GmbH und Co. KG kann Organgesellschaft sein

Die nationale Regelung, wonach nur juristische Personen als Organgesellschaften in Betracht kommen, ist nicht unionsrechtskonform. Jedenfalls können auch kapitalistisch strukturierte Personengesellschaften Organgesellschaften sein. So das FG München.

Hintergrund:

Gestritten wurde darüber, ob die zwischen der Klägerin und einer mit ihr verbundenen GmbH & Co. KG ausgeführten Umsätze steuerpflichtige Umsätze oder nicht steuerbare Innenleistungen darstellen. Die Klägerin war Alleingesellschafterin einer GmbH, die wiederum Komplementärin der GmbH & Co. KG war. Außerdem war die Klägerin Kommanditistin (100 %-Beteiligung) in der KG. Ein vertretungsbefugter Generalbevollmächtigter der Klägerin war zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Gegenüber der KG erbrachte die Klägerin entgeltliche Leistungen auf den Gebieten Controlling, Finanzbuchhaltung, steuerliche und rechtliche Beratung, IT, Facility-Management sowie Personalverwaltung, denen für das Unternehmen der KG eine nicht nur unwesentliche Bedeutung zukam. Umgekehrt übernahm die KG mit dem Betrieb von Altenheimen für die Klägerin Teile deren Kerngeschäfts.

Entscheidung:

Nach Ansicht des FG ist die Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG – nachdem sich die Klägerin ausdrücklich auf Gemeinschaftsrecht berufen hat – unionsrechtskonform dahingehend zu erweitern, dass auch eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG in das Unternehmen eines Organträgers eingegliedert sein kann. Es ist danach nicht mit dem Grundsatz der Rechtsformneutralität vereinbar, die Wirkung der Organschaft auf eine juristische Person als Organgesellschaft zu beschränken. Die für das Vorliegen einer Organschaft erforderliche Beherrschung der Organgesellschaft durch den Organträger ist jedenfalls bei der im Streitfall vorliegenden, vom gesetzlichen Leitbild der Personengesellschaft abweichenden, kapitalistisch strukturierten Personengesellschaft jedenfalls gegeben. Denn eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG kann wie eine juristische Person – anders als eine natürliche Person oder eine lediglich aus natürlichen Personen bestehende Personengesellschaft – unselbständig dem Willen eines anderen Rechtsträgers (nämlich des Organträgers) unterworfen sein, da bei ihr lediglich eine GmbH und damit eine juristische Person als Komplementärin gem. § 164 HGB die Geschäfte führt.

FG München, Urteil v. 13.3.2013, 3 K 235/10

Praxishinweis:

In der Literatur wurde schon sehr frühzeitig darauf hingewiesen, dass auch Personengesellschaften als Organgesellschaften anerkannt werden müssten (vgl. Birkenfeld, UR 2008, S. 2, 5; Arne, DStR 2008, S. 910, 913). Die Finanzverwaltung wird sich dieser Ansicht wohl erst dann anschließen, wenn sie vom BFH bestätigt worden ist. Im Kern wird zu entscheiden sein, ob den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Vorgaben des Artikels 11 MwStSystRL ein Umsetzungsspielraum zusteht, wenn es um die Auslegung des Begriffs „Personen“ geht. Die neuere EuGH-Rechtsprechung (vgl. u. a. EuGH, Urteil v. 25.4.2013, C-480/10) dürfte die derzeitige Einschränkung der nationalen Organschaftsregelung nicht stützen. Vielmehr dürfte davon auszugehen sein, dass die Mitgliedstaaten nicht berechtigt sind, die „Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen“ (Organschaftsregelung) von weiteren einschränkenden Bedingungen abhängig zu machen. Ein allgemeiner Ausschluss unternehmerisch tätiger Personengesellschaften aus dem Kreis der Organgesellschaften lässt sich wohl auch nicht auf Artikel 11 Abs. 2 MwStSystRL stützen, da die Rechtsform der Personengesellschaft keine Besonderheiten aufweist, die in besonderer Form ein Vorgehen gegen Steuerhinterziehungen oder -umgehungen erfordert (so Wäger, UVR 2013, S. 205, 210).
Weil die derzeitige nationale Gesetzeslage sowie die entsprechenden Verwaltungsregelungen eindeutig sind, erscheinen erste Befürchtungen aus der Beraterschaft, wonach Personengesellschaften bereits jetzt „gegen ihren Willen“ als Organgesellschaften angesehen werden, unbegründet. Sollte sich die Finanzverwaltung zukünftig der Auffassung des Gerichts anschließen, ist mit umfangreichen Übergangsregelungen zu rechnen. Bis es soweit ist, sollten Unternehmen die derzeitige nationale Regelung (nur juristische Personen können Organgesellschaften sein) grundsätzlich noch beherzigen, andernfalls müssen sie die Umsetzung der Organschaft mit Personengesellschaften als Organgesellschaften gerichtlich durchsetzen und damit auf absehbare Zeit noch mit (erheblichen) Unsicherheiten rechnen. Weil zwischenzeitlich das Revisionsverfahren beim BFH anhängig ist (V R 25/13), können entsprechende Einsprüche allerdings erfolgreich zum Ruhen gebracht werden.

Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Organschaft, Personengesellschaft