Welche Möglichkeiten das Finanzamt bei Schätzungen hat
Klägerin war eine GbR, die einen Gastronomiebetrieb unterhielt. Anlässlich einer steuerlichen Außenprüfung, die auch mit einer Steuerfahndungsprüfung einherging, wurden erhebliche Buchführungsmängel sowie Mängel in der Kassenführung bei der GbR festgestellt. Das Finanzamt hielt deshalb eine Hinzuschätzung von Umsätzen für erforderlich. Insbesondere sei, so das Finanzamt, der Wareneinkauf durch die Klägerin nicht in vollem Umfang erfasst worden. So wurden insbesondere Kassenbons durch die Finanzverwaltung gefunden, die es für naheliegend erscheinen ließen, dass nicht alle Umsätze verbucht worden seien. Gegen die Steuerbescheide, in denen die Hinzuschätzungen umgesetzt wurden, legte die Klägerin Einsprüche ein. Nach deren Zurückweisung rügte die Klägerin beim Finanzgericht die Höhe der Schätzungen.
Finanzamt kann Umsatzerlöse hinzuschätzen
Die Klage wurde in den wesentlichen Fragen als unbegründet zurück gewiesen. Das FG Düsseldorf vertrat nämlich die Auffassung, das Finanzamt habe grundsätzlich Umsatzerlöse hinzuschätzen dürfen. Eine Schätzung sei nämlich dann zulässig, wenn die Buchführung der Besteuerung bei dem betreffenden Steuerpflichtigen aufgrund von Mängeln nicht zugrunde gelegt werden könne. Diese erheblichen Mängel habe die Betriebsprüfung dabei festgestellt. Insbesondere habe die Klägerin keine ordnungsgemäße Buchführung gehabt, auch sei die Kasse fehlerhaft geführt worden. Hinsichtlich der Einnahmen sei die Hinzuschätzung des Finanzamts dabei zutreffend gewesen. Die Schätzung sei vom Finanzgericht hierbei in vollem Umfang nachprüfbar. Es sei dabei zutreffend gewesen, anhand der sichergestellten Kassenbons auf durchschnittliche Tageseinnahmen zu schließen. Andere Schätzungsmethoden wie Geldverkehrsrechnung oder Zeitreihenvergleich würden hingegen im Sachverhalt ausscheiden. Gleiches gelte für eine Schätzung anhand der Richtsatzsammlungen. Beim Wareneinkauf komme das Finanzgericht allerdings zu einer vom Finanzamt abweichenden Schätzung, die etwas zu Gunsten der Klägerin ausfalle. Hier seien die amtlichen Richtsätze als Höchstbetrag zu berücksichtigen.
Hinzuschätzung ist bei ordnungsgemäßer Buchführung ausgeschlossen
Die Entscheidung verschafft einen guten Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten der Schätzung durch das Finanzamt und vor allem, wann eine solche im Einzelfall in Betracht kommt. Hierbei gilt: Wer eine ordnungsgemäße Buchführung und Kassenführung vorweise kann sowie dann auch seinen gesetzlichen Mitwirkungspflichten nachkommt, bei dem darf keine Hinzuschätzung vorgenommen werden. Wenn das Finanzamt allerdings eine Schätzung vornimmt, gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich zu wehren. Dies gilt insbesondere deswegen, weil die Rechtsprechung in der letzten Zeit die Hürden für die Zulässigkeit einer Schätzung durchaus erhöht hat. Nicht jede mögliche Art der Schätzung ist zudem auch im jeweiligen Einzelfall zulässig, sondern das Finanzamt muss darlegen, warum es diese Schätzungsmethode im jeweiligen Fall anwendet. Die Besonderheiten des jeweiligen Steuerpflichtigen sind hierbei stets zu berücksichtigen. Regelmäßig fordert die Rechtsprechung auch die Verprobung des Ergebnisses durch die Anwendung weiterer Methoden. Es kann sich damit durchaus lohnen, sich gegen die Hinzuschätzung zu wehren. Da das Finanzgericht die Revision zum Bundesfinanzhof zur Fortbildung des Rechts zugelassen hat, wird sich möglicher Weise der Bundesfinanzhof auch noch einmal zu der Frage der Zulässigkeit von Hinzuschätzungen äußeren.
FG Düsseldorf, Urteil v. 24.11.2017, 13 K 3811/15 F (Haufe Index 11538370)
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