Tz. 31

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Der Vereinsvorstand oder – falls vorhanden – der Geschäftsführer muss die in sein Ressort fallenden Aufgaben nicht in eigener Person erledigen, sondern darf sie kraft seiner internen Organisationsgewalt auf andere Personen delegieren. Dies gilt zum einen auf derselben Hierarchieebene – man spricht insofern von der sog. horizontalen Pflichtendelegation – in Gestalt der Schaffung von Bereichsvorständen (z. B. Finanzvorstand, Rechtsvorstand usw.). Möglich ist dies aber auch durch Verlagerung von Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten auf nachgeordnete Hierarchieebenen. Diesbezüglich ist von der sog. vertikalen Pflichtendelegation die Rede.

1. Horizontale Pflichtendelegation

 

Tz. 32

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Die Geschäftsleitung obliegt in kleineren Vereinen meist einzelnen Personen. Je größer der Verein ist, desto vielfältiger und komplexer werden die Führungsaufgaben und damit auch die Koordinationsprobleme. Insbesondere wegen der mit der Größe der Einheit steigenden Komplexität gibt es im Hinblick auf mehrköpfig besetzte Führungsgremien daher die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben- und Verantwortungsbereiche sachgerecht untereinander in verschiedene Ressorts aufzuteilen. Es wird von der sog. horizontalen Pflichtendelegation gesprochen, s. Heerspink in Flore/Tsambikakis, Einf. zu §§ 377ff. AO Rn. 62.

 

Tz. 33

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Typischerweise existieren Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder, die sich um technische Gegebenheiten kümmern, während ein anderer Geschäftsführer die Ressortverantwortlichkeit z. B. für den Bereich Steuern übernimmt. Im Falle einer solchen Pflichtendelegation darf das "unzuständige" Organmitglied (z. B. ein Vereinsvorstandsmitglied) grds. darauf vertrauen, dass das mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgabenbereiche betraute "zuständige" Organmitglied die ihm zugewiesenen Aufgaben und Verpflichtungen sach- und pflichtgemäß erfüllt, s. Heerspink in Flore/Tsambikakis, Einf. zu §§ 37ff. AO Rn. 63. Erkennt das unzuständige Mitglied jedoch, dass das zuständige Mitglied seiner Aufgabe nicht gewachsen ist oder existieren Anhaltspunkte dafür, dass dieses seinen Pflichten nicht nachkommt, steht auch das unzuständige Gremienmitglied in der Pflicht, Missstände aufzudecken und zu beseitigen. Anderenfalls wird das unzuständige Mitglied (auch strafrechtlich) mit dem gleichen Vorwurf konfrontiert wie das zuständige Mitglied.

Hinweis:

In der Praxis wird dies häufig übersehen. Die Delegation von Pflichten bedeutet nicht, sich derer vollständig zu entledigen. Vielmehr verbleibt bei dem die eigene Pflicht auf einen anderen Übertragenden eine Überwachungspflicht. Entsprechend ist in der Praxis zu empfehlen, dass sich jedes Vorstandsmitglied zumindest einen Überblick darüber verschafft, ob die Körperschaft oder der Verband ordnungsgemäß geführt wird oder ob in den Zuständigkeitsbereichen anderer Vorstandsmitglieder etwaige gravierende Mängel erkennbar sind.

2. Vertikale Pflichtendelegation

 

Tz. 34

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Der Geschäftsführer oder der Vereinsvorstandsvorsitzende muss die in sein Ressort fallenden Aufgaben nicht in eigener Person erledigen, sondern darf sie kraft seiner internen Organisationsgewalt auf andere Personen delegieren. Dies gilt auch für die Aufgabenübertragung auf Mitarbeiter nachgeordneter Hierarchieebenen.

 

Tz. 35

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Eine dergestalt geschaffene arbeitsteilige Vereins-Verwaltungsorganisation führt zu einer Vervielfältigung strafrechtlicher Verantwortlichkeiten. So kann ein innerhalb des Vereins aufgetretener Fehler die Verantwortungsbereiche mehrerer Beteiligter auf horizontaler Ebene wie auch in der vertikalen Hierarchiestruktur des Vereins betreffen. Die Verantwortungskette kann sich von dem letztverursachenden Arbeiter über mittlere Führungskräfte bis hin zur Geschäftsleitung bzw. Vorstandsebene ziehen. Delegation als solche vermeidet weder Verantwortung noch Strafe, s. Heerspink in Flore/Tsambikakis, Einführung §§ 377ff. AO Rn. 88.

 

Tz. 36

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Auf jeder Stufe stellt sich die Frage, ob der jeweils betroffene Mitarbeiter alles ihm Zumutbare und Mögliche getan hat, um die Realisierung eines strafrechtlichen Erfolges zu vermeiden. Hierbei richtet sich das Maß dessen, das zumutbar ist, nach dem jeweils eigenen Kompetenzbereich, s. Heerspink in Flore/Tsambikakis, Einführung §§ 377ff. AO Rn. 88.

Hinweis:

Verantwortungsketten existieren in jeder Organisationseinheit, d. h. grundsätzlich auch in jedem Verein. Hier können diese aber – insbesondere, wenn es sich um ehrenamtlich tätige Mitglieder handelt – deutlich geringer ausgeprägt sein als in "professionellen" Strukturen. Gleichwohl sind diese Verantwortungsketten aber auch hier vorhanden. Abhängig von der Art des betroffenen Deliktes und der betrieblichen Organisation erwachsen aus diesen Ketten unterschiedliche Verantwortlichkeiten: Zunächst ist danach zu unterscheiden, ob ein Allgemeindelikt oder ein Sonderdelikt verwirklicht wurde.

 

Tz. 37

Stand: EL 110 – ET: 02/2019

Auch wenn ein nachgeordneter Mitarbeiter strafrechtliche ...

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