Beschränkter Abzug von Kinderbetreuungskosten

Die Abzugsbeschränkung auf zwei Drittel der Aufwendungen und den Höchstbetrag von 4.000 EUR ist nicht verfassungswidrig. Schwangerschaft ist keine Krankheit (Rechtslage bis 2011).

Hintergrund
Der BFH entschied - zur Rechtslage vor 2012 -, dass Schwangerschaft keine Krankheit darstellt und damit die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten nicht erfüllt sind. Außerdem wies der BFH die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des - auch ab 2012 geltenden - eingeschränkten Abzugs von Kinderbetreuungskosten zurück.

Die Eheleute haben zwei Kinder, geboren 2004 und 2006. Im Streitjahr 2006 war nur der Ehemann berufstätig. Während der Schwangerschaft in 2006 wurde das ältere Kind von einer Tagesmutter betreut. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht lehnten den Abzug der Kinderbetreuungskosten (rund 2.000 EUR) ab.

Entscheidung
Der BFH geht zunächst auf die Rechtslage bis 2011 ein. Danach konnten Kinderbetreuungskosten nur bei besonderen persönlichen Voraussetzungen steuerlich berücksichtigt werden. Bei zusammen lebenden Eltern musste, wenn ein Elternteil (wie im Streitfall der Ehemann) berufstätig war, der andere entweder ebenfalls erwerbstätig sein oder sich in Ausbildung befinden, behindert oder krank sein. Die Erkrankung musste mindestens drei Monate bestanden haben (§ 10 Abs. 1 Nr. 8 EStG a.F.).

In Anlehnung an das Sozialversicherungsrecht entschied der BFH, dass eine Schwangerschaft nur dann eine Krankheit darstellt, wenn länger als drei Monate andauernde gesundheitliche Komplikationen auftreten. Das lag im Streitfall nicht vor, sodass die Abzugsvoraussetzungen nicht gegeben waren.

Sodann bestätigt der BFH seine Rechtsprechung, dass die - weiterhin geltende - Abzugsbeschränkung auf zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR je Kind, die Eltern nicht in ihren Grundrechten verletzt (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG n.F.). Der Abzug in tatsächlicher Höhe ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Der BFH hat dazu schon früher ausgeführt nach der Rechtsprechung des BVerfG müssten zwar die erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten grundsätzlich in realitätsgerechter Höhe abziehbar sein, der Gesetzgeber könne jedoch mit einer Pauschalierung eine Obergrenze festlegen, die dem typischen Fall gerecht wird. Außerdem ist die Regelung im Zusammenhang mit dem BEA-Freibetrag (FB für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf nach § 32 Abs. 6 EStG ) zu sehen. Der BEA-Freibetrag (im Streitjahr 2006: 1.080; ab 2010: 1320 EUR) erfasst nicht nur den Eigenbetreuungsbedarf, sondern auch den Fremdbetreuungsbedarf.

Hinweis
Dass der BFH - für die Jahre bis 2011 - eine Schwangerschaft nicht als Krankheit anerkannt hat, ist kritisch zu sehen. Denn auch eine normal verlaufende Schwangerschaft kann eine Gesundheitsbeeinträchtigung darstellen, die eine Kinderbetreuung erfordert, weil die Mutter das Kind nicht mehr wie bisher betreuen kann. Die Frage hat sich ab 2012 mit dem Wegfall der personenbezogenen Voraussetzungen erledigt.

Auch wenn die doppelte Einschränkung der Abziehbarkeit (zwei Drittel, höchstens 4.000 EUR) verfassungsrechtlichen Maßstäben genügen mag, bleibt doch einzuwenden, dass damit der tatsächlichen Belastung der Eltern kaum ausreichend Rechnung getragen wird. Auch der Rückzug in der Argumentation auf die typisierende Betrachtung kann nicht befriedigen. Wenn z.B. erwerbstätigen Eltern Betreuungskosten entstehen, weil sie andernfalls ihren Beruf gar nicht ausüben könnten, ist der Abzug in tatsächlicher Höhe gerechtfertigt, wobei allenfalls ein Anteil des BEA-Freibetrags, soweit er Fremdbetreuungskosten abdeckt, gegenzurechnen wäre.

Urteil v. 5.7.2012, III R 80/09, veröffentlicht am 26.9.2012