Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit
Die Anstellungszeiträume mehrerer Arbeitsverhältnisse können demnach unter gewissen Voraussetzungen zusammengezählt werden.
Keine mehrjährige Tätigkeit?
Der Kläger war seit April 2010 zu 50 % am Stammkapital einer Kapitalgesellschaft österreichischen Rechts beteiligt und als deren Geschäftsführer eingesetzt. Im selben Jahr übertrug er seinen Geschäftsanteil an eine GmbH aus Deutschland, die ein deutschlandweites Couponnetzwerk im Internet betrieb und ihre Aktivitäten auf Österreich erweitern wollte. Der Kläger ging ab dem 1.11.2010 ein Arbeitsverhältnis bei der deutschen GmbH ein und erhielt von der Gesellschaft bereits im Oktober 2010 ein "Phantom Share Certificate", sodass er an einem "Management Incentive Program" beteiligt wurde. Mit diesem Inzentivprogramm sollten Führungskräfte eine zusätzliche Vergütungsmöglichkeit erhalten.
Am 13.9.2011 wurde die deutsche GmbH schließlich zu einem Gesamtkaufpreis von 114 Mio. US-Dollar von einer Holding übernommen. Zeitlich vor dieser Transaktion (am 7.9.2011) hatte der Kläger mit "seiner" GmbH noch eine Aufhebung seines Arbeitsvertrags (zum 31.10.2011) und einen Ausstieg aus dem Inzentivprogramm vereinbart; in diesem Zuge erhielt er eine Einmalzahlung von 530.000 EUR, die er mit dem ermäßigten Einkommensteuersatz für außerordentliche Einkünfte versteuern wollte.
Das Finanzamt lehnte ab und erklärte, dass keine begünstigte Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG) vorlag, da der Kläger nur elf volle Monate bei der deutschen GmbH beschäftigt gewesen war.
Einmalzahlung als begünstigte Vergütung
Das FG gab nun jedoch grünes Licht für eine ermäßigte Besteuerung und sah die Einmalzahlung als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit an. Nach dem Einkommensteuergesetz ist eine Tätigkeit mehrjährig, soweit sie sich über zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Zwar war der Kläger nur in der Zeit zwischen Oktober 2010 und September 2011 am Inzentivprogramm beteiligt und für die deutsche GmbH auch nur vom 1.11.2010 bis 31.10.2011 (mithin einen Tag weniger als zwölf volle Monate) tätig gewesen, allerdings musste nach Gerichtsmeinung auch der vorherige Beschäftigungszeitraum bei der österreichischen Gesellschaft in die Betrachtung einbezogen werden. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist ein rein formeller Arbeitgeberwechsel unerheblich. Entscheidend ist, dass das bestehende Arbeitsverhältnis bei der deutschen GmbH im Wesentlichen unverändert fortgeführt worden war (nach wie vor Leitungsfunktion, gleichbleibende Grundvergütung) und sich als einheitliche Tätigkeit darstellte.
Anstellungszeiträume können zusammengerechnet werden
Zeiten des früheren und aktuellen Arbeitsverhältnisses dürfen also bei der Prüfung einer mehrjährigen Tätigkeit zusammengerechnet werden, sofern das Arbeitsverhältnis lediglich formal mit einem neuen Arbeitgeber begründet wurde, es bezüglich des Arbeitsbereichs, der Entlohnung und der Wahrung des sozialen Besitzstandes aber im Wesentlichen unverändert fortgesetzt worden ist.
Das Revisionsverfahren ist beim BFH anhängig, Rev. eingelegt, Az beim BFH IX R 17/19.
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 9.4.2019, 8 K 8153/15, Haufe Index 13161091
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