung des Finanzamtes, dass Arbeitsbeginn und Arbeitsende aufgeführt werden müssten, um der Aufzeichnungspflicht für die Steuerfreiheit der Nachtzuschläge zu genügen, folge er nicht.

Mit Einspruchsentscheidung vom 28.10.2020 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Die Steuerbefreiung trete nur ein, wenn die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge für tatsächlich geleistete Nachtarbeit gezahlt worden seien und setze grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden zur Nachtzeit voraus (BFH-Urteil vom 28.11.1990, VI R 90/87). Die Angabe der Uhrzeit sei dabei unerlässlich. Auch nach dem BFH-Urteil vom 8.12.2011 (VI R 18/11) sei Voraussetzung für die Steuerbefreiung, dass Einzelaufstellungen über die tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden zur Nachtzeit vorlägen. Eine Prüfung, ob Zuschläge tatsächlich für die steuerlich begünstigten Zeiten gezahlt worden seien, sei nur dann möglich, wenn die Uhrzeiten aufgezeichnet würden und anhand dieser Uhrzeiten ein Abgleich mit den tatsächlichen Begebenheiten, wie z.B. Öffnungszeiten des Betriebes, Überschneidungen mit anderen Terminen, erfolgen könne. Ohne diese Aufzeichnungen des Arbeitsbeginns und -endes sei eine Prüfung der Arbeitsleistung in den begünstigten Zeiten nicht möglich.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 23.11.2020 bei Gericht eingegangenen Klage. Das Bestehen von Aufzeichnungspflichten werde nicht in Frage gestellt. Der Kläger komme diesen Aufzeichnungspflichten jedoch nach, indem er als Einzelnachweis für jeden betroffenen Mitarbeiter taggenaue Aufzeichnungen unter anderem über die Art der Tätigkeit und die Anzahl der Stunden für diese zusätzliche Nachtarbeit - aber auch für Zeitfenster, in denen kein steuerfreier Zuschlag gezahlt werden dürfe bzw. für Wochenendarbeit - führe. Diese Aufzeichnungen würden von einem vorgesetzten Mitarbeiter, in der Regel dem Institutionsleiter, als Zeuge bestätigt und durch dessen Unterschrift die tatsächliche Durchführung dokumentiert. Zur Anerkennung der Steuerfreiheit gezahlter Nachtzuschläge gebe das beklagte Amt vor, dass es zwingend erforderlich sei, neben den bereits erstellten Aufzeichnungen auch noch die Uhrzeit über den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende der Nachtarbeit aufzuzeichnen. Da sich diese konkrete Aufzeichnungspflicht jedoch nicht aus gesetzlichen Regelungen, Richtlinien oder aus der BFH-Rechtsprechung (s.a. BFH-Urteil vom 28.11.1990, IV R 56/90) ergebe und der Kläger durch die vorgenannten Einzelnachweise seiner Auf...

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