Kein Halb- oder Teileinkünfteverfahren bei Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen
Hintergrund
Zwischen dem Einzelunternehmer A und einer GmbH, an der er zu 100 % beteiligt war, bestand eine Betriebsaufspaltung. A gewährte der GmbH Darlehen und bürgte für deren Bankdarlehen. Zum 31.12.2002 schrieb er die Darlehensforderungen voll ab und bildete für die drohende Inanspruchnahme aus den übernommenen Bürgschaften eine Rückstellung. Das FA ließ unter Hinweis auf das bis 2008 geltende Halbeinkünfteverfahren nur 50 % der Teilwertabschreibungen und der Rückstellung zum Abzug zu. Das FG urteilte, das Abzugsverbot greife nicht ein und gab der Klage statt. Ab 2009 gilt das Teileinkünfteverfahren mit Anhebung des steuerpflichtigen Anteils und der abziehbaren Ausgaben von 50 % auf 60 %; § 3 Nr. 40, § 3c EStG.
Entscheidung
Der BFH stimmt dem FG zu. Da der Anteilseigner seine Beteiligungseinkünfte nicht voll, sondern nur zum Teil (bis 2008 zur Hälfte, ab 2009 zu 60 %, § 3 Nr. 40 EStG) versteuert, kann er dementsprechend seine Ausgaben nur zu 50 % bzw. jetzt zu 60 % abziehen (§ 3c EStG; Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren). Die Abzugsbeschränkung gilt jedoch nur für Ausgaben (Betriebsvermögensminderungen), die mit den Beteiligungseinkünften "in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen".
Die Finanzverwaltung bejaht für Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen den wirtschaftlichen Zusammenhang mit Beteiligungserträgen und befürwortet dementsprechend "umgekehrt" für den späteren Gewinn aus einer Wertaufholung nur die anteilige Besteuerung (zu 50/60 %; BMF-Schreiben v. 08.11.2010, BStBl I 2010, 1292). Der BFH widerspricht dieser umgekehrten Gesetzesanwendung. Entscheidend ist, dass die Darlehensforderungen eigenständige Wirtschaftsgüter sind, die von der Beteiligung als solcher zu unterscheiden sind. Das gilt - unbeschadet ihrer Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis - auch für eigenkapitalersetzende Darlehen.
Die Finanzverwaltung wendet das Halb-/Teileinkünfteverfahren auch auf Teilwertabschreibungen auf Rückgriffsforderungen aus übernommenen Bürgschaften bzw. aus anderen Sicherheiten an. Der BFH weicht auch insoweit von der Verwaltungsauffassung ab und verneint einen für die Abzugsbeschränkung notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang. Maßgeblich ist auch hier, dass der Bürgschaft ebenso wie der Rückgriffsforderung eigenständige Schuldverhältnisse zugrunde liegen. Da der Aufwand aus der Rückstellungsbildung nicht anders zu werten ist als die Teilwertabschreibung auf eine zu aktivierende Rückgriffsforderung war die Rückstellung in vollem Umfang anzuerkennen.
Hinweis
Die Lösung des BFH überzeugt. Die von der Verwaltung vertretene umgekehrte Anwendung ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen. In der Parallelentscheidung gleichen Datums (vom 18.04.2012, X R 7/10) hat der BFH - außer zu Teilwertabschreibungen auf Darlehen - entsprechend zum Verzicht auf ein nicht mehr werthaltiges Gesellschafterdarlehen entschieden.
Die Frage der Anwendbarkeit des Teileinkünfteverfahrens in Fällen der unentgeltlichen Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung hat der BFH ausdrücklich offen gelassen.
Urteil v. 18.04.2012, X R 5/10
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