Leitsatz

Aufwendungen des Arbeitgebers aus Anlass einer Betriebsveranstaltung erlangen beim Überschreiten einer Freigrenze, die für die Jahre 1996 und 1997 200 DM je teilnehmendem Arbeitnehmer beträgt, ein derartiges Eigengewicht, dass sie in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten sind (Bestätigung der Rechtsprechung).

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin veranstaltete für ihre Beschäftigten in den VZ 1996 und 1997 einmal jährlich ein Ski-Wochenende in Österreich. Die Arbeitnehmer mussten die Kosten für zwei Abendessen und den Skipass tragen. Die übrigen Aufwendungen, die pro Arbeitnehmer jeweils 200 DM überstiegen, zahlte die Klägerin.

Die Klägerin führte für die Zuwendungen anlässlich der Ski-Wochenenden zwar pauschale LSt ab. Ungeachtet dessen war die Klägerin der Auffassung, dass die entsprechenden Aufwendungen nicht als Arbeitslohn zu besteuern seien. Die Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Das Überschreiten der Freigrenze führe dazu, dass die Zuwendungen der Klägerin in voller Höhe als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten seien.

Da bereits die Freigrenze überschritten sei, komme es auf die jeweilige Veranstaltungsdauer der Ski-Wochenenden nicht mehr an (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 16.11.2005, VI R 151/99, BFH-PR 2006, 102).

 

Hinweis

1. Nach ständiger Rechtsprechung sind Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer dann kein Arbeitslohn i.S.v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse getätigt werden. Ein solches ist grundsätzlich zu bejahen, wenn der Arbeitgeber anlässlich von Betriebsveranstaltungen Aufwendungen tätigt, um den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern.

2. Die lohnsteuerliche Wertung derartiger Zuwendungen hat der BFH seit dem Urteil vom 25.5.1992, VI R 85/90 (BStBl II 1992, 655) nicht mehr davon abhängig gemacht, ob die Vorteilsgewährung der Höhe nach üblich ist. Vielmehr ist er von einer Freigrenze ausgegangen, bei deren Überschreitung die Zuwendungen in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Für die Jahre 1983 bis 1992 hat der BFH die Freigrenze auf 150 DM je Teilnehmer beziffert.

Die Finanzverwaltung hat ihrerseits mit Wirkung ab 1993 die Freigrenze für Zuwendungen bei Betriebsveranstaltungen auf 200 DM heraufgesetzt (Abschn. 72 Abs. 4 Satz 2 LStR 1993). Ab dem VZ 2002 legt die Finanzverwaltung eine Freigrenze von 110 € je Veranstaltung zugrunde (R 72 Abs. 4 Satz 2 LStR 2002).

3. An der vorgenannten Rechtsprechung hält der BFH fest. Aufwendungen des Arbeitgebers anlässlich von Betriebsveranstaltungen erlangen beim Überschreiten eines bestimmten Betrags ein derartiges Eigengewicht, dass sie in voller Höhe als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu werten sind. Die Festlegung einer Freigrenze, bei deren Überschreitung Zuwendungen an Arbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen als Arbeitslohn zu qualifizieren sind, erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats aus Gründen der Steuergerechtigkeit zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung. Die Freigrenze stellt ein geeignetes Beurteilungskriterium dar, um das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers typisierend vom Arbeitslohn abzugrenzen.

4. Für die VZ 1996 und 1997 bemisst der BFH diese Freigrenze in Übereinstimmung mit Abschn. 72 Abs. 4 Satz 2 LStR 1996 je Arbeitnehmer auf 200 DM pro Veranstaltung. Nach Ansicht des BFH stellt die Freigrenze von 200 DM in den bezeichneten Jahren auch eine angemessene materiell-rechtliche Typisierung dar.

5. Wichtig ist, dass die Freigrenze nicht branchenspezifisch zu betrachten ist. Die Freigrenze gilt aus Gründen der Steuergerechtigkeit (und der Vereinfachung) für alle Arbeitnehmer. Nach Ansicht des BFH stellt die Branche, zu der der Arbeitgeber, der die Betriebsveranstaltung ausrichtet, gehört bzw. zu der an dieser Veranstaltung teilnehmende Arbeitnehmer gehören, kein taugliches Differenzierungskriterium dar, um die Frage zu beantworten, unter welchen Voraussetzungen ein dem Arbeitnehmer gewährter geldwerter Vorteil durch das Dienstverhältnis veranlasst ist und damit Arbeitslohn darstellt.

6. Nach den Darlegungen des BFH besteht keine Notwendigkeit, die Freigrenze für die VZ 1996 und 1997 (nochmals) heraufzusetzen. Ebenso wie bei anderen Pauschbeträgen genügt es, die bezeichnete Freigrenze nicht laufend, sondern von Zeit zu Zeit an die wirtschaftliche Entwicklung anzupassen. Demnach muss die Freigrenze nicht jährlich fortgeschrieben werden; die Höhe der Freigrenze ist aber von Zeit zu Zeit überprüfungsbedürftig.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.11.2005, VI R 151/00

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