A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Vorschrift regelt die der Finanzbehörde im Rahmen der besonderen Steueraufsicht eingeräumten Befugnisse, die zu den in den jeweiligen Einzelgesetzen aufgezählten weiteren Befugnissen hinzutreten (s. z. B. § 10 ZollVG). Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Regelung der Nachschau.

B. Allgemeine Nachschau (§ 210 Abs. 1 AO)

 

Tz. 2

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§ 210 Abs. 1 AO gestattet den von der Finanzbehörde mit der Steueraufsicht betrauten Amtsträgern (§ 7 AO) das Betreten von Grundstücken und Räumen solcher Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben oder denen ein der Steueraufsicht unterliegender Sachverhalt zuzurechnen ist. Das Betretungsrecht steht Amtsträgern zu (s. § 7 AO), ferner auch Steuerhilfspersonen i. S. des § 217 AO. Adressat der Maßnahme sind die Personen, "denen ein der Steueraufsicht unterliegender Sachverhalt zuzurechnen ist", d. h. alle Personen, denen Pflichten nach dem Zollrecht oder Verbrauchsteuerrecht obliegen (Schallmoser in HHSp, § 210 AO Rz. 10). Das Betretungsrecht darf nur zum Zwecke der Nachschau, nicht aber zur Durchsuchung (s. § 210 Abs. 2 Satz 2 AO) ausgeübt werden, eines besonderen Anlasses bedarf es nicht. Nachschau bedeutet die Vornahme von Prüfungen bzw. die Feststellung von Tatsachen, die für die Besteuerung (im Zuge der Zoll- und Verbrauchsteueraufsicht, § 209 AO) erheblich sein können, die also die Einhaltung der aus den entsprechenden Gesetzen entspringenden Pflichten betreffen. Das Betretungsrecht erstreckt sich nur auf betrieblich oder beruflich genutzte Räume, nicht auf Wohnräume oder private Flächen (h. M., u. a. Brandis in Tipke/Kruse, § 210 AO Rz. 2 m. w. N.). Bei gemischt genutzten Räumen besteht ein Betretungsrecht, wenn der Betroffene den Raum nach außen widmet, also z. B. bei einer Betriebsanmeldung nach § 139 AO (Hoyer in Gosch, § 210 AO Rz. 14 m. w. N.). Die Räume können im Eigentum des Stpfl. stehen oder von ihm gemietet sein. Das Betretungsrecht ist zeitlich auf die Geschäfts- und Arbeitszeiten des betreffenden Betriebs beschränkt; maßgeblich sind die tatsächlichen, nicht die üblichen Arbeitszeiten (Hoyer in Gosch, § 210 AO Rz. 16 m. w. N.).

C. Verdachtsnachschau (§ 210 Abs. 2 AO)

 

Tz. 3

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§ 210 Abs. 2 AO regelt die sog. Verdachtsnachschau . Sie ist zulässig, wenn aufgrund von Tatsachen konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass in den der Nachschau unterliegenden Objekten Schmuggelgut zu finden ist oder andere gegen die Verbrauchsteuergesetze verstoßende Sachverhalte aufgedeckt werden können. Die Anhaltspunkte müssen konkret auf die betroffenen Räumlichkeiten bezogen vorliegen. Ein bloßer auf allgemeinen Erfahrungen der Behörde beruhender Verdacht oder die bloße Vermutung, dass es so sei, reicht nicht aus (BFH v. 08.11.2005, VII B 249/05, BFH/NV 2006, 151). Sie kann auch bei Personen durchgeführt werden, die keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben.

 

Tz. 4

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Die Verdachtsnachschau ist jederzeit zulässig. Bei Gefahr im Verzug dürfen Wohn- und Geschäftsräume auch ohne richterliche Anordnung durchsucht werden (§ 210 Abs. 2 Satz 2 AO). Daraus ist zu entnehmen, dass im Rahmen einer Verdachtsnachschau eine Durchsuchung grundsätzlich zulässig ist, aber richterlich angeordnet sein muss, wenn keine Gefahr im Verzug vorliegt (so auch Hoyer in Gosch, § 210 AO Rz. 17 m. w. N.). Die Durchsuchung setzt voraus, dass das bloße Betreten nicht ausreicht. Für die richterliche Anordnung im Rahmen des § 210 Abs. 2 AO sind nach § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO die FG zuständig sind (BFH v. 08.11.2005, VII B 249/05, BFH/NV 2006, 151). Gefahr im Verzug liegt vor, wenn durch die vorherige Einholung einer richterlichen Durchsuchungsanordnung der Erfolg der Durchsuchung gefährdet werden könnte (Hoyer in Gosch, § 210 AO Rz. 20 m. w. N.).

D. Anhalterecht (§ 210 Abs. 3 AO)

 

Tz. 5

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§ 210 Abs. 3 AO eröffnet ein Anhalterecht von Schiffen und anderen Fahrzeugen, die nach ihrer äußeren Erscheinung gewerblichen Zwecken dienen, unabhängig davon, ob sie es wirklich tun. Es darf nur im Rahmen von sowohl örtlich als auch zeitlich begrenzten Kontrollen ausgeübt werden. Zu den Ausweis-, Vorlage- und Mitwirkungspflichten s. § 210 Abs. 3 Sätze 2 und 4 AO. Das Anhalterecht setzt keinen konkreten Verdacht voraus und erlaubt daher eine sog. Stichprobenkontrolle, unterliegt aber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Ergeben sich im Rahmen der Kontrolle Anhaltspunkte für mitgeführte verbrauchsteuerpflichtige Waren, können diese überprüft werden.

E. Überleitung zur Außenprüfung (§ 210 Abs. 4 AO)

 

Tz. 6

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Nach § 210 Abs. 4 AO kann eine Nachschau in eine Außenprüfung nach § 193 AO übergeleitet werden, wenn die Feststellungen bei der Steueraufsicht dazu Anlass geben. Die Außenprüfung kann sich nur auf die Überprüfung verbrauchsteuerlich erheblicher Sachverhalte erstrecken.

 

Tz. 7

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Eine vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 AO) ist nicht erforderlich; auf den Übergang zur Außenprüfung muss jedoch schriftlich hingewiese...

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