Rn. 57
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Einkünfte sind gemäß § 2 Abs 1 S 1 EStG demjenigen zuzurechnen, der sie erzielt. Dies ist derjenige, der den Tatbestand der Erzielung der Einkünfte (vgl auch § 38 AO) erfüllt (BFH v 29.08.1982, BStBl II 1983, 272).
1. Allgemeine Zurechnungsgrundsätze
a) Laufende Einkünfte nach § 20 Abs 1 Nr 1 u 2 EStG
Rn. 58
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Für die Zurechnung beim Anteilseigner iSv § 20 Abs 1 Nr 1 und 2 EStG enthält § 20 Abs 5 EStG (bisher § 20 Abs 2a EStG aF) eine gesetzlich normierte Zurechnung. Danach richtet sich die Zurechnung dieser Einkünfte danach, wer Anteilseigener im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses nach § 39 Abs 1 Nr 1 AO ist. Auf die Ausführungen zu § 20 Abs 5 EStG (s Rn 1490ff) wird verwiesen.
b) Laufende Einkünfte nach § 20 Abs 1 Nr 3–11 EStG
Rn. 59
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Im Übrigen greifen im Grundsatz die allgemeinen Regeln. Einkünfte aus KapVerm erzielt, wer im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung "eigenes" oder "geliehenes" Kapital gegen Entgelt zur zeitweisen Nutzung überlässt. Bei der Zurechnung von Einkünften ist entscheidend, wer die Macht hat, das Vermögen zu verwalten, die Modalitäten der Kapitalanlage zu bestimmen oder das KapVerm zurückzufordern; sogenannte Markteinkommenstheorie (BFH v 27.01.1993, BStBl II 1994, 615).
Insgesamt maßgeblich ist die Dispositionsbefugnis. Eine vom Zivilrecht abweichende Zurechnung kommt dabei nur in Betracht, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Gläubiger wirtschaftlicher Inhaber der fraglichen Forderung ist. Fallen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinander, sind die laufenden Erträge der Kapitalanlage iSd § 20 Abs 1 EStG dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs 2 Nr 1 S 1 AO). Für die Zurechnung der laufenden Erträge einer Kapitalanlage iSd § 20 Abs 1 EStG kommt es damit vorrangig auf das Innehaben des wirtschaftlichen Eigentums an (s zu Darlehenszinsen BFH v 26.01.2011, BFH/NV 2011, 1512).
Insoweit gilt § 39 Abs 2 Nr 1 S 1 AO auch für die persönliche Zurechnung von Einkünften aus KapVerm, wobei jeweils auf die Art des den KapErtr zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses abzustellen ist. Das wirtschaftliche Eigentum erfährt etwa eine unterschiedliche Ausprägung, wenn es um Anteile an KapGes oder um Zinsforderungen geht. Gleiches gilt für die Anwendung von § 39 Abs 2 Nr 1 S 2 AO. So ist Eigenbesitz iS dieser Vorschrift zwar abweichend vom Zivilrecht an allen WG möglich. Die Anwendung von § 39 Abs 2 Nr 1 AO ist jedoch auf die Art des jeweils betroffenen WG abzustimmen. Geht es um bloße Kapitalforderungen, so ist der Vorschrift auch in der Alternative des Eigenbesitzes keine andere Art der Zurechnung zu entnehmen, als sie mit der Dispositionsbefugnis beschrieben wird. Insoweit hat § 39 Abs 2 Nr 1 AO lediglich deklaratorische Bedeutung.
Insbesondere ergibt sich aus dem Besitz nicht zwangsläufig auch wirtschaftliches Eigentum. Abweichend vom zivilrechtlichen ist wirtschaftliches Eigentum daher nur anzunehmen, wenn Besitz und Gefahr, Nutzen und Lasten, insbesondere die Chancen auf eine Wertsteigerung und das Risiko einer Wertminderung nicht beim zivilrechtlichen Eigentümer, sondern bei einer anderen Person liegen (BFH v 26.01.2011, BFH/NV 2011, 1512 mwN).
Den Tatbestand der Geldüberlassung verwirklicht primär derjenige, der Kapital im eigenen Namen und für eigene Rechnung zur Nutzung hingibt und dafür Inhaber einer Kapitalrückgabeforderung wird. Das wird idR der Inhaber des KapVerm sein (zB derjenige, der ein Konto bzw Depot auf seinen Namen unterhält).
Zinsen aus gemeinsamen Bankkonten und Wertpapierdepots von Ehegatten sind diesen je zur Hälfte zuzurechnen, FG Mchn v 14.01.1981, EFG 1981, 563 rkr; bei gemeinsamen Und- oder Oder-Konto geschiedener Eheleute erfolgt die Zurechnung ebenfalls bei jedem zur Hälfte; FG Mchn v 20.04.1998, EFG 1998, 1404 rkr.
c) Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften nach § 20 Abs 2 EStG
Rn. 60
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Die Zurechnung bei Veräußerungsgeschäften richtet sich nach der Zurechnung der Kapitalanlage. Die obigen Ausführungen zu den laufenden Einkünften gelten entsprechend (s Rn 59).
Rn. 61–64
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vorläufig frei
2. Einzelfälle
a) Wertpapierpensionsgeschäft, Wertpapierdarlehen, Wertpapierleihe
Schrifttum:
Kottke, Wertpapierpensionsgeschäfte unter nahen Angehörigen zur Verlagerung von Einkunftsquellen?, DB 1984, 159;
Häuselmann/Wiesenbart, Die Bilanzierung und Besteuerung von Wertpapier-Leihgeschäften, DB 1990, 2129;
Oho/Hülst, Steuerrechtliche Aspekte der Wertpapierleihe und des Repo-Geschäfts, DB 1992, 2582;
Häuselmann, Wertpapier-Darlehen in der StB, DB 2000, 495;
Häuselmann, Repo-Geschäfte in der StB, BB 2000, 1287;
Harenberg, Gestaltungen im Zusammenhang mit Kapitaleinkünften, GStB 2000, 410;
Rau, Wirtschaftliches Eigentum und Gewinnrealisierung bei echten Pensions- bzw Repogeschäften, BB 2000, 2338;
Schmidt/Stoll, Steuerliche Behandlung des echten Wertpapierpensionsgeschäfts nach dem Dividendenstripping-Urteil des BFH, DStR 2001, 2137;
Mühlhäuser/Stoll, Besteuerung von Wertpapierdarlehens- und Wertpapierpensionsgeschäften, DStR 2002, 1597;
Sieger/Hasselbach, Zur zivilrechtlichen Einordnung des Wertpapierdarlehens sowie zur Zurechnung von Wertpapieren im Aktien-, Wertpapierhandels- und Übernahmerecht, WM 2004, 1370;
Haase, Gr...