Aufwendungen zur Verteidigung gegen den Vorwurf der Bestechung zur Erlangung von Aufträgen - Vorsteuerabzug bei Beauftragung durch mehrere Auftraggeber (hier: Beschuldigter und Unternehmen).

Hintergrund

A war Einzelunternehmer und Mehrheitsgesellschafter der A-GmbH. A und X waren Geschäftsführer, Prokurist war P. Gegen A und P wurden strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet, die später eingestellt wurden. Die GmbH habe zur Erlangung eines Auftrags Zuwendungen geleistet, die als "Bestechung" oder Beihilfe durch A, X und P zu würdigen seien.

A wurde durch einen Rechtsanwalt (RA I) und P durch eine Rechtsanwältin (RA II) vertreten. Auftraggeber des RA I waren A und die GmbH, Auftraggeber der RA II waren P und die GmbH. Die Honorarvereinbarungen waren nur für die GmbH, vertreten durch A und P als Geschäftsführer unterschrieben und mit dem Firmenstempel der GmbH versehen. Beide RAe erteilten jeweils eine an die GmbH adressierte Rechnung. Aus diesen Rechnungen nahm A - als Organträger der GmbH - den Vorsteuerabzug vor.

Entscheidung

Erste Vorlagefrage: Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass der Steuerpflichtige Gegenstände und Dienstleistungen "für Zwecke seiner besteuerten Umsätze" verwendet (Art. 17 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 77/388/EWG). Der Vorsteuerabzug setzt einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung voraus. Hierbei stellt sich die Frage, ob bei der Bestimmung dieses Zusammenhangs der objektive Inhalt der bezogenen Leistung oder der - ggf. aus Sicht des Unternehmers zu beurteilende - Entstehungsgrund für den Bezug der Leistung maßgebend ist.

Nach ihrer objektiven Natur diente die Anwaltsleistung dazu, das private Interesse der Beschuldigten gegen die Strafverfolgungsmaßnahmen zu schützen. Der Entstehungsgrund lag jedoch in der Umsatztätigkeit der GmbH, sodass insoweit ein wirtschaftlicher Zusammenhang bestand und A zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre.

Zweite Vorlagefrage: Besteht dem Grunde nach die Vorsteuerabzugsberechtigung, stellt sich die weitere Frage, ob die Beauftragung durch zwei Auftraggeber einem Vorsteuerabzug des A entgegensteht.

Bestehen keine weiteren Vereinbarungen dazu, welcher der Auftraggeber in welchem Umfang die Leistung zu vergüten hat, sind nach nationalem Zivilrecht beide Auftraggeber zur Zahlung des vollen Entgelts verpflichtet. Der Leistende kann das Entgelt nur einmal fordern, jedoch nach seinem Belieben jeden der beiden ganz oder teilweise in Anspruch nehmen. Der Leistende kann bei einer - wie im Streitfall - unteilbaren Leistung diese nur gemeinschaftlich an alle erbringen und die Auftraggeber können nur Leistung an alle fordern.

Der BFH zeigt drei Lösungen für den Vorsteuerabzug auf:

a) nach der von einem oder beiden Auftraggebern akzeptierten Rechnung des Leistenden und der Zahlung durch den Rechnungsempfänger;

b) nach der Anzahl der Auftraggeber oder

c) nach den Vereinbarungen zwischen den Auftraggebern über die Kostentragung.

Beide Vorlagefragen sind entscheidungserheblich dafür, ob A der geltend gemachte Vorsteuerabzug zusteht. Sie lassen sich anhand der Rechtsprechung des EuGH nicht eindeutig beantworten. Wegen dieser rechtlichen Zweifel ist die Vorlage an den EuGH geboten.

Beschluss v. 22.12.2011, V R 29/10, veröffentlicht am 7.3.2012