Vorsteuerabzug bei Baumaßnahmen des Mieters
Die Klägerin betrieb in gemieteten Räumlichkeiten eine augenärztliche Gemeinschaftspraxis und erzielte damit umsatzsteuerfreie Umsätze. Um den mietvertragsgemäßen Zustand herzustellen, verpflichtete sich die Vermieterin zur Zahlung eines Baukostenzuschusses in Höhe von 500.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Die Mieterin beauftragte die Bauleistungen selbst, zahlte die Beträge an die Handwerker, machte daraus den Vorsteuerabzug in Höhe von 95.000 EUR geltend und berechnete die Kosten zuzüglich Umsatzsteuer ihrer Vermieterin. Ausweislich des Mietvertrages (Mietzeit 15 Jahre) bestand keine Verpflichtung zum Rückbau bei Beendigung des Vertrages, ebenso konnte die Mieterin keine Entschädigung beanspruchen, da die Ausbaumaßnahmen mit dem Baukostenzuschuss abgegolten waren. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung wurde die Fakturierung der Baumaßnahmen gegenüber der Vermieterin als ein nach § 4 Nr. 28 UStG steuerbefreites „Hilfsgeschäft“ der Gemeinschaftspraxis beurteilt und der Vorsteuerabzug der Mieterin aus empfangenen Bauleistungen versagt. Umsatzsteuer wurde dennoch festgesetzt, nämlich nach § 14c Abs. 2 UStG.
Vorsteuerabzug kam nicht in Betracht
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass gemäß dem vorliegenden Mietvertrag die Vermieterin nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen verpflichtet war, den Aus- bzw. Umbau der Praxisräume vorzunehmen – schließlich gehörte es zu ihren vertraglichen Hauptpflichten, dem Mieter die Sache in vertragsgemäßem Zustand zu überlassen. Mietgegenstand war nämlich nicht nur der Rohbau, sondern Räume zum Betrieb einer augenärztlichen Tagesklinik. Vor diesem Hintergrund habe die Klägerin/Mieterin mit dem Durchreichen von Praxiseinbauten an die Vermieterin keine umsatzsteuerbare Leistung erbracht. Da kein steuerbarer Vorgang gegeben war, wird die Umsatzsteuer nach Ansicht des Finanzgerichts nach § 14c Abs. 2 UStG von der Mieterin geschuldet. Der Vorsteuerabzug kam nicht in Betracht, weil die Durchreichung der Baukosten als nicht umsatzsteuerbar beurteilt wurde und die übrigen Umsätze der Klägerin grundsätzlich umsatzsteuerfrei waren.
Die konsequente Anwendung des Finanzgerichtsurteils würde natürlich für den Vermieter bedeuten, dass auch er keinen Vorsteuerabzug geltend machen kann, weil die von der Mieterin ausgewiesene Umsatzsteuer nicht die richtige, sondern nur eine nach § 14c Abs. 2 UStG geschuldete Umsatzsteuer ist.
BMF-Schreiben kommt zu anderem Ergebnis
Unabhängig davon ist meines Erachtens fraglich, ob das Finanzgericht in seiner Beurteilung richtig liegt. Insbesondere nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens v. 23.7.1986 (Umsatzsteuerliche Fragen bei der Errichtung von Gebäuden auf fremden Boden, Haufe Index 944735) kann man zu einem anderen Ergebnis kommen. Das Schreiben gilt ausdrücklich auch für Baumaßnahmen, wie Um-, Aus- oder Einbauten an einem bestehenden Gebäude. Danach gilt u. a. Folgendes: Wenn der Grundstückseigentümer dem Besteller die Herstellungskosten des Bauwerks ersetzt und ihm mit Fertigstellung und Ingebrauchnahme hierfür eine Miete berechnet, so liegt unmittelbar mit der Lieferung des Bauwerks an den Besteller eine Weiterlieferung durch den Besteller an den Grundstückseigentümer vor. Diese müsste auch im vorliegenden Fall umsatzsteuerpflichtig sein, weil eine Steuerbefreiung allenfalls nach § 4 Nr. 28 UStG in Betracht käme. Diese Vorschrift wird aber nicht anzuwenden sein, weil die Gegenstände zuvor noch nicht für eine steuerfreie Tätigkeit verwendet worden sind.
Revision ist anhängig
Nach Ansicht des Finanzgerichts ist das BMF-Schreiben zu Bauten auf fremden Boden allerdings gar nicht anwendbar, weil die Praxiseinbauten keine Bauten auf fremden Boden darstellen sollen. Der Ausgang des beim BFH-anhängigen Verfahrens darf daher mit Spannung erwartet werden (Az beim BFH V R 5/18).
Sächsisches FG, Urteil v. 18.7.2017, 5 K 880/15, Haufe Index 11751260
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
704
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
677
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
617
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
582
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
580
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
458
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
445
-
Anschrift in Rechnungen
403
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
385
-
Teil 1 - Grundsätze
370
-
Alle am 31.10.2024 veröffentlichten Entscheidungen
31.10.2024
-
Negatives Einlagenkonto bei Ausscheiden eines typisch stillen Gesellschafters
30.10.2024
-
Anschluss-Außenprüfung bei einer großen Anwaltsgesellschaft
29.10.2024
-
Neue anhängige Verfahren im Oktober 2024
29.10.2024
-
Übertragung eines verpachteten Betriebs gegen Versorgungsleistungen oder unter Vorbehaltsnießbrauch
28.10.2024
-
Besonderheiten bei der Abfindungsversteuerung von Grenzgängern
28.10.2024
-
Vorlage von Mietverträgen und Nebenkostenrechnungen
28.10.2024
-
Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens
25.10.2024
-
Alle am 24.10.2024 veröffentlichten Entscheidungen
24.10.2024
-
Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden und Gebäude
24.10.2024