Leitsatz (amtlich)

Versteuert ein Vermieter die von Mietern empfangenen sog. verlorenen Baukostenzuschüsse jährlich zu einem Teil entsprechend der Laufzeit der Mietverträge als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, so erhöhen sich beim Verkauf des Gebäudes, zu dessen Errichtung die Zuschüsse gezahlt worden sind, seine Mieteinkünfte um die bisher als Mieteinnahmen unberücksichtigten Zuschußteile nicht, soweit sie durch entsprechende Minderung des Kaufpreises und Übernahme der Verpflichtungen gegenüber den Mietern auf den Käufer übergegangen sind.

 

Normenkette

EStG §§ 11, 21 Abs. 1 Nrn. 1, 4

 

Tatbestand

Streitig ist die einkommensteuerliche Behandlung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) verlorener Baukostenzuschüsse, wenn das Haus, zu dessen Errichtung die Zuschüsse von Mietern entgegengenommen worden sind, veräußert wurde.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Bauunternehmer und Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes, errichtete in den Jahren 1963 und 1964 zwei Mietshäuser. Nach den auf 16, teils auf 17 Jahre abgeschlossenen Mietverträgen erhielt er von den Mietern verlorene Baukostenzuschüsse "zur Deckung der unrentierlichen Spitze der Baukosten". Für die Jahre 1964 und 1965 erklärte er jeweils den Teil der Baukostenzuschüsse, der bei einer Aufteilung nach der Mietdauer auf diese Jahre entfiel, als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Im Jahre 1966 verkaufte er die Häuser zum Preis von 750 000 DM. Nutzungen und Lasten gingen ab dem 1. März 1966 auf den Käufer über. Dieser trat in die Mietverhältnisse ein und übernahm es, den Kläger von allen Verpflichtungen aus den Mietverträgen freizuhalten. Für das Jahr 1966 gab der Kläger demgemäß nur den auf die Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar entfallenden Teil der Zuschüsse steuerlich als Einnahmen an. Für das hier streitige Jahr 1969 erklärte der Kläger Einkünfte in Höhe von 279 916 DM und machte in gleicher Höhe einen Verlustabzug nach § 10 d EStG geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) berücksichtigte den Verlustabzug nur in Höhe von 204 495 DM mit der Begründung, der noch nicht berücksichtigte Verlust aus Land- und Forstwirtschaft des Jahres 1966 habe lediglich 58 347 DM betragen. Denn die bis zum Verkauf der Mietshäuser noch nicht verrechneten Baukostenzuschüsse in Höhe von 135 814 DM seien als Einnahmen des Jahres 1966 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen. Insoweit sei der Verlust aus Land- und Forstwirtschaft ausgeglichen.

Einspruch und Klage waren erfolglos. Das FG führte im wesentlichen aus: Die Zuschüsse der Mieter seien verlorene Baukostenzuschüsse und damit Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gewesen. Als zinslose Darlehen könnten sie nicht angesehen werden, da es an Vereinbarungen über Rückzahlung und Verzinsung fehle. Soweit der Kläger die Zuschüsse bis zum Verkauf jährlich anteilmäßig als Einnahmen erklärt habe, sei dieses auf Abschn. 163 EStR zurückgehende Verfahren zu billigen (Urteil des BFH vom 4. Dezember 1962 VI 308/61 S, BFHE 76, 329, BStBl III 1963, 120). Den danach noch offenen Teil der Zuschüsse habe der Kläger jedoch im Jahre der Veräußerung als Einnahmen anzusetzen. Zwar habe die Übernahme der Verpflichtungen aus den Mietverträgen durch den Käufer dazu geführt, daß nunmehr dieser an die Mietverträge gebunden sei und vor deren Ablauf weder einen höheren Mietzins verlangen noch den Mietern kündigen könne. Die Baukostenzuschüsse seien aber dem Kläger bereits zugeflossen. § 11 EStG lasse es nicht zu, zugeflossene Beträge als nicht zugeflossen zu behandeln.

Mit der Revision rügt der Kläger unrichtige Auslegung des Grundstückskaufvertrages und der Mietverträge, mangelnde Sachaufklärung und Nichtbeachtung des § 1 Abs. 2 und 3 StAnpG. Im wesentlichen trägt er vor. Nach den gesetzlichen Verrechnungs- und Erstattungsvorschriften seien Forderungen der Mieter entstanden, wodurch die Baukostenzuschüsse in Darlehen besonderer Art umgewandelt worden seien. Somit lägen schon begrifflich keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vor. Der Bauherr behalte die von den Mietern geleisteten Zuschüsse beim Verkauf des Hauses nicht für sich. Die Regelung in Abschn. 163 EStR sei insoweit nicht gesetzmäßig. Vielmehr habe der Gesetzgeber durch § 1 Abs. 2 und 3 StAnpG die Möglichkeit eröffnet, eine Billigkeitsregelung zu treffen. Auf die Gewinnermittlungsart könne es nicht ankommen. Es sei davon auszugehen, daß das "Gesetz zur Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, anderer wohnungsbaurechtlicher Vorschriften und über die Rückerstattung von Baukostenzuschüssen" vom 21. Juli 1961 (BGBl I, 1041) auch ohne ausdrückliche Erwähnung Bestandteil der Mietverträge gewesen sei. Rückzahlungsvereinbarungen seien somit durch die Bestimmungen dieses Gesetzes ersetzt worden. Das FG habe nicht aufgeklärt, ob der Kaufpreis des Grundstücks wegen Übernahme der Verpflichtungen aus den Baukostenzuschüssen niedriger bemessen worden sei. Die steuerliche Erfassung der vom Käufer übernommenen Verpflichtungen habe es zu Unrecht für nicht möglich gehalten.

Der Kläger beantragt die Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung und die Festsetzung der Einkommensteuer für 1969 auf null DM.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung des FG-Urteils.

I. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG unterliegen Einkünfte aus der Vermietung von Gebäuden der Einkommensteuer. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 EStG der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten.

1. Dem FG ist zwar darin zu folgen, daß es die von den Mietern beim Abschluß der Mietverträge gezahlten Beträge als verlorene Baukostenzuschüsse und nicht als Darlehen gewürdigt hat. Denn Vereinbarungen über Rückzahlung und Zinsen lagen nicht vor. Auch aus dem schon erwähnten Gesetz über die Rückerstattung von Baukostenzuschüssen vom 21. Juli 1961 läßt sich nicht entnehmen, daß Baukostenzuschüsse durch dieses Gesetz in Darlehen besonderer Art umgewandelt werden sollten. Dementsprechend rechnet die Rechtsprechung der Zivilgerichte die verlorenen Baukostenzuschüsse ebenfalls nicht zu den Darlehen (vgl. Urteil des BGH vom 11. März 1970 VIII ZR 96/68, Wertpapier-Mitteilungen 1970 S. 684).

2. Die Vorentscheidung kann jedoch aus folgenden Gründen keinen Bestand haben.

a) Verlorene Baukostenzuschüsse sind Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, denn sie stehen den Mietvorauszahlungen gleich (Urteil des BFH VI 308/61 S), die regelmäßig Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind. Sie müssen nicht immer im Zeitpunkt des Zufließens der Mieteinnahmen versteuert werden, sondern können nach Abschn. 163 Abs. 2 EStR 1965 auf die Dauer der Mietverträge verteilt jährlich in Teilbeträgen als Mieteinnahmen angesetzt werden. Der BFH sieht in dieser Regelung nach dem Urteil VI 308/61 S eine von § 11 EStG abweichende Milderung der Besteuerung, die als mögliche Auslegung des Gesetzes vertretbar ist. Abschn. 163 EStR 1965 sieht in Abs. 2 Nr. 1 a am Ende zwar vor, daß im Falle eines Verkaufs der Mietshäuser der noch nicht als Mieteinnahmen berücksichtigte Teil des verlorenen Baukostenzuschusses im Veranlagungszeitraum der Veräußerung der Gebäude als Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen ist, enthält jedoch keine Regelung darüber, wie Werbungskosten oder negative Einnahmen zu berücksichtigen sind.

b) Soweit das FG in Abschn. 163 Abs. 2 EStR 1965 lediglich eine Milderungsregelung sieht und bei einem Verkauf der Mietshäuser unter Berücksichtigung des Zuflußprinzips nach § 11 EStG die noch offenen Baukostenzuschüsse in Höhe von 135 814 DM nunmehr als Einnahmen des Klägers ansetzen will, stehen diesen möglicherweise negative Einnahmen in gleicher Höhe gegenüber. Denn der Kläger kann die bereits erzielten Einnahmen über den Kaufpreis an den Käufer in der Weise weitergegeben haben, daß dieser ihm nur einen entsprechend geringeren Kaufpreis bezahlen mußte. Der Kläger war verpflichtet, als Gegenleistung für die verlorenen Baukostenzuschüsse den Mietern den Gebrauch der vermieteten Wohnungen auf die vereinbarte Dauer zu überlassen und solange den Mietpreis entsprechend niedriger zu bemessen. Es ist nach der Lebenserfahrung unwahrscheinlich, daß der Käufer diese Verpflichtungen ohne Gegenleistung in der Form einer Kaufpreisminderung für die Häuser übernommen hat. Der Kläger wäre bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses nach Art. VI § 1 Abs. 1 des erwähnten Gesetzes über die Rückerstattung von Baukostenzuschüssen zur Erstattung des Teils der Baukostenzuschüsse an die Mieter verpflichtet gewesen, der nicht durch die bisherige Dauer des Mietverhältnisses als getilgt anzusehen war. Diese Rückzahlungen wären für den Kläger negative Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gewesen. Nichts anderes kann gelten, wenn der Kläger die Baukostenzuschüsse nicht an die Mieter zurückerstattet, sondern sie wirtschaftlich an den Käufer unter Übertragung der Verpflichtungen auf diesen weitergegeben haben sollte.

c) Auch wenn man die Behandlung von Mieterzuschüssen, Mieterdarlehen und verlorenen Baukostenzuschüssen der wohl herrschenden Meinung folgend als eine Ausnahme vom Zuflußprinzip des § 11 EStG ansieht (BFH-Urteil VI R 308/61 S; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, § 21, Rdnr. 41; Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 21 EStG, Rdnr. 28 b unter Mietvorauszahlungen und Mieterzuschüsse), ergeben sich aus der Behandlung der noch offenen Baukostenzuschüsse im Streitfall keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Abweichend von § 11 EStG ist danach der Restbetrag der Baukostenzuschüsse nicht als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen. Dementsprechend entfällt auch der Ansatz von negativen Einnahmen in gleicher Höhe. Für diese Lösung spricht die den umgekehrten Fall regelnde Vorschrift des § 21 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Dort ist ausgeführt, daß Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auch Einkünfte aus der Veräußerung von Mietzinsforderungen sind, wenn die Einkünfte im Veräußerungspreis von Grundstücken enthalten sind und die Mietzinsen sich auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräußerer noch Eigentümer war. Im Umkehrschluß dazu liegen demnach Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht vor, wenn Mietzinsen zwar vereinnahmt sind, sie sich aber auf einen Zeitraum beziehen, in dem der Veräußerer nicht mehr Eigentümer ist und sie im Veräußerungspreis des Grundstücks nicht enthalten sind (vgl. Herrmann/Heuer, a. a. O., § 21 EStG, Rdnr. 19 und das dort angeführte Beispiel). Nach beiden Auffassungen würden sich insoweit keine Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung ergeben. Welcher der Vorzug zu geben ist, kann hier offenbleiben.

II. Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif. Der Senat verweist sie gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Aus dem vom FG festgestellten Sachverhalt ergibt sich zwar, daß die sich aus den Baukostenzuschüssen für den Kläger ergebenden Verpflichtungen beim Verkauf des Grundstücks vom Erwerber übernommen worden sind. Es ist jedoch nicht festgestellt, ob und in welcher Höhe dies den Kaufpreis beeinflußt hat. Diese Feststellung ist noch erforderlich. Denn ein Wiederabfluß der Einnahmen aus der Vermietung der Häuser kann nur insoweit angenommen werden, als die Baukostenzuschüsse bei der Festlegung des Kaufpreises der Häuser berücksichtigt worden sind. Es ist denkbar, daß der Kaufpreis nicht in Höhe der zur Zeit des Verkaufs noch nicht als Mieteinnahmen erklärten Baukostenzuschüsse gemindert worden ist, sondern um einen geringeren Betrag. Alsdann müßte der Kläger noch einen Teil der Baukostenzuschüsse als eigene Mieteinnahmen erklären. Das FG wird insoweit noch Feststellungen, gegebenenfalls unter Heranziehung der Grunderwerbsteuerakten, zu treffen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72620

BStBl II 1978, 91

BFHE 1978, 144

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