Veräußerungsfreibetrag nach gescheiterter Praxisveräußerung
Sachverhalt:
Ein Steuerberater (St) veräußerte seine Kanzlei zum 1.4.2008; dazu gehörte u. a. auch der Mandantenstamm. Gleichzeitig wurde eine freiberufliche Tätigkeitsvereinbarung für die Zeit bis Dezember 2010 abgeschlossen. Währenddessen sollte der Verkäufer für den Erwerber tätig werden und u. a. darauf hinwirken, dass die Mandanten dem Beraterwechsel zustimmen und an der Mandatsüberleitung mitwirken. Nachdem es auf Seiten des Erwerbers zu Zahlungsschwierigkeiten kam, kündigte St die Tätigkeitsvereinbarung fristlos und nahm seine selbstständige Tätigkeit wieder auf, indem er überwiegend seine bisherigen Mandanten betreute. Teilweise stellte er auch sein ehemaliges Personal wieder ein. Das Umsatzvolumen betrug 50 bis 60 % der früheren Umsätze. In der Einkommensteuerveranlagung wurde der Veräußerungsgewinn gem. § 34 EStG zunächst tarifbegünstigt behandelt. Nach Auffassung einer BP lagen die Voraussetzungen jedoch nicht vor, da die - für die Anwendung der Tarifbegünstigung geforderte - Einstellung der Beratungstätigkeit und Neueröffnung einer Beratungspraxis nicht zustande gekommen sei. Gegen den entsprechend geänderten ESt-Bescheid legte St erfolglos Einspruch ein.
Entscheidung:
Auch die Klage war erfolglos. Das FA hat den Veräußerungsgewinn zutreffend der Regelbesteuerung unterworfen. St hat zwar die wesentlichen Grundlagen seiner Praxis, insbesondere den Mandantenstamm, übertragen. Diese Übertragung war aber nicht i. S. der BFH-Rechtsprechung endgültig. Das FG wertet die Tatsache, dass St nach 22 Monaten in derselben Stadt bei seinen zuvor eingebrachten Mandaten und mit Einstellung seines Personals wieder tätig wird, als steuerlich rückwirkendes Ereignis, das die zunächst erfüllten Voraussetzungen für eine tarifbegünstigte Praxisübertragung nachträglich entfallen lässt.
Praxishinweis:
Eine steuerbegünstigte Veräußerung liegt vor, wenn die wesentlichen wirtschaftlichen Grundlagen (insbesondere der Mandantenstamm) übertragen werden und die freiberufliche Tätigkeit darüber hinaus in dem bisherigen Wirkungskreis für eine gewisse Zeit eingestellt wird. Eine weitere Tätigkeit für Rechnung des Erwerbers ist auch gegenüber den bisher eigenen Mandanten unschädlich. Eine eindeutige Aussage zur Wartezeit hat die Finanzrechtsprechung bisher nicht gemacht.
FG Köln, Urteil v. 3.12.2014, 13 K 2231/12, Haufe Index 7679459
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