Betriebsausgabenabzug von Ausgleichszahlungen im Rahmen eines Zinsswaps

Hintergrund: Gesetzliche Regelung
Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen mit der Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind.
Sachverhalt: Ausgleichszahlungen im Rahmen eines Zinsswaps als Betriebsausgaben
- Der Kläger erzielte mit dem Betrieb eines Weinguts Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Den Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG.
- In den Jahren 2011 und 2012 schloss der Kläger mit zwei Banken Zinsswap-Verträge. Hierdurch sollte das bestehende Zinsniveau für eine geplante Betriebserweiterung gesichert werden.
- Nach Absenkung des Marktzinsniveaus deckte der Kläger seinen Finanzierungsbedarf durch die Inanspruchnahme von Darlehen – und ohne Rückgriff auf die Swap-Verträge – bei anderen Banken.
- Die durch den Zinsrückgang bedingten, vierteljährlich zu leistenden Ausgleichszahlungen aus den Swap-Verträgen, die er von seinem Privatkonto leistete, machte der Kläger als Betriebsausgaben geltend. In der laufenden Buchhaltung hatte er die Aufwendungen nicht abgebildet.
- Die Zahlungen wurden erst im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten betrieblich als Einlage gebucht.
- Das Finanzamt war der Auffassung, dass es sich bei den Swap-Verträgen um Termingeschäfte i.S.d. § 20 Abs. 2 EStG handele, denen die erforderliche Konnexität mit den abgeschlossenen (betrieblichen) Darlehensverträgen fehle. Verluste aus diesen Termingeschäften könnten nicht mit Einkünften ausgeglichen werden und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.
- Die Zahlungen des Klägers wurden nicht als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zum Abzug zugelassen.
Die diesbezüglich nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab.
Entscheidung: Zahlungen aus den Zinsswap-Verträgen sind nicht als Betriebsausgaben zu berücksichtigen
Die Revision der Kläger ist unbegründet und zurückzuweisen. Das FG hat die Zahlungen des Klägers aus den Zinsswap-Verträgen zu Recht nicht als Betriebsausgaben bei dessen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zum Abzug zugelassen.
Betriebliche Veranlassung von Aufwendungen
Ob und inwieweit Aufwendungen durch den Betrieb veranlasst und somit als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, hängt von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätigt. Für die betriebliche Veranlassung genügt der allgemeine Zusammenhang mit dem Betrieb durch Schaffen günstiger Rahmenbedingungen. Auch Schuldzinsen können zu den Betriebsausgaben zählen.
Die für den Betriebsausgabenabzug erforderliche betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4 EStG ist dann gegeben, wenn die Zinsen für eine Verbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlasst ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Das steuerrechtliche Schicksal von Schuldzinsen hängt damit allein von der Verwendung des Darlehensbetrags ab.
Zahlungen im Rahmen eines Zinsswaps grundsätzlich als Betriebsausgaben abziehbar
Der Begriff der Schuldzinsen ist wirtschaftlich zu verstehen. Auch laufende Zahlungen im Rahmen eines Zinsswaps können als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen sein.
Da Zinsswap- und Darlehensvereinbarung grundsätzlich eigenständig nebeneinanderstehen, setzt der Betriebsausgabenabzug von laufenden Zahlungen im Rahmen des Zinsswaps allerdings voraus, dass Betriebskredit einerseits und zinssicherndes Swap-Geschäft andererseits hinreichend miteinander verknüpft sind. Nur dann setzt sich der betriebliche Veranlassungszusammenhang der Darlehenszinsen an den Differenzausgleichszahlungen fort. Maßgeblich hierfür sind die Gesamtumstände des Einzelfalls.
Verknüpfung von Darlehen und Swap-Geschäft
Von einer (objektiven) Verknüpfung von Darlehen und Swap-Geschäft ist insbesondere auszugehen, wenn beide Verträge zeitgleich mit (zumindest annähernd) übereinstimmenden Laufzeiten abgeschlossen werden, inhaltlich aufeinander bezogen und durch die nämliche Zweckbestimmung miteinander verknüpft sind sowie der in dem Swap-Vertrag festgelegte Bezugsanfangsbetrag fortlaufend den (sich laufend reduzierenden) Restschuldbeträgen des Darlehens entspricht. Selbst bei zeitlichem Auseinanderfallen der Geschäfte, kann ein (objektiver) Veranlassungszusammenhang vorliegen, wenn beide Geschäfte inhaltlich aufeinander abgestimmt sind oder zumindest auf einem einheitlichen Finanzierungskonzept gründen.
Dies gilt auch, wenn ein Forward-Swap, der das bestehende Zinsniveau für ein späteres Darlehen sichern soll und bei dem die am Abschlusstag festgelegten Konditionen erst zu einem späteren Termin in Kraft treten, in Rede steht.
Behandlung als betriebliches Geschäft von vornherein
Neben der objektiven Verknüpfung von Darlehen und Swap-Geschäft verlangt der Betriebsausgabenabzug von dahingehenden Differenzausgleichszahlungen aber, dass das Swap-Geschäft von vornherein als betriebliches Geschäft behandelt wird. Der Steuerpflichtige muss daher die laufenden Swap-Zahlungen zeitnah, d.h. nicht erst im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten, sondern bereits (unterjährig) in der laufenden Buchhaltung als betrieblichen Aufwand/Ertrag abbilden. Denn nur dann lässt sich von Anbeginn erkennen, ob der Steuerpflichtige das zukunftsgerichtete Risikogeschäft tatsächlich aus Erwerbsgründen eingegangen ist.
Fehlt es an der belastbaren Verknüpfung von betrieblichem Darlehen und Swap-Geschäft, handelt es sich bei einem Swap um ein bloßes betriebsfremdes spekulatives Termingeschäft. Die Ausgleichszahlungen sind in einem solchen Fall aufgrund der fehlenden betrieblichen Veranlassung nicht gemäß § 20 Abs. 8 EStG einer dort genannten Einkunftsart zuzurechnen. Sie gehören nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Danach hat das FG die laufenden Aufwendungen des Klägers aus den Zinsswap-Verträgen zu Recht nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt.
Aufwendungen im Urteilsfall keine Betriebsausgaben
Zwar muss das zeitliche Auseinanderfallen von Zinssicherungsgeschäft und Darlehen nicht zwingend durch einen enge(re)n unmittelbareren wirtschaftlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang kompensiert werden, um einen betrieblichen Veranlassungszusammenhang der Swap-Zahlungen annehmen zu können. Insbesondere wenn ein (Forward-)Swap in Rede steht, ist hierfür ausreichend, dass das zukunftsgerichtete Zinssicherungsgeschäft und der zeitlich nachfolgende Darlehensvertrag belastbar auf einem einheitlichen Finanzierungskonzept gründen. Dies gilt insbesondere, wenn das Zinssicherungsgeschäft einen (vermeintlich) günstigen Zins für ein erst später erforderliches Darlehen sichern soll. In einem solchen Fall lassen sich (gegenwärtiges) Zinssicherungsgeschäft und (späteres) Darlehen naturgemäß nicht ohne weiteres inhaltlich (bestands-, volumen-, laufzeit- und betragsmäßig) genau oder zumindest annähernd aufeinander abstimmen. Denn die wirtschaftliche Ausgangslage kann sich zwischen Abschluss des Swap-Geschäfts und dem Eingehen des Darlehens unter anderem im Hinblick auf den dann erforderlichen Finanzierungsbedarf ändern.
Im Streitfall konnte offenbleiben, ob der Vortrag des Klägers bezüglich der geplanten Betriebserweiterung und der damit einhergehende Finanzbedarf bei Abschluss der Zinsswap-Verträge von den Banken zum Gegenstand der Vertragshandlungen gemacht wurde, dass mit dem spekulativen Termingeschäft das damals bestehende günstige Zinsniveau für spätere betriebliche Darlehen gesichert werden sollte und ob der verzögerte und nicht auf die Swap-Geschäfte abgestimmte Abschluss der Darlehensverträge auf Schwierigkeiten bei der geplanten Betriebserweiterung, insbesondere bei der Suche entsprechender Flächen zurückzuführen war, das Fehlen der grundsätzlich erforderlichen engen inhaltlichen Konnexität der beiden Finanzierungsgeschäfte aufzuwiegen vermag.
Denn der Betriebsausgabenabzug der streitigen Aufwendungen ist vorliegend schon deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger die Swap-Geschäfte nicht von vorherein als betriebliche Geschäfte behandelt hat. Er hat die streitigen Swap-Zahlungen nicht in der laufenden Buchhaltung (vierteljährlich) abgebildet, sondern diese erst im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten als Einlage betrieblich verbucht und damit erst nachträglich zu erkennen gegeben, dass das Risikogeschäft betrieblichen Zwecken und nicht der privaten Spekulation dienen sollte.
BFH, Urteil v. 10.04.2025, VI R 11/22; veröffentlicht am 20.6.2025
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