Anteiliger Schuldzinsenabzug bei Herstellung eines Gebäudes

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und den Herstellungskosten des künftig vermieteten Gebäudeteils liegt nur vor, wenn die Herstellungskosten des vermieteten und des veräußerten Gebäudeteils getrennt ermittelt und ausgewiesen werden und mit den Darlehen tatsächlich die Aufwendungen beglichen werden, die der Herstellung des zur Vermietung bestimmten Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind.

Hintergrund: Herstellung von Wohnungen teils zur Vermietung, teils zur Veräußerung

Die Eheleute (E) errichteten ein Gebäude mit drei Eigentumswohnungen, von denen sie zwei vermieteten und eine an ihre Tochter (T) veräußerten. Zur Finanzierung nahmen sie Darlehen auf.

Sämtliche Baurechnungen bezahlten die E über ein einheitliches Baukonto. Eine Aufteilung der HK bzw. eine Zurechnung auf die zwei vermieteten Wohnungen und die veräußerte Wohnung nahmen sie nicht vor, sondern beglichen die Rechnungen jeweils in einem Betrag. Auf das Baukonto flossen die Darlehensmittel sowie die Eigenmittel der E und die Kaufpreisraten der T.

Die E rechneten die Darlehen insgesamt den zwei vermieteten Wohnungen zu und behandelten die Zinsen in voller Höhe als WK bei den Einkünften aus VuV. Das FA teilte dagegen die Zinsen entsprechend den jeweiligen Miteigentumsanteilen an den Wohnungen auf und berücksichtigte nur die auf die zwei vermieteten Wohnungen entfallenden Zinsen als WK. Dem folgte das FG und wies die Klage ab. Bei einheitlicher Abrechnung und Bezahlung sei davon auszugehen, dass die Darlehensmittel nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile verwendet worden seien.

Entscheidung: Nur anteiliger Abzug der Schuldzinsen

Die Schuldzinsen sind nur anteilig als WK abziehbar. Der wirtschaftliche Zusammenhang mit einer Einkunftsart kann nicht durch einen bloßen Willensakt begründet werden. Die Revision wurde daher als unbegründet zurückgewiesen.

Anteiliger Schuldzinsenabzug bei VuV und Selbstnutzung

Dient ein Gebäude nicht nur der Einkünfteerzielung, sondern anteilig auch der (nicht steuerbaren) Selbstnutzung, sind die Zinsen grundsätzlich nur anteilig als WK abziehbar. In vollem Umfang sind sie nur dann (hier: bei VuV) zu berücksichtigen, wenn das Darlehen gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteil zugeordnet wird, indem mit den Darlehensmitteln tatsächlich die Aufwendungen beglichen werden, die der Herstellung dieses Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind. Einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und den gesondert zugerechneten HK hat der BFH bei anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden daher nur dann bejaht, wenn die HK tatsächlich mit den dafür aufgenommenen Darlehensmitteln bezahlt worden sind. Eine gesonderte Zuordnung von Darlehen zu den HK eines später fremdvermieteten Teils hat der BFH dagegen abgelehnt, wenn die HK des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet werden, ohne die auf den vermieteten Teil entfallenden HK gesondert auszuweisen und zu bezahlen (BFH, Urteil v. 25.3.2003, IX R 22/01, BStBl II 2004, 348).

Ebenfalls nur anteiliger Abzug bei VuV und Veräußerung

Diese zu anteilig fremdvermieteten/selbstgenutzten Gebäuden entwickelten Grundsätze gelten entsprechend bei der Zuordnung von Darlehen zu den (anteiligen) HK eines Gebäudes, das – wie im Streitfall – teilweise dem Erzielen von Einkünften aus VuV sowie teilweise dem Erzielen von sonstigen Einkünften (hier: Veräußerung einer Wohnung an T, § 22 Nr. 2, § 23 EStG) dient. Denn wenn die Darlehensmittel zusammen mit den Eigenmitteln (und dem vom Erwerber des später veräußerten Gebäudeteils geleisteten Kaufpreis, der mit der Einzahlung dem Grunde nach ebenfalls zu Eigenmitteln wird) auf einem einheitlichen Baukonto vorgehalten werden, vermischen sich die Darlehensmitteln mit den Eigenmitteln, so dass eine gezielte Zuordnung des Darlehens zu dem zur Vermietung bestimmten Gebäudeteil ausgeschlossen ist (BFH, Urteil v. 1.4.2009, IX R 35/08, BStBl II 2009, 663). Werden von einem solchen einheitlichen Baukonto sodann die HK des gesamten Objekts einheitlich beglichen, fehlt es (neben der Vermischung von Finanzierungsmitteln unterschiedlicher Herkunft auf dem Baukonto) zudem an der erforderlichen objektbezogenen Aufteilung der Kosten und Zahlung entsprechend der Darlehenszuordnung (BFH, Urteil v. 1.4.2009, IX R 35/08, BStBl II 2009, 663). Hiervon ausgehend steht den Eheleuten daher nur der anteilige WK-Abzug zu.

Hinweis: Voller WK-Abzug verlangt klare Trennung

Bei VuV neben anteiliger Selbstnutzung (bzw. Nutzung innerhalb einer anderen Einkunftsart, hier: sonstige Einkünfte, § 22 Nr. 2, 23 EStG) sind die Zinsen in vollem Umfang bei VuV nur dann zu berücksichtigen, wenn

(1.) das Darlehen dem VuV dienenden Gebäudeteil zugeordnet wird und

(2.) die HK des vermieteten Gebäudeteils getrennt ermittelt und ausgewiesen werden sowie

(3.) mit den Darlehensmitteln tatsächlich nur Aufwendungen beglichen werden, die der Herstellung des für VuV bestimmten Gebäudeteils konkret zuzuordnen sind.

Es dürfte zweckmäßig sein, für jeden Gebäudeteil ein separates Baukonto (Kontentrennung) einzurichten.

Dem steht die Rechtsprechung zur Durchleitung eines Darlehensbetrags durch ein privates Kontokorrentkonto (BFH, Urteil v. 9.5.2017, IX R 45/15, BFH/NV 2017, 1036) nicht entgegen. Eine vergleichbare Ausnahmesituation liegt im Streitfall nicht vor.

BFH Urteil vom 04.02.2020 - IX R 1/18 (veröffentlicht am 30.04.2020)

Alle am 30.04.2020 veröffentlichten Entscheidungen.