Gewinnübertragung nach § 6b EStG

Bei Veräußerung von einer Personengesellschaft an eine Schwesterpersonengesellschaft kann der auf den Doppelgesellschafter entfallende Veräußerungsgewinn im Umfang seines Anteils an der Schwestergesellschaft übertragen werden; der fiktive Buchwert im Zeitpunkt der Veräußerung richtet sich nach den Regelungen über die Wertaufholung.

Hintergrund: Wertaufholung einer abgeschriebenen GmbH-Beteiligung  

An der R-KG ist die R-GmbH als Komplementärin zu 1 % und R zu 99 % als Kommanditist beteiligt. Die R-KG war zunächst zu 50 % an der D-GmbH beteiligt. 1996 schrieb die R-KG ihre Beteiligung auf einen (ganz geringen) Teilwert ab. 1997 erwarb sie den – fast wertlosen - anderen Geschäftsanteil hinzu und leistete zur Sanierung der GmbH eine Kapitalrücklage. 1998 beschloss sie die Zusammenlegung der beiden Geschäftsanteile zu einem Geschäftsanteil. Anschließend erfolgte eine vereinfachte Kapitalherabsetzung nach § 58a GmbHG. Das Nennkapital wurde nicht ausgezahlt, sondern mit dem Verlustvortragskonto der GmbH verrechnet. Sodann wurde eine Kapitalerhöhung beschlossen und die R-KG zur Übernahme zugelassen. Ihre Einlage erbrachte sie durch Verrechnung mit der in 1997 eingezahlten Kapitalrücklage und Zahlung des Restbetrags. Die Sanierung führte zum Erfolg. In 2006 veräußerte die R-KG ihre Beteiligung auf der Grundlage eines Wertgutachtens zu einem hohen Verkaufspreis an die E-KG. An ihr ist R zu 100 % als Kommanditist beteiligt. Der Veräußerungsgewinn wurde zu 1 % der R-GmbH und zu 99 % R zugewiesen. Für R wurde in Höhe der Gewinnzuweisung in einer Ergänzungsbilanz ein Posten nach § 6b EStG für die Übertragung des Gewinns auf die Anschaffungskosten der Anteile an der D-GmbH durch die E-KG gebildet.

Das FA nahm in 2006 eine Wertaufholung der Teilwertabschreibung aus 1996 vor. Das Gutachten belege, dass die Beteiligung bereits vor dem Verkauf wieder werthaltig gewesen sei. Das FA erhöhte den Buchwert der GmbH-Anteile und setzte den für eine gewinnneutrale Übertragung nach § 6b EStG zur Verfügung stehenden Veräußerungsgewinn herab. Die R-KG vertrat dagegen die Auffassung, die Kapitalherabsetzung in 1998 habe dazu geführt, dass die Gesellschaftsrechte im Wesentlichen erloschen seien. Es seien – mit Ausnahme des verbliebenen geringen Anteils – keine Gesellschaftsanteile mehr vorhanden, für die eine Wertaufholung möglich sei. Dem widersprach das FG und wies die Klage ab.         

Entscheidung: Veräußerung an eine Schwesterpersonengesellschaft

Wegen der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise erlaubt § 6b EStG die Übertragung eines dem Gesellschafter zuzurechnenden Veräußerungsgewinns auch auf Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters sowie in Höhe des auf den Gesellschafter entfallenden ideellen Anteils auf Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens einer anderen Personengesellschaft, an der der Gesellschafter ebenfalls als Mitunternehmer beteiligt ist. Das gilt auch dann wenn – wie im Streitfall – das Wirtschaftsgut an eine Schwestergesellschaft (hier: E-KG) veräußert wird.

Wertaufholung zum fiktiven Buchwert im Veräußerungszeitpunkt

Der nach § 6b übertragbare Gewinn ergibt sich aus dem Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert übersteigt, mit dem das veräußerte Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Veräußerung anzusetzen gewesen wäre. Bei der danach erforderlichen Ermittlung des fiktiven Buchwerts auf den Zeitpunkt der Veräußerung sind die Bewertungsregeln des § 6 EStG und damit auch das Wertaufholungsgebot (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG) zu beachten. Teilwertabschreibungen aus den Vorjahren sind damit durch eine Zuschreibung bis zur Obergrenze der Anschaffungskosten rückgängig zu machen, soweit nicht auch für das jeweilige Folgejahr ein niedriger Teilwert nachgewiesen werden kann.

Bewertung nach den Anschaffungskosten

Maßstab für die Bewertung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sind die Anschaffungskosten, zu denen auch Nachschüsse und sonstige Kapitalzuführungen durch die Gesellschafter gehören. Eine Herabsetzung des Nennkapitals, ohne dass es – wie hier – zu einer Auskehrung des Herabsetzungsbetrags an die Anteilseigner kommt, wirkt sich auf die Anschaffungskosten nicht aus. Demnach mindern sich die Anschaffungskosten auch nicht bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung – wie hier – nach § 58a GmbHG. Auch die Zusammenlegung der Geschäftsanteile lässt die Anschaffungskosten unberührt. Entgegen der mit der Revision vorgetragenen Ansicht scheitert die Wertaufholung nicht daran, dass der in 1996 teilweise abgeschriebene Anteil zwischenzeitlich ganz oder teilweise vernichtet worden wäre. Die Anteile an der D-GmbH befanden sich als eine einzige aufgestockte Beteiligung dauernd im Betriebsvermögen der R-KG. Da R nur zu 99 % am Gesamthandsvermögen der übertragenden R-KG beteiligt ist, entfiel auf ihn nur ein entsprechender Anteil des Veräußerungsgewinns. 

Veräußerungsgewinn ist laufender Gewinn

Der Gewinn, soweit er im Umfang der Wertaufholung nicht nach § 6b EStG gewinnneutral übertragen werden konnte, war als laufender Gesamthandsgewinn und nicht als begünstigter Veräußerungsgewinn i.S.v. § 16 Abs. 4 EStG festzustellen. Denn der Buchwert der Beteiligung bestimmt sich auch in diesem Fall nach dem Veräußerungszeitpunkt, so dass ebenfalls nur der anteilige geringe Betrag als begünstigt beurteilt werden könnte und es hinsichtlich der Wertaufholung bei der Erfassung als laufender Gewinn verbleibt. Der auf R entfallende Gewinn, soweit er auf einer fiktiven Wertaufholung beruht, ist auch nicht nach § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG anteilig steuerfrei, da der Ansatz des niedrigeren Teilwerts in vollem Umfang zu einer Gewinnminderung geführt hat.

Hinweis: Kapitalherabsetzung führt nicht zum Erlöschen der Gesellschaftsrechte

Die R-KG geht davon aus, die Kapitalherabsetzung verbunden mit der Kapitalerhöhung sei wirtschaftlich ein "Neustart" gewesen. Aufgrund der Kapitalherabsetzung sei – abgesehen von dem verbliebenen geringen Anteil - kein Geschäftsanteil mehr vorhanden gewesen, der wieder hätte werthaltig werden können. Wirtschaftlich habe es sich um eine Neugründung gehandelt. Der BFH widerspricht dieser Betrachtung. Eine Sanierung, bei der der Rechtsträger erhalten bleibt, kann nicht mit einer Abwicklung und anschließenden Neugründung gleichgesetzt werden.

BFH, Urteil v. 9.11.2017, IV R 19/14, veröffentlicht am 7.2.2018