Erstattungszinsen - keine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes

Erstattungszinsen sind steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen. Es handelt sich nicht um ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte.

Hintergrund

A entrichtete 1997 eine ESt-Nachzahlung von rund 725.000 DM für 1995. Die Nachzahlung entfiel auf einen Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf einer KG-Beteiligung. Im Streitjahr 2006 stellte sich jedoch der Ausfall der Kaufpreisforderung heraus. Das FA änderte daher aufgrund eines geänderten Grundlagenbescheids den ESt-Bescheid 1995 unter Ansatz eines Veräußerungsgewinns von 0 EUR und setzte Erstattungszinsen fest. Bei der Steuerfestsetzung im ESt-Bescheid 2006 berücksichtigte das FA bei den Einnahmen der A aus Kapitalvermögen die in 2006 zugeflossenen Erstattungszinsen von rund 118.000 EUR.

Das FG wies die Klage unter Hinweis auf die rückwirkend in Kraft getretene Gesetzesänderung ab § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG).

Entscheidung

Der BFH bestätigt die Rechtsauffassung des FA und des FG und wies die Revision als unbegründet zurück.

Der BFH hatte - entgegen früherer Rechtsprechung - in 2010 entschieden, Steuererstattungen und daran anknüpfende Erstattungszinsen gehörten zum nichtsteuerbaren Bereich (Urteil v. 15.6.2010, VIII R 33/07, BStBl II 2011, 503). Dieser Auffassung ist der Gesetzgeber sogleich im Jahressteuergesetz 2010 entgegen getreten und hat auf der Einnahmenseite ausdrücklich normiert, dass Erstattungszinsen als Kapitaleinkünfte der Besteuerung unterliegen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F.). Die Neuregelung gilt rückwirkend für alle noch offenen Fälle und ist daher auch im Streitfall anzuwenden.

Verfassungsrechtliche Bedenken, die im Schrifttum erhoben werden, weist der BFH zurück. Zwar handelt es sich um eine grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung, d.h. um die nachträgliche Belastung eines in der Vergangenheit liegende Verhaltens. Eine solche echte Rückwirkung ist jedoch ausnahmsweise zulässig wenn der Gesetzgeber - wie hier - lediglich die Rechtslage für die Vergangenheit so regelt, wie sie vor der Rechtsprechungsänderung bestand. Ein schützenswertes Vertrauen konnte sich angesichts der Gesetzesentwicklung und des kurzen Zeitraums zwischen der Veröffentlichung des BFH-Urteils (September 2010) und dem Inkrafttreten des JStG 2010 (Dezember 2010) nicht bilden, zumal A in dieser Zwischenzeit keine Vermögensdispositionen getroffen hat.

Die Erstattungszinsen sind auch keine ermäßigt zu besteuernden außerordentlichen Einkünfte. Zum einen handelt es sich nicht um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit. Denn die Zinszahlung vergütet keine Tätigkeit. Zum anderen liegt keine untypische Zusammenballung von Einkünften vor. Die Festsetzung von Erstattungszinsen für einen längeren, periodenübergreifenden Zeitraum ist nicht untypisch.   

Hinweis

Die Entscheidung verdeutlicht zum wiederholten Mal, dass der Gesetzgeber sehr schnell bei der Hand ist, wenn es darum geht, eine bürgerfreundliche Rechtsprechung zu korrigieren. Wird die bisherige Rechtslage wiederhergestellt, scheidet ein Vertrauensschutz regelmäßig aus. Das gilt auch dann, wenn in der Zwischenzeit Dispositionen getroffen wurden. Denn dem Steuerzahler kann in einem solchen Fall wohl immer entgegengehalten werden, dass er mit der Aushebelung der Rechtsprechungsänderung rechnen musste.

BFH, Urteil v. 12.11.2013, VIII R 36/10, veröffentlicht am 12.2.2014

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