Anforderungen an den Nachweis einer Behinderung beim Kindergeld
Kindergeldanspruch für ein behindertes Kind
Vor dem FG Hamburg wurde die Frage verhandelt, ob die Klägerin einen Kindergeldanspruch für ihr Kind geltend machen kann. Das Kind leidet zumindest seit dem Jahr 2009 an seelischen Beeinträchtigungen. Entsprechende Gesundheitszeugnisse der beim Landkreis C tätigen Amtsärzte sowie eine sozialmedizinische Begutachtung des sozialmedizinischen Dienstes D liegen vor, jedoch keine ärztliche Bescheinigungen eines behandelnden Arztes.
Nachweis der Behinderung
Im Laufe des Jahres 2023 beantragte das Kind die Feststellung eines Grades der Behinderung. Der Feststellungsbescheid wies den Grad der Behinderung mit 30 aus. Eine beantragte rückwirkende Feststellung wurde abgelehnt, da die Ausmaße erst seit dem 10.6.2021 nachgewiesen seien.
Die Familienkasse forderte einen amtlichen Nachweis der Behinderung (z. B. Vor- und Rückseite des Schwerbehindertenausweises) oder einen ärztlichen Nachweis der Behinderung auf dem mitübersandten Vordruck vom behandelnden Arzt an. Die Klägerin konnte jedoch keinen amtlichen Nachweis vorlegen und auch ein ärztlicher Nachweis konnte mangels vertrauensvoller Basis zur Hausärztin nicht eingereicht werden.
Gesamtwürdigung ist entscheidend
Die Familienkasse hob daraufhin die Kindergeldfestsetzung auf. Das FG Hamburg entschied jedoch zugunsten der Klägerin. Nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG (i.V.m. §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 2 EStG) besteht ein Kindergeldanspruch, wenn ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Dies setzt voraus, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
Das FG Hamburg weist darauf hin, dass es sich der Frage, ob eine Behinderung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, um eine Rechtsfrage handele, über die das Finanzgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung etwa auf der Grundlage vorliegender ärztlicher Beurteilungen zu entscheiden habe. Das FG entschied im vorliegenden Fall, dass die Behinderung demnach zumindest seit 2009 vorliegt.
FG Hamburg, Urteil v. 12.10.2023, 1 K 121/22, veröffentlicht mit Newsletter 4/2023
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