Totalgewinnprognose bei einem Forstbetrieb

Bei einem Forstbetrieb ist die Totalgewinnprognose grundsätzlich generationenübergreifend über den Zeitraum der durchschnittlichen Umtriebszeit des Baumbestands zu erstrecken.

Hintergrund

A war Eigentümer eines Hofes mit ca. 55 ha Forstflächen, die er selbst bewirtschaftete. In 2002 übertrug er den Hof auf seinen Sohn S und behielt sich auf Lebzeiten den unentgeltlichen Nießbrauch daran vor. Auch nach der Hofübertragung ermittelte A den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. In den Wirtschaftsjahren 2002/2003 bis 2010/2011 ergaben sich erhebliche Verluste. Das FA erkannte für das Streitjahr 2004 die von A erklärten Verluste mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht (mehr) an.

Im anschließenden Klageverfahren legte A ein Gutachten vor, nach dem im Prognosezeitraum bis 2092 Gesamtgewinne über 800.000 EUR zu erwarten seien. Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, die Totalgewinnprognose sei lediglich nach der geschätzten Dauer des Vorbehaltsnießbrauchs, also nach der Lebensdauer des A zu bemessen, der im Streitjahr 79 Jahre alt war. Die von A in dieser Zeit zu erwartenden Gewinne reichten jedoch nicht aus, die während der bisherigen Dauer des Nießbrauchs aufgelaufenen Verluste auszugleichen. Eine generationenübergreifende Totalgewinnprognose entsprechend der Gesamtumtriebszeit des Baumbestands komme nicht in Betracht, da die Bestellung des Nießbrauchs zu zwei Betrieben - einem ruhenden Eigentümerbetrieb des S und einem wirtschaftlichen Betrieb in der Hand des A - geführt habe. Es fehle somit an der Voraussetzung der Identität der Betriebe des Rechtsvorgängers und des Rechtsnachfolgers.    

Entscheidung

Für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ist die  Totalgewinnprognose regelmäßig objektbezogen und erfasst daher mehr als eine Generation. Damit werden die Gestaltungen zur Hofübergabe an die nächste Generation in die Betrachtung einbezogen. Das führt indes nicht zu einem zeitlich unbefristeten, weil mehrere Generationen umfassenden Beurteilungszeitraum. Denn die Gewinnerzielungsabsicht bezieht sich auf den einzelnen Steuerpflichtigen und damit primär auf dessen Betrieb. Bei forstwirtschaftlichen Betrieben muss allerdings die lange Umtriebszeit zwischen Aufforstung und Ernte von oft mehr als 100 Jahren berücksichtigt werden. Andernfalls blieben bei einem Neuaufbau des Bestands die Aufforstungskosten unberücksichtigt, da diesen beim investierenden Forstwirt keine entsprechenden Erträge gegenüberstehen. Die generationenübergreifende Totalgewinnprognose erstreckt sich daher bei einem Forstbetrieb grundsätzlich über den Zeitraum der durchschnittlichen Umtriebszeit des Baumbestands bzw. beim Erwerb eines bereits hergestellten Bestands bis zur Hiebsreife.

Das gilt - entgegen der Auffassung des FA - auch dann, wenn der Forstbetrieb im Rahmen der Generationennachfolge an einen Rechtsnachfolger übertragen wird und sich der Rechtsvorgänger den unentgeltlichen lebenslänglichen Nießbrauch vorbehält. Mit der Nießbrauchsbestellung entstehen zwar zwei Betriebe, ein ruhender in der Hand des Eigentümers (Nießbrauchsverpflichteter, S) und ein wirtschaftlicher Betrieb beim Nießbrauchsberechtigten (A). Die doppelte Betriebsstruktur steht indes einer generationenübergreifenden Totalgewinnprognose nicht entgegen. Denn die Einkünfte aus Forstwirtschaft werden innerhalb derselben Betriebsstruktur weiterhin von dem bisherigen Eigentümer nunmehr als Nießbraucher erzielt. Die Eigentumsübertragung ist im Ergebnis im Hinblick auf den wirtschaftlichen Forstbetrieb steuerlich weitgehend irrelevant. Der während des Nießbrauchs in zwei Betriebe (ruhender Eigentümerbetrieb und aktiver Nießbrauchsbetrieb) aufgespaltene Betrieb wird mit der Beendigung des Nießbrauchs in der Person des Rechtsnachfolgers wieder vereinigt. Diese Vorgänge führen nicht zu einer Betriebsaufgabe, sondern zu einer steuerneutralen Betriebsübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG. Der BFH verweist dazu auf die Rechtsprechung zur einem vorgeschalteten Pachtverhältnis im Rahmen der Generationennachfolge (BFH, Urteil v. 12.12.2013, IV R 17/10, BStBl 2014 II S. 316). Die Betriebe sind im Rahmen der Totalgewinnprognose fiktiv zu konsolidieren. Das hat zur Folge, dass etwaige Leistungsbeziehungen zwischen diesen Betrieben eliminiert werden.

Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Dieses hat die Totalgewinnprognose generationenübergreifend auf der Grundlage der bestehenden Kostenstruktur des Betriebs nachzuholen.    

Hinweis

Das FA und das FG haben sich vor allem an dem BFH, Urteil v. 11.10.2008, IV R 15/05 (BStBl 2008 II S. 465) orientiert. Dort hat der BFH entschieden, dass der Beurteilungszeitraum für die Totalgewinnprognose bei einem landwirtschaftlichen Pachtbetrieb sich auch dann nur auf die Dauer des Pachtverhältnisses erstrecke, wenn die Pacht eine Vorstufe zu der geplanten unentgeltlichen Hofübergabe sei. Daran hält der Senat nicht fest. Auch insoweit ist eine Konsolidierung des wirtschaftlichen Pachtbetriebs mit dem ruhenden Eigentümerverpachtungsbetrieb geboten, sodass sich die Pachtaufwendungen und Pachteinnahmen im Rahmen der für beide Betriebe einheitlichen Gewinnprognose neutralisieren.

BFH, Urteil v. 7.4.2016, IV R 38/13, veröffentlicht am 13.7.2016


Schlagworte zum Thema:  Verlust, Verlustabzug, Land- und Forstwirtschaft