Einkünfte von Ehegatten aus einer Photovoltaikanlage

Betreiben zusammen veranlagte Ehegatten in GbR eine Photovoltaikanlage auf ihrem eigengenutzten Wohnhaus, hat eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen regelmäßig zu unterbleiben.

Hintergrund: Gewinnfeststellungsbescheid gegenüber der GbR

Die zusammen zur ESt veranlagten Ehegatten bilden eine GbR, die auf einem von ihnen bewohnten Wohngrundstück eine Photovoltaikanlage (PVA) betreibt. Die erzeugte Energie nutzen sie zum Teil privat, zum Teil wird sie an einen Stromversorger veräußert.

Die Eheleute reichten für 2014 eine ESt-Erklärung ein, mit der sie einen Verlust aus dem Betrieb der Anlage erklärten. Für die GbR reichten sie GewSt- und USt-Erklärungen ein, aber keine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte.

Das FA schätzte darauf die Einkünfte der GbR anhand der Gewinnermittlung und erließ einen entsprechenden Gewinnfeststellungsbescheid.

Mit der Klage wandten sich die Eheleute nicht gegen die Art oder Höhe der festgestellten Einkünfte, sondern nur gegen die Vornahme einer gesonderten und einheitlichen Feststellung. Das FG bejahte die Voraussetzungen eines Falls von geringer Bedeutung (§ 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO) und gab der Klage statt. Mit der Revision trug das FA vor, wegen unterschiedlicher Bearbeiter und Bearbeitungszeiten für die GbR und die Gesellschafter innerhalb des FA bestehe ohne eine gesonderte Gewinnfeststellung die Gefahr divergierender Entscheidungen. 

Entscheidung: Regelmäßig keine gesonderte Gewinnfeststellung im Fall einer Ehegatten-GbR

Der BFH wies die Revision des FA zurück. Er bestätigt die Auffassung des FG, dass ein Fall von geringer Bedeutung vorliegt und ein Gewinnfeststellungsverfahren daher nicht durchzuführen ist.

Vereinfachungsregelung für klare Fälle

Nach § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO sind die Einkünfte nicht gesondert festzustellen, wenn es sich um einen Fall von geringer Bedeutung handelt. Das liegt insbesondere vor, wenn die Höhe des festgestellten Betrags und die Aufteilung feststehen. Die Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung, ohne dass eine einheitliche Rechtsanwendung gefährdet ist. Eine geringe Bedeutung ist daher zu bejahen, wenn die Gefahr divergierender Entscheidungen gegenüber den einzelnen Feststellungsbeteiligten nahezu ausgeschlossen ist. Das wird angenommen, wenn

  • für die Gewinnfeststellung gegenüber der Gesellschaft und die Ertragsbesteuerung der Gesellschafter dieselbe Behörde zuständig ist,
  • es sich um einen kurzfristigen und leicht überschaubaren Vorgang handelt
  • und zudem die festzustellenden Besteuerungsgrundlagen nach Art und Höhe unstreitig sind (BFH, Urteil v. 7.2.2007, I R 27/06, BStBl II 2008, 526, Rz 24).

Entscheidungsbefugnis desselben FA, nicht desselben Bearbeiters

Entgegen der Ansicht des FA ist für die Frage, ob die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen wegen unterschiedlicher Zuständigkeiten besteht, nur auf die Zuständigkeitskonzentration auf eine Finanzbehörde, nicht – noch weiter gehend – auf die interne funktionale Zuständigkeit einer Person abzustellen. Denn wenn ein FA, das für die gesonderte Feststellung zuständig wäre (Betriebs-FA), für die ESt-Besteuerung der Gesellschafter zuständig ist (Wohnsitz-FA) sowie regelmäßig auch die Zuständigkeit für die USt (Ort des Betreibens) und den GewSt-Messbescheid (Betriebs-FA) hat, ist gewährleistet, dass der zuständige Entscheidungsträger widerspruchsfreie Entscheidungen treffen kann. Es ist dann Sache des FA, die internen Abläufe so zu gestalten, dass die erforderlichen Informationen aus der Sphäre der Gesellschaft auch den Bearbeiter der ESt-Veranlagung erreichen.

Die USt-Pflicht der GbR schließt einen Fall von geringer Bedeutung nicht aus

Dem FA ist nicht darin zu folgen, dass bereits die Erhebung der USt der Annahme eines Falles von geringer Bedeutung entgegensteht. Das gilt auch dann, wenn – zwecks Vorsteuerabzugsberechtigung – auf die Besteuerung als Kleinunternehmer verzichtet bzw. zur USt-Pflicht optiert wird (§ 19 Abs. 2 Satz 1 UStG).

Das FA durfte keine Gewinnfeststellung durchführen

Hiervon ausgehend liegt im Streitfall ein Fall von geringer Bedeutung vor. Denn über die Art, die Höhe und die (hälftige) Aufteilung der Einkünfte besteht zwischen den Eheleuten kein Streit und das FA ist nicht nur für die ESt-Veranlagung zuständig (Wohnsitz-FA), sondern wäre auch für die Gewinnfeststellung der GbR zuständig (Betriebs-FA), wenn eine solche durchzuführen wäre. Eine Gewinnfeststellung war daher nicht durchzuführen. Die Entscheidung darüber steht nicht im Ermessen des FA, sondern ist eine gebundene Entscheidung (BFH, Urteil v. 12.4.2016, VIII R 24/15, BFH/NV 2016, 1537).

Hinweis: Wegfall eines unnötigen Verfahrens

Der Aufwand für die Erstellung einer Feststellungserklärung und das Durchlaufen eines weiteren Verfahrens neben der ESt-Veranlagung werden somit erspart. Außerdem wird auch das FA von der Durchführung eines unnötigen Verfahrens befreit. Zur Beseitigung von Unklarheiten kann das FA durch Negativbescheid nach § 180 Abs. 3 Satz 2 AO die Feststellung treffen, dass keine gesonderte Feststellung durchzuführen ist.

Prüfung in jedem Veranlagungszeitraum

Der BFH betont, dass allein die Zusammenveranlagung noch nicht zur Annahme eines Falls von geringer Bedeutung führt (BFH, Urteil v. 16.3.2004, IV R 58/02, BFH/NV 2004, 1211). Ebenso wenig reicht dafür aus, dass das FA für alle an den Einkünften beteiligten Personen zuständig ist (BFH, Urteil v. 14.2.2008, IV R 44/05, BFH/NV 2008, 1156). Es muss hinzukommen, dass der Vorgang überschaubar ist und kein Streit besteht. Diese Voraussetzungen müssen in jedem Veranlagungszeitraum vorliegen und entsprechend geprüft werden. Sie müssen allerdings nicht fortlaufend gegeben sein. 

BFH Urteil vom 06.02.2020 - IV R 6/17 (veröffentlicht am 02.07.2020)

Alle am 02.07.2020 veröffentlichten Entscheidungen.