Erstattungsanspruch im Rahmen des Düsseldorfer Verfahrens

Ein Bordellbetreiber, der im Rahmen des sog. Düsseldorfer Verfahrens freiwillig Vorauszahlungen auf die ESt- und USt-Schuld der Prostituierten leistet, kann nicht nachträglich Rückzahlung an sich verlangen.

Hintergrund

A betrieb einen Club, in dem weibliche Prostituierte auf Honorarbasis ihre Dienste anboten. Im Streitzeitraum nahm A durchgehend am sog. Düsseldorfer Verfahren teil. Nach diesem Verfahren, das mit A abgesprochen war, sollte A bei jeder Prostituierten pro Anwesenheitstag 15 EUR einbehalten, Namen, Anschrift sowie Anwesenheitsdaten notieren und den Gesamtbetrag nach Monatsablauf an das FA abführen. Das FA hatte die Beträge unter einer gesonderten Steuernummer für den Betrieb des A als Vorauszahlungen auf die ESt und USt der Prostituierten zu vereinnahmen und bei Erteilung etwaiger Jahressteuerbescheide anteilig auf die festgesetzten Steuern anzurechnen. A hatte die Beträge als durchlaufende Posten zu erfassen. A zahlte nach diesem Verfahren für die streitigen 6 Jahre 113.000 EUR an das FA.

Später beantragte A vom FA die Erstattung der gezahlten Beträge mit der Begründung, er sei für die Steuern der Prostituierten nicht verantwortlich und außerdem gebe es für das Düsseldorfer Verfahren keine Rechtsgrundlage. Das FG wies die Klage mit dem Hinweis ab, Steuerschuldner seien die Prostituierten. A habe daher nicht auf eigene Rechnung, sondern auf Rechnung der Prostituierten gezahlt, sodass ihm kein Erstattungsanspruch zustehe.

Entscheidung

Erstattungsberechtigt ist nach § 37 Abs. 2 AO derjenige, auf dessen Rechnung und nicht auf dessen Kosten gezahlt wurde. Es kommt nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt wurde, sondern nur darauf, wessen Steuerschulden nach dem Willen des Zahlenden, wie er dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollten. Demnach steht A kein Erstattungsanspruch zu. Denn er hat mit den Zahlungen auf die ESt und USt der Prostituierten und nicht auf eine eigene Steuerschuld Vorauszahlungen geleistet. Steuerschuldner sind die jeweiligen Prostituierten. Sie haben je nach dem Umfang ihrer Tätigkeit Vorauszahlungen auf ihre voraussichtliche USt und ESt zu leisten. Dem steht nicht entgegen, dass den Zahlungen des A keine gesetzliche Steuerentrichtungspflicht zugrunde lag. Denn auch ein Dritter kann freiwillig die Leistung für den Steuerpflichtigen erbringen, wenn dieser - wie hier - nicht in Person leisten muss.

Das Düsseldorfer Verfahren ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Denn Leistungen aus dem Steuerschuldverhältnis gegenüber dem FA können auch durch Dritte bewirkt werden (§ 48 Abs. 1 AO). Die Höhe einer von den Prostituierten eventuell geschuldeten Steuer wird im Rahmen des Düsseldorfer Verfahrens nicht verhandelt, da eine abschließende Berechnung der Steuerhöhe erst im Festsetzungsverfahren erfolgt und eine etwaige Überzahlung an die bei A tätigen Prostituierten erstattet wird. Somit haben die Zahlungen des A auch keinen Abgeltungscharakter, weil die Leistung der Vorauszahlungen durch A die Prostituierten nicht von der Abgabe einer Steuererklärung und der Zahlung der tatsächlich angefallenen Steuern entbindet. Aus der Teilnahme des A am Düsseldorfer Verfahren ergibt sich, dass er nicht auf eigene Rechnung gezahlt hat. Denn aus den Einnahmen der Prostituierten folgt jedenfalls für ihn keine eigene Steuerpflicht.

Nach § 48 Abs. 2 AO können sich Dritte vertraglich verpflichten, für Verpflichtungen des Steuerschuldners gegenüber dem FA einzustehen. Mit dieser vertraglichen Verpflichtung entsteht eine eigene Schuld des Dritten, die neben die Verpflichtung des Steuerschuldners tritt. Diese Verpflichtung und auch deren Umkehrung (Bereicherungsanspruch) richten sich allerdings nach bürgerlichem Recht. Die Rückabwicklung einer Zahlung aufgrund einer solchen privatrechtlichen Abmachung fällt nicht unter den abgabenrechtlichen Erstattungsanspruch des § 37 Abs. 2 AO. Für den Streitfall ist indes nicht erkennbar, dass A eine eigene Leistungspflicht bzw. Einstandspflicht hätte begründen wollen. Er hat vielmehr freiwillig auf die Steuerschuld der Prostituierten gezahlt.

Die Revision des A wurde daher zurückgewiesen.

Hinweis

Nach den Feststellungen des FG waren die Prostituierten nicht in den Club des A eingegliedert. Sie konnten über ihre Arbeitszeit selbst bestimmen und waren damit keine Arbeitnehmerinnen des A. Sie erzielten - anders als nach der früheren Rechtsprechung - keine sonstigen Einkünfte i.S.v. § 22 Nr. 3 EStG, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb (grundlegend: BFH v. 20.2.2013, GrS 1/12, BStBl II 2013, 441). Ihre Leistungen waren als sonstige Leistungen gegen Entgelt umsatzsteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Steuerschuldner war daher nicht A, sondern die einzelne Prostituierte.

Die Finanzverwaltung bietet mit dem Düsseldorfer Verfahren den Betreibern von Bordellen und den dort tätigen Prostituierten die Möglichkeit, die von den Prostituierten als Steuerschuldner geschuldeten Vorauszahlungen in vereinfachter Form zu leisten. Die Vorauszahlungen werden festgehalten und können auf Antrag der Prostituierten auf ihre Jahresteuer angerechnet werden. Im Gegenzug sichert das FA dem Betreiber zu, auf häufige Prüfungen zu verzichten(Einzelheiten unter 


Der BFH anerkennt grundsätzlich das Düsseldorfer Verfahren und betont, dass in diesem Vorgehen kein unzulässiges Aushandeln der Steuer gesehen werden kann. Denn für die Höhe der geschuldeten Steuer ist erst die endgültige Festsetzung im Bescheid maßgebend, auch wenn es aus vielerlei Gründen tatsächlich nicht selten gar nicht einer nachfolgenden Steuerfestsetzung kommen dürfte.  

BFH, Beschluss v. 12.5.2016, VII R 50/14, veröffentlicht am 29.6.2016

Schlagworte zum Thema:  Einkommensteuer, Lohnsteuer, Abgabenordnung