Umsatzsteuervorauszahlung als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe

Eine USt-Vorauszahlung, die innerhalb von 10 Tagen nach Ablauf des Kalenderjahrs geleistet wird, ist auch dann im Vorjahr abziehbar, wenn der 100.1. des Folgejahrs auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt (entgegen H 11 EStH 2017 "Allgemeines/Kurze Zeit").

Hintergrund: Entrichtung der erst später fälligen USt-Vorauszahlung für Dezember innerhalb des Zehn-Tage-Zeitraums

Die Unternehmerin A ermittelt ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Sie leistete die USt-Vorauszahlung für Dezember 2014 durch Banküberweisung am 08.01.2015 und machte die Zahlung als Betriebsausgabe für 2014 geltend. Das FA vertrat die Auffassung, die Zahlung sei dem Folgejahr 2015 zuzurechnen, da der Fälligkeitstag wegen der Samstags-/Sonntags-/Feiertagsregelung (§ 108 Abs. 3 AO) nicht auf den 10.01.2015 (Samstag), sondern auf den 12.01.2015 (Montag) falle und damit außerhalb des für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen geltenden Zehn-Tages-Zeitraums liege.

Das FG gab der Klage der A mit der Begründung statt, das Hinausschieben des Fristendes auf den folgenden Werktag (Montag) gelte aufgrund teleologischer Reduktion des § 108 Abs. 3 AO nicht im Rahmen der Zehn-Tage-Regel nach § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG.

Entscheidung: Die Samstags-/Sonntags-/Feiertagsregelung gilt nicht im Rahmen des Zehn-Tage-Zeitraums

USt-Vorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zuzuordnen sind, wenn sie "kurze Zeit" nach Beendigung des Kalenderjahrs entrichtet werden (§ 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG). Als "kurze Zeit" gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen (BFH vom 11.11.2014 - VIII R 34/12, BStBl II 2015 S. 285). Der BFH vertritt die Auffassung, dass auch dann, wenn man fordert, die USt-Vorauszahlung müsse innerhalb des Zehn-Tage-Zeitraums fällig sein, diese Voraussetzung im Streitfall erfüllt ist. Denn bei der Ermittlung der Fälligkeit ist allein auf die gesetzliche Frist des § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG abzustellen, wonach die Vorauszahlung am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig ist. Im Streitfall war dies der 10.01.2015 (Samstag), der damit innerhalb des Zehn-Tage-Zeitraums lag. Auf eine mögliche Fristverlängerung nach § 108 Abs. 3 AO (Samstags-/Sonntags-/Feiertagsregelung) kommt es nicht an. Entscheidend ist ausschließlich, wann eine Zahlung als abgeflossen gilt. Die Frage, wie die (ggf. erforderliche) Fälligkeit zu bestimmen ist bzw. ob die Zahlungsfrist hinausgeschoben wird, ist unerheblich. 

Die Fristverlängerung steht der Zehn-Tage-Regel nicht entgegen

Diese Auslegung entspricht zum einen dem Zweck des § 108 Abs. 3 AO. Die Fristverlängerung soll zugunsten des Steuerpflichtigen wirken, nicht aber verhindern, dass die Zehn-Tage-Regel in bestimmten Jahren aufgrund der kalendarischen Konstellation zur Anwendung kommt. Zum anderen dient dieses Verständnis auch dem Zweck des § 11 Abs. 1 und 2 EStG). Die Zehn-Tage-Regel bezweckt, Zufallsergebnisse zu vermeiden. Es wäre nicht verständlich, wenn diese Regelung trotz rechtzeitiger Zahlung allein deswegen nicht angewendet werden könnte, weil das Fristende des § 18 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht auf einen Werktag, sondern auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt und die Zahlung erst am folgenden Werktag zu erbringen ist. Es kann nicht von einem Umstand abhängen, auf den der Steuerpflichtige keinen Einfluss hat, dass bei identischen Vorgaben – Zahlung vor dem 10.01. des Folgejahrs – in einigen Jahren die Zahlung dem Vorjahr und in anderen Jahren dem Folgejahr zuzuordnen ist. Der BFH bestätigte daher die Auffassung des FG und wies die Revision des FA zurück.

Hinweis: Abweichung von der Verwaltungsauffassung

Der BFH widerspricht damit der Auffassung der Verwaltung in EStH 2017, § 11 EStG H 11, Stichwort Allgemeines "Kurze Zeit". Nach der Verwaltungsregelung müssen die Zahlungen innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums nicht nur geleistet werden, was im Streitfall gegeben war, sondern auch fällig geworden sein. Eine nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit soll den Zehn-Tages-Zeitraum nicht verlängern. Mit seiner abweichenden Auffassung schließt sich der BFH der ganz überwiegend im Schrifttum vertretenen Auslegung an.

Die Problematik ist immer dann von Bedeutung, wenn der 10.01. auf einen Samstag oder Sonntag fällt. Das ist im Januar 2021 wieder der Fall. Die Frage spielt nur dann eine Rolle, wenn im Rahmen der Zehn-Tage-Regel darauf abgestellt wird, dass eine Zahlung nicht nur innerhalb dieses Zeitraumes geleistet wird, sondern auch fällig sein muss. Mangels Entscheidungserheblichkeit ließ der BFH ausdrücklich offen, ob an dem Fälligkeitserfordernis im Grundsatz festzuhalten ist.

BFH Urteil vom 27.06.2018 - X R 44/16 (veröffentlicht am 24.10.2018)