Kfz-Privatnutzung trotz Zweitwagen?

Wer einen Geschäftswagen hat, muss die Privatnutzung versteuern. Arbeitnehmer können die Steuerpflicht umgehen, indem sie sich die Privatnutzung des Geschäftswagens durch den Arbeitgeber verbieten lassen. Für Unternehmer stellt das Finanzamt höhere Anforderungen.

Kfz-Privatnutzung bei Unternehmern

Ein Unternehmer kann sich – anders als ein Arbeitnehmer – nicht auf ein Verbot der Privatnutzung berufen, weil er mit sich selbst keinen Arbeitsvertrag schließt, der solch ein Verbot enthalten könnte. Auch ein gesellschaftsvertraglich zwischen mehreren Mitunternehmern vereinbartes Nutzungsverbot wird von der Rechtsprechung regelmäßig nicht anerkannt.

Stattdessen steht dem Unternehmer der Weg offen, darzulegen und nachzuweisen, dass eine Möglichkeit zur Privatnutzung zwar besteht, er diese aber tatsächlich nicht wahrnimmt. Denn die bloße Möglichkeit zur Privatnutzung ist zwar bei einem Arbeitnehmer ein steuerpflichtiger "Vorteil" (§ 8 Abs. 2 EStG), aber beim Unternehmer keine steuerpflichtige "Nutzungsentnahme" (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Entnommen werden nämlich nur Nutzungen, keine Nutzungsmöglichkeiten. Es genügt also, wenn der Unternehmer den Anschein, der für eine private Mitbenutzung des geschäftlichen Kraftfahrzeugs spricht, erschüttert.

Erschütterung des Anscheinsbeweises

Eine Möglichkeit, den Anscheinsbeweis zu erschüttern, ist es, die Nutzung eines privaten Kraftfahrzeugs für private Fahrten aufzuzeigen. Dazu genügt es nach der Rechtsprechung nicht, dass dem Unternehmer für privat veranlasste Fahrten irgendein anderes, privates Kraftfahrzeug zur Verfügung steht. Weitere Voraussetzung ist nämlich, dass dieses private Fahrzeug dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar ist. Bei unterschiedlich wertigen Fahrzeugen müssen noch weitere Indizien hinzukommen. Je weniger das private Fahrzeug in Status und Gebrauchswert hinter dem betrieblichen Fahrzeug zurückbleibt, desto leichter ist der für die Privatnutzung sprechende Anscheinsbeweis zu erschüttern.

Beispiele aus der Rechtsprechung

Die Rechtsprechung ist von Einzelfällen geprägt.

  • So hat der BFH in einem Fall (Streitjahr 1995) entschieden, dass ein VW Golf im Privatvermögen den Anschein der Privatnutzung eines Audi 80 Avant S 2 nicht ausschließen könne.
  • Ein Porsche 928 S4 im Privatvermögen soll hingegen gegenüber einem Porsche 911 gleichwertig sein, was gegen die Privatnutzung des betrieblichen Porsche 911 spreche (Streitjahr 1999).
  • Ein 16 Jahre alter Mercedes-Benz C 280 T im Privatvermögen ist gegenüber einem neuen Fiat Doblo Easy (Kastenwagen) im Betriebsvermögen gleichwertig (Streitjahr 2013).
  • In einem weiteren Fall (Streitjahre 1996 bis 1999) waren als betriebliche Fahrzeuge ein Mercedes- Benz 300 SD, ein Merce-des-Benz S 320, ein BMW 525 TDS Automatik bzw. ein Mercedes-Benz 230 T zu berücksichtigen, ein Opel Omega, ein Opel Corsa, ein VW Golf bzw. ein BMW Z3 im Privatvermögen. Hier hat der BFH die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen und Aufklärung erbeten, ob der Opel Omega aufgrund seiner hohen Motorleistung den betrieblichen Fahrzeugen gleichwertig sei.

Das private Fahrzeug muss dem Unternehmer ständig zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung stehen. Ein privater Volvo XC 90 ist zwar gegenüber einem betrieblichen VW Touareg gleichwertig, und auch ein privater BMW 320d gegenüber einem VW Multivan, aber in beiden Fällen konnte das private Fahrzeug den Anscheinsbeweis für eine Privatnutzung des betrieblichen Fahrzeugs nicht erschüttern, weil das private Fahrzeug von einer anderen Person im Haushalt mitbenutzt wurde.

Weitere Möglichkeiten der Erschütterung des Anscheinsbeweises

Ebenfalls anerkannt wird ein Nachweis, dass die Privatnutzung vorübergehend für mindestens einen ganzen Kalendermonat ausgeschlossen ist, insbesondere aus gesundheitlichen Gründen, bei einem Fahrverbot oder einem Auslandsaufenthalt. Alternativ kann ein Unternehmer mit einem ordnungsgemäßen Fahrtenbuch nachweisen, dass er das Fahrzeug nicht privat nutzt.

Andere Möglichkeiten, den Anscheinsbeweis zu erschüttern, werden von der Rechtsprechung nicht anerkannt. Insbesondere soll eine Zeugenaussage ungeeignet sein, nachzuweisen, dass für alle privaten Fahrten ein privater Pkw genutzt wurde. Denn ein Zeuge könne gar nicht "stets und immer" überwachen, welcher Pkw für welchen Zweck genutzt wird.

Praxis-Hinweis: Das schließt nicht aus, andere Tatsachen (Hilfstatsachen) mit Zeugenaussagen zu belegen. Insbesondere ist es möglich, die Einführung und Umsetzung eines innerbetrieblichen Kontrollsystems für die Fahrzeugnutzung durch Zeugen nachzuweisen. Wenn beispielsweise in einem Pflegedienst die Fahrzeuge über Nacht auf dem Betriebsgelände stehen, die Beschäf-tigten die Pkw-Schlüssel bei Schichtbeginn erhalten und nach Schichtende wieder abgeben sollen und der zuständige Mitarbeiter glaubhaft bekundet, wie dieses Verfahren tatsächlich eingehalten wird, lässt sich damit eine Vermutung der Privatnutzung der Fahrzeuge widerlegen.

Mehrere Pkw im Betriebsvermögen

Wenn mehrere Pkw zu einem Betriebsvermögen gehören, ohne dass der Unternehmer Fahrtenbücher dafür führt, stellt sich die Frage, wer die Fahrzeuge nutzt. In Betracht kommt, dem Unternehmer selbst mehrere Fahrzeuge zuzurechnen. Dieser kann zwar nicht mehrere Fahrzeuge selbst gleichzeitig nutzen, aber eines selbst nutzen und die übrigen Fahrzeuge Personen aus seinem privaten Umfeld (Familien- oder Haushaltsangehörigen) überlassen. Auch solch eine Nutzung durch Personen aus dem privaten Umfeld ist betriebsfremd und wird dem Unternehmer als Privatnutzung zugerechnet. Entsprechendes gilt, wenn bei einer Personengesellschaft mehrere Gesellschafter (Mitunternehmer) Kraftfahrzeuge privat nutzen.

Die Finanzverwaltung erwartet, dass der Unternehmer für jedes einzelne Kraftfahrzeug im Betriebsvermögen, das für eine private Nutzung geeignet ist (also ohne Werkstattwagen o. ä.), entweder eine Privatnutzung versteuert oder eine Zuordnung zu einer bestimmten betrieblichen Nutzung trifft, die eine private Nutzung durch den Unternehmer ausschließt.  Anerkannt wird beispielsweise

  • die Zuordnung zu einem Arbeitnehmer, bei dem ggf. die entsprechenden lohnsteuerlichen Folgen zu ziehen sind,
  • dass Vorführwagen eines Kraftfahrzeughändlers nicht privat genutzt werden,
  • dass zur Vermietung bestimmte Kraftfahrzeuge eines Kfz-Vermieters nicht privat genutzt werden.

Bleiben danach mehrere betriebliche Kraftfahrzeuge übrig, so ist zu ermitteln, wie viele Personen als Privatnutzer in Betracht kommen. Hier zählt die Finanzverwaltung neben dem Unternehmer dessen Ehegatten und erwachsene Kinder. Zusätzlich dürften andere Haushaltsangehörige zu berücksichtigen sein; einschränkend ist in der Regel eine Fahrerlaubnis vorauszusetzen.

Sofern die Zahl der Kraftfahrzeuge die Zahl der Privatnutzer übersteigt, wird nur die Privat-nutzung von jeweils einem Fahrzeug je Nutzer pauschal bewertet, und zwar der Fahrzeuge mit den höchsten Bruttolistenpreisen. Die übrigen Fahrzeuge werden bei der Pauschalbewertung mit Null berücksichtigt. Die Finanzverwaltung lässt den Nachweis zu, dass für Fahrten des Unternehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Familienheimfahrten nicht das Fahrzeug mit dem höchsten Bruttolistenpreis, sondern ein anderes Fahrzeug genutzt wird.

Autor: Dr. Florian Kleinmanns, Steuerberater, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, ist Mitglied der Sozietät Dr. Kleinmanns & Scholz – Steuern · Recht · Wirtschaft. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind die ganzheitliche steuerliche Beratung von Unternehmern und Unternehmen, insbes. in den Bereichen Steuergestaltung, Umstrukturierung und Unternehmensnachfolge. Fragen und Antworten rund um die Kfz-Besteuerung kennt er aus dem Kanzleialltag. Zum Thema Kfz-Besteuerung hat er bei Schäffer-Poeschel das Buch "Fahrzeugnutzung im Steuerrecht" veröffentlicht.