Erhöhte Absetzungen nach § 7h EStG für eine Eigentumswohnung

Aufwendungen für eine Eigentumswohnung, mit der neuer Wohnraum geschaffen wurde, können begünstigt sein, wenn und soweit sie sich auf den Altbaubestand beziehen und die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1, 2 EStG erfüllen. Unerheblich ist, ob und mit welchem Anteil die begünstigten Aufwendungen das Sondereigentum oder das Gemeinschaftseigentum betreffen.

Hintergrund: Errichtung einer Penthouse-Wohnung auf vorhandener Altbausubstanz

Die Käufer erwarben eine Eigentumswohnung (ETW) aus einem umfassenden Modernisierungs- und Neubauprojekt einer Bauträgerin (GmbH) mit 91 Wohnungen. Die GmbH sanierte teilweise die denkmalgeschützte Altbausubstanz. Die Wohnung der Käufer wurde als Penthouse auf die vorhandene Altbausubstanz als weiteres Geschoss neu aufgebaut. Das dazu gehörende Gemeinschaftseigentum gehörte zur Altbausubstanz, die umfangreich modernisiert und saniert wurde. Das Bezirksamt bescheinigte begünstigte Aufwendungen i.S.v. § 7h bzw. § 10f EStG für Modernisierungsmaßnahmen, die die Altbausubstanz betrafen, und grenzte diese ab von nicht begünstigten Neubaukosten und nichtbegünstigten Modernisierungsmaßnahmen im Gebäude vor dem Erwerb. Die Behörde erließ den Bescheid unter dem Vorbehalt, dass die Finanzbehörde weitere steuerrechtliche Voraussetzungen prüfe. Die Käufer begehrten sowohl für den Neubau als auch für das sich auf die Altbausubstanz beziehende Gemeinschaftseigentum erhöhte Absetzungen nach § 7h EStG.

Das FA kam zu dem Ergebnis, dass die ETW nicht nach § 7h EStG begünstigt sei, da es sich um einen Neubau handele. Auch der auf das Gemeinschaftseigentum für diese Wohnung entfallende Anteil der Modernisierungsaufwendungen sei nicht begünstigt, da es für eine Aufteilung des einheitlichen Wirtschaftsguts in einen Anteil für das Sondereigentum und einen Anteil für das Gemeinschaftseigentum keine Rechtsgrundlage gebe. Die gegen den entsprechenden Feststellungsbescheid gerichtete Klage wies das FG mit der Begründung ab, der Neubau sei generell nicht förderungsfähig. Das sich im Bereich der Altbausubstanz befindliche Gemeinschaftseigentum sei dem einheitlichen Wirtschaftsgut "ETW" zuzurechnen und könne nicht gesondert beurteilt werden.

Entscheidung: Bindende Bescheinigung der Gemeindebehörde

Die erhöhten Absetzungen können nur in Anspruch genommen werden, wenn durch eine Bescheinigung der Gemeindebehörde die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 EStG nachgewiesen werden. Die Bescheinigung ist als Grundlagenbescheid bindend. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die in § 7h Abs. 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale (Belegenheit im Sanierungsgebiet, Durchführung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, Erhaltung, Erneuerung und funktionsgerechte Verwendung eines Gebäudes, Gewährung von Zuschüssen). Die Reichweite der Bindung im Einzelfall ist durch Auslegung der Bescheinigung zu ermitteln. Hat die Bescheinigungsbehörde eine bindende Entscheidung über die Voraussetzungen des § 7h Abs. 1 EStG getroffen, hat das FA diese im Besteuerungsverfahren ohne weitere Rechtmäßigkeitsprüfung zugrunde zu legen. Besteht eine wirksame und damit bindende Bescheinigung, ist es daher unerheblich, ob die Aufwendungen tatsächlich und ggf. zu welchen Teilen im Sonder- oder im Gemeinschaftseigentum angefallen sind, und ob sich eine entsprechende Zuordnung aus der Bescheinigung ergibt. Diese Frage betrifft die Beurteilung, ob die Aufwendungen materiell-rechtlich begünstigt sind und so wie geschehen bescheinigt werden durften. Für die Wirksamkeit und den Geltungsanspruch der Bescheinigung ist es grundsätzlich gleichgültig, ob sie rechtmäßig ist.

Schaffung neuen Wohnraums ist begünstigt

Der BFH bemerkt ergänzend, dass es unschädlich ist, wenn Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen ausschließlich im Gemeinschaftseigentum, nicht jedoch im Sondereigentum angefallen sind; dasselbe gilt umgekehrt. Es ist deshalb auch unschädlich, wenn im Zuge einer Baumaßnahme neuer Wohnraum geschaffen wird. Denn für die Frage, ob ein Objekt bereits vorhanden war, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Es reicht aus, wenn das Objekt im Kern bereits vorhanden war. War das anteilige Gemeinschaftseigentum bereits vorhanden, war folglich auch das Objekt "ETW" im Kern bereits vorhanden und kann begünstigt sein. Auch bei einem Aufsatz eines zusätzlichen Dachgeschosses – wie im Streitfall – ist nicht etwa der dafür geschaffene Baukörper in seiner Gesamtheit dem Sondereigentum zuzuordnen. Vielmehr sind wesentliche Teile dieses technischen Neubaus, insbesondere Geschossdecke, Dach und tragende Wände, Teil des Gemeinschaftseigentums. Sie sind im anteiligen Gemeinschaftseigentum aller Eigentümer und als Neubaumaßnahmen nicht begünstigt. Darin liegt keine unzulässige Aufteilung des einheitlichen Objekts "ETW". Ebenso wie bei ungeteilten Gebäuden können bei ETW bestimmte Baumaßnahmen begünstigt sein, auch wenn andere Baumaßnahmen es nicht sind.

Die Ertragsteuer betreffende Vorbehalte und Erläuterungen stehen der Bindungswirkung nicht entgegen

Im Streitfall hat das Bezirksamt bindend festgestellt, dass an der ETW in dem nicht bestrittenen Umfang Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nach dem Erwerb durchgeführt wurden. Der Vorbehalt in der Bescheinigung (Zugehörigkeit zu den AK, HK, WK usw.) betrifft die ertragsteuerrechtliche Einkünfteermittlung und hat keinen Einfluss auf die Frage, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen vorliegen. Der Bindungswille wird dadurch nicht in Frage gestellt. Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. Der Feststellungsbescheid wurde dahin geändert, dass die Bemessungsgrundlage für den Abzug nach §§ 7h, 10f EStG auf 55.000 EUR und für die AfA nach § 7 EStG auf 577.000 EUR festgesetzt wurde.  

Hinweis: Unwirksame Bescheinigung rechtfertigt finanzamtliche Schätzung

Das FA hat die bindende Entscheidung über eine der in § 7h EStG genannten Voraussetzungen ohne weitere Rechtmäßigkeitsprüfung im Besteuerungsverfahren zugrunde zu legen, es sei denn, sie wäre nach § 125 AO nichtig und deshalb unwirksam. Hat die Behörde bei verständiger Auslegung über eine der Voraussetzungen keine wirksame (bindende) oder überhaupt keine Entscheidung getroffen, führt dies nicht zur Prüfungsbefugnis des FA, sondern bedeutet lediglich, dass die in § 7 Abs. 2 EStG geforderte Bescheinigung nicht vorliegt. Das FA ist in diesem Fall lediglich zu einer vorläufigen Schätzung befugt. Hat sich die Bescheinigungsbehörde umgekehrt zu Fragen geäußert, die nicht in ihre Zuständigkeit gehören, sind ihre Aussagen insoweit nicht bindend.

BFH, Urteil v. 10.10.2017, X R 6/16; veröffentlicht am 28.2.2018