Grundstücksüberlassung an Betriebsunternehmen mit verschiedenen Geschäftsfeldern
Die Klägerin ist ein bestandsverwaltendes Wohnungsunternehmen der F-Gruppe und in diesem Zusammenhang als Organträgerin mittelbar an einer Enkelgesellschaft, der F. L. GmbH (F. L.), beteiligt. Die F. L. bewirtschaftete als konzerninterne Dienstleistungsgesellschaft Wohnungs- und Gewerbebauten (Property Management) und fungierte auch als Konzernfinanzierungsgesellschaft und Cash-Pool-Manager. Sie erbrachte ihre Leistungen auch gegenüber konzernfremden Auftraggebern. Ein Teilbereich ihrer Tätigkeit entfiel auch auf den Betrieb von 23 PV-Anlagen, für welche die F. L. Dachflächen u. a. von der Klägerin anmietete, auf welche 14 PV-Anlagen entfallen.
Finanzamt verweigert erweiterte Grundstückskürzung
Die Klägerin beantragte die erweiterte Grundstückskürzung. Das Finanzamt versagte diese nach einer Betriebsprüfung jedoch, da die Dachflächenüberlassung zu wesentlichen Betriebsgrundlagen für den Teilbereich der Stromgewinnung führe und so eine sachliche Verflechtung i. R. einer Betriebsaufspaltung begründe.
Aufgrund der Organschaft sei die erweiterte Grundstückskürzung zudem nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG ausgeschlossen, da die Mietaufwendungen der F. L. letztlich im Gewerbeertrag der Klägerin enthalten seien und dadurch bei Anwendung von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG eine ungerechtfertigte steuerliche Entlastung vorläge.
Die Klägerin trägt vor, die überlassenen Dachflächen seien für den Ablauf des Betriebsunternehmens nicht unverzichtbar; vielmehr seien sie in qualitativ-funktionaler Hinsicht wirtschaftlich unbedeutend für die als Dienstleistungsgesellschaft gegründete F. L. Dies gelte auch in qualitativer Hinsicht, bzgl. des Anteils der Umsätze aus der Stromeinspeisung an ihren Gesamtumsätzen (< 1 %). Die F. L. hätte hierdurch auch nicht zu Werbemaßnahmen oder zur Imageverbesserung der F-Gruppe beigetragen. Sie sei auch nicht mit standortgebundenen Filialhandelsunternehmen zu vergleichen.
FG Düsseldorf: Keine Betriebsaufspaltung
Die Klage ist nach dem Urteil des FG Düsseldorf begründet, soweit eine Beschwer vorliegt. Eine originär gewerbliche Tätigkeit der Klägerin liegt nicht vor. Die Anmietung der Dachflächen zur Stromerzeugung stellt für die F. L. eine bloße Randaktivität und nicht den räumlichen und funktionalen Mittelpunkt ihrer Geschäftstätigkeit dar.
Filialrechtsprechung des BFH nicht anwendbar
Grundlegend für die sachliche Verflechtung ist die sog. Filialrechtsprechung des BFH. Filialunternehmen zielen darauf ab, durch Erträge aus verschiedenen Standorten einen hohen Gesamtgewinn zu erzielen und das unternehmerische Risiko zu diversifizieren. Bei ungleicher Nutzung ist die Wesentlichkeit hier nicht nur nach dem Flächenverhältnis oder Umsatz, sondern auch nach der funktionalen Bedeutung des Grundstücks i. Rahmen einer Gesamtbildbetrachtung zu beurteilen.
Der BFH hat diese Grundsätze auf Vermietungsunternehmen übertragen (BFH, Urteil v. 18.6.2015, IV R 11/13). Er erachtete eine neu angemietete Filiale trotz unter 10 % liegendem Flächenanteil als wesentlich. Im aktuellen Fall stehen etwa 35 % in Rede.
Das FG verneint die Übertragung der Filialrechtsprechung auf Unternehmen mit unterschiedlichen Geschäftsbereichen – entgegen der Entscheidung des FG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 8.3.2018, 3 V 496/17 – und sieht diese als unverhältnismäßig an. Das FG Sachsen-Anhalt priorisiert, dass das unternehmerische Risiko durch Ausgleich der in einem Geschäftsbereich anfallenden Verluste durch die Gewinne eines anderen Geschäftsbereichs minimiert werden soll. Folge man dem, wäre eine sachliche Verflechtung mehr oder weniger voraussetzungslos zu bejahen, da so jeder weitere Geschäftsbereich zur Diversifizierung des Risikos geeignet wäre. Bei mit Einzelhandelsfilialen bebauten Grundstücken liegen hingegen i. d. R. ein gleichartiger Zuschnitt und unter räumlich-funktionalen Gesichtspunkten (Bindung eines bestimmten Kundenkreises) somit wesentliche Betriebsgrundlagen vor. Der Umsatzanteil aus der Stromerzeugung im Fall des FG Sachsen-Anhalt lag bei ca. 8 %, während er hier stets unter 1 % lag. Die Dachflächen ermöglichen der F. L. nicht den Betrieb eines der "Filiale" vergleichbaren eigenständigen Unternehmens.
Dachflächennutzung von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung
Die Dachflächennutzung ist daher im Verhältnis zu den übrigen Tätigkeitsbereichen der F. L. von nur untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung – insbesondere wegen des geringen Arbeitsaufwands, des geringen Anteils am Gesamtumsatz und da ihr Kerngeschäft auch ohne diese Flächen, die nicht auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten waren, fortgeführt werden konnte. Die Stromerzeugung wird auch isoliert betrachtet nicht durch die individuelle Lage der überlassenen Dachflächen bestimmt. Auf eine etwaige "Imageverbesserung" der F-Gruppe geht das FG nicht näher ein.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Das FG hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zugelassen. Die Revision ist beim BFH unter dem Az. III R 12/25 anhängig.
Hinweis: Mieter mit unterschiedlichen Geschäftsfeldern
Grundbesitzvermietende Gesellschaften sollten die erweiterte Grundstückskürzung insbesondere bei Mietern mit unterschiedlichen Geschäftsfeldern prüfen. Eine sachliche Verflechtung durch Flächenvermietung zur Stromerzeugung muss hier nicht zwingend vorliegen. Die quantitativen Aspekte wurden in der jüngeren BFH-Rechtsprechung durch die Funktionsrelevanz ersetzt; es spielt zudem keine Rolle mehr, ob eine Beherrschung des Betriebsunternehmens gerade durch das überlassene Grundstück erreicht wird. Der erfasste Grundstückstypus wurde jedoch deutlich erweitert.
Zu erwartendes BFH-Urteil mit wegweisendem Charakter
Das künftige BFH-Urteil wird wegweisend für die Behandlung von Betriebsaufspaltungen bei Unternehmen mit unterschiedlichen Geschäftsbereichen sein – auch im Mutter-Enkel-Verhältnis. Wünschenswert wäre eine Ausräumung der uneinheitlichen Anwendung der BFH-Rechtsprechung durch die beiden FG sowie eine Klarstellung, ob jede einzelne PV-Anlage für den Bereich der Stromgewinnung eine Filiale i. S. d. der Filialrechtsprechung darstellt.
Insbesondere wäre eine Aussage zur Schädlichkeit des Organschaftsverhältnisses interessant. Das FG verneint dies mit knapper Begründung, obwohl der BFH mit Urteil v. 30.10.2014, IV R 9/11, allein auf die Gewerbesteuerschuld des Organträgers abstellt. Zwar ist die Klägerin keine Organgesellschaft, die alle ihre Grundstücke an andere Organgesellschaften desselben Organkreises vermietet, da Mietverträge i. d. R. mit außenstehenden Dritten und nicht mit der F. L. geschlossen wurden. Eine nähere Beleuchtung der Anwendung von § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG wäre jedoch wünschenswert.
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