Überblick Selbstanzeige

Die Regelungen der strafbefreienden Selbstanzeige werden verschärft. Der Bundesrat hat am am 19.12.2014 dem "Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung" zugestimmt.

Das Gesetz sieht im Wesentlichen acht Veränderungen vor:

  1. Die Verlängerung der strafrechtlichen Verjährungsfrist bei der einfachen Steuerhinterziehung nach § 370 AO von bislang 5 auf nunmehr 10 Jahre, § 376 Abs. 1 AO (neu), die das BMF wünschte, wird zwar nicht Gesetz. Dafür wird als Kompromiss der steuerlich erforderliche Korrekturzeitraum auf 10 Jahre festgeschrieben. Hierzu heißt es: "Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen."
  2. Staffelung der Zuschläge nach § 398a AO in Abhängigkeit der hinterzogenen Steuern unter Herabsetzung der bisherigen Schwelle: Die Schwelle für Zuschläge von bisher 50.000 EUR pro Steuerart und Veranlagungszeitraum wird auf nunmehr 25.000 EUR reduziert bei gleichzeitiger Anhebung des Zuschlagsatzes von 5 auf 10 % der hinterzogenen Steuer, ab 100.000 bis 1 Mio. EUR beträgt der Zuschlag dann 15 % und über eine Mio. EUR hinterzogenen Steuern pro Veranlagungszeitraum und Steuerart 20 % um das Verfolgungshindernis zu erlangen. Hier wird eine Wiederaufnahmemöglichkeit in § 398a Abs. 3 AO (neu) für den Fall geregelt, dass das Finanzamt erkennt, dass nach dem Absehen von der Strafverfolgung wegen fristgerechter Zuschlagserfüllung die Selbstanzeige unvollständig bzw. unrichtig war. Eine Erstattung des gezahlten Zuschlags ist dann auch bei Aufhebung der Nichtverfolgungszusage nicht möglich, allerdings fakultativ eine Anrechnung (ganz oder teilweise) durch das Gericht.
  3. Für die Umsatzsteuer- und Lohnsteuerhinterziehung wird der Rechtszustand vor Mai 2011 wieder hergestellt indem die Wirksamkeit einer Teilselbstanzeige in § 371 Abs. 2 a AO wieder verankert wird durch die schon damals geltende "soweit"-Gesetzesformulierung, der der BGH in seiner Entscheidung vom 20.5.10 die für alle neue und nicht nachvollziehbare Interpretation unterlegte.
  4. Die Sperrwirkung nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 a AO wird bei der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung über den Steuerpflichtigen hinaus auch auf Tatbeteiligte, d. h. also auch auf Anstifter und Gehilfen ausgedehnt, losgelöst ob sie von der Prüfungsanordnung Kenntnis haben oder nicht. Die Sperrwirkung wird allerdings beschränkt auf den sachlichen und zeitlichen Umfang der angekündigten Prüfung.
  5. Die Anlaufhemmung wird nach § 170 Abs. 6 AO (neu) für die Steuern auf Kapitalerträge hinausgeschoben auf den Zeitpunkt, in der der Steuerpflichtige diese Erträge erklärt oder diese Erträge der Finanzbehörde bekannt geworden sind, spätestens jedoch nach 10 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, wenn die Erträge aus außereuropäischen Staaten stammen oder im automatisierten Datenaustausch erfolgen.
  6. Es wird ein neuer Sperrwirkungstatbestand geschaffen: nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 e AO (neu) ist eine Selbstanzeige bei einer Umsatzsteuer- oder Lohnsteuernachschau oder einer sonstigen steuerlichen Nachschau mit dem Ausweisen des Prüfers nicht mehr strafbefreiend möglich.
  7. Es wird ein weiterer neuer Sperrwirkungstatbestand nach § 371 Abs. 2 Nr. 4 AO (neu) geschaffen, wenn nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 5 AO ein besonders schwerer Fall vorliegt. Damit sind Fälle der bandenmäßigen Steuerhinterziehung mit Hinterziehungsbeträgen ab 50.000 EUR pro Steuerart und Veranlagungszeitraum gemeint, wie etwa Umsatzsteuerkarusselle.
  8. Die Nachzahlung der Hinterziehungszinsen als Tatbestandsvoraussetzung wird für die Erlangung der Straffreiheit nach § 371 Abs. 3 AO (neu) erhoben, soweit es die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer- und Umsatzsteuerhinterziehungen betrifft mit Ausnahme der Umsatzsteuer- und Lohnsteuervoranmeldungen. Bei letzteren wird Straffreiheit auch ohne Zahlung der Hinterziehungszinsen – wie bisher überall - erlangt.