Tz. 3

Stand: EL 125 – ET: 02/2022

Grundsätzlich unterliegen alle Mittel einer steuerbegünstigten Einrichtung dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung.

Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen.

So gibt es neben den zeitnah zu verwendenden Mitteln auch Mittel, die nicht zeitnah zu verwenden sind, die eine steuerbegünstigte Körperschaft dauerhaft thesaurieren kann (sog. "zulässiges Vermögen" bzw. "gebundenes Vermögen").

Da das gebundene Vermögen nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegt, kann eine steuerbegünstigte Einrichtung mit diesen Mitteln ihre Vermögensverwaltung (z. B. Erwerb von Wertpapieren, Mietwohngrundstücke etc.) ausstatten oder damit steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe errichten.

 

Tz. 4

Stand: EL 125 – ET: 02/2022

Folgende Mittel unterliegen nach § 62 Abs. 3 AO (Anhang 1b) nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, zählen also zum gebundenen Vermögen:

  1. Zuwendungen von Todes wegen (Vermächtnisse, Erbschaften), wenn der Erblasser keine zeitnahe Mittelverwendung vorgesehen hat (§ 62 Abs. 3 Nr. 1 AO, Anhang 1b);
  2. Zuwendungen (Spenden) mit der Auflage, dass diese zum Vermögensaufbau verwendet werden dürfen (§ 62 Abs. 3 Nr. 2 AO, Anhang 1b);
  3. Zuwendungen (Spenden), bei denen der Spender aufgrund eines besonderen Spendenaufrufs durch die Körperschaft erkennen kann, dass diese Zuwendung zum Vermögensaufbau bestimmt ist (§ 62 Abs. 3 Nr. 3 AO, Anhang 1b);
  4. Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören (§ 62 Abs. 3 Nr. 4 AO, Anhang 1b).

Daneben gehören noch die Mittel der "freien Rücklage" (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO, Anhang 1b) sowie (in der Regel) das Stammkapital einer steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft bzw. die Vermögensausstattung einer Stiftung zu den nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln.

Bei steuerbegünstigten Einrichtungen, die bereits vor dem 01.01.1977 gegründet waren, unterliegen die zum 31.12.1996 noch vorhandenen Spenden und Beiträge nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (KSt-Kartei NRW § 5 KStG Karte H 20).

 

Tz. 5

Stand: EL 125 – ET: 02/2022

Ebenfalls nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen Umschichtungsgewinne, soweit diese durch Umschichtungen von gebundenem Vermögen entstanden sind (AEAO zu § 55 AO TZ 28, Anhang 2).

 

Praxis-Beispiel:

Der gemeinnützige D-Bildungsverein e. V. hat in 2000 durch eine Erbschaft ein Grundstück erhalten, welches er seiner Vermögensverwaltung (Vermietungseinkünfte) zugeordnet hat. Das Grundstück hatte im Zeitpunkt des Erbfalls einen Wert von 400 000 EUR. In 2020 veräußert der Verein dieses Grundstück und erzielt einen Veräußerungspreis von 600 000 EUR.

Das Grundstück ist dem gebundenen Vermögen zuzurechnen (§ 62 Abs. 3 Nr. 1 AO, Anhang 1b). Die darin gebundenen Mittel unterliegen nicht mehr dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, daher unterliegt der durch die Veräußerung realisierte Gewinn (200 000 EUR) ebenfalls nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung.

Der D-Bildungsverein e. V. kann die gesamten 600 000 EUR wiederum seiner Vermögensverwaltung zuführen.

 

Tz. 6

Stand: EL 125 – ET: 02/2022

Bei der Umschichtung von zeitnah zu verwendenden Mitteln unterliegt demgegenüber ein dabei erzielter Umschichtungsgewinn dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung.

 

Praxis-Beispiel:

Der gemeinnützige S-Sportverein e. V. hat in 2007 aus seinen Beiträgen und Spendeneinnahmen eine Tennisanlage für 250 000 EUR errichten lassen. In 2020 veräußert er die Sportanlage für 270 000 EUR.

Die Errichtung der Tennisanlage in 2007 aus zeitnah zu verwendenden Mitteln ist gemeinnützigkeitsrechtlich unschädlich, da damit die Mittel unmittelbar für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.

Mit der Veräußerung der Anlage lebt für die nun freiwerdenden Mittel das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung wieder auf. Das gilt sowohl für die ursprünglich eingesetzten Mittel (250 000 EUR) als auch für die – im Rahmen der Umschichtung – realisierten stillen Reserven (20 000 EUR).

 

Tz. 7

Stand: EL 125 – ET: 02/2022

Stiftungen haben darüber hinaus noch die Möglichkeit, im Jahr ihrer Errichtung und in den folgenden drei Kalenderjahren die Überschüsse der Vermögensverwaltung und die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (Zweckbetriebe und steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe) ganz oder teilweise ihrem Vermögen zuzuführen (§ 62 Abs. 4 AO, Anhang 1b).

 

Tz. 8

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Auch können zeitnah zu verwendende Mittel über die Bildung zweckgebundener Rücklagen nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO (Anhang 1b) sowie der Bildung von Rücklagen für eine Kapitalerhöhung (§ 62 Abs. 1 Nr. 4 AO, Anhang 1b) zumindest temporär aus dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendungspflicht entnommen werden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass diese Mittel z. B. bei einem Wegfall des Rücklagengrundes wieder zeitnah für die satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden sind.

Demgegenüber sind die zeitnah zu verwendenden Mittel, die in eine freie Rücklage (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO, Anhang 1b) eingestellt worden, auf Dauer in...

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