Unterhaltsleistungen an Personen im Ausland
Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person können mit bis zu 9.984 EUR pro Jahr (zuzüglich bestimmter Vorsorgeaufwendungen) als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden (§ 33a EStG). Auch Unterhaltszahlungen an Personen im Ausland lassen sich auf diese Weise steuerlich absetzen.
Neue Verwaltungsaussagen
Die Grundsätze zum Abzug von Auslandsunterhalt hatte das BMF bislang im Schreiben v. 7.6.2010 (BStBl 2010 I S. 588) dargestellt. Mit neuem Schreiben vom 6.4.2022 erfolgte nun eine Aktualisierung der Aussagen.
Das neue BMF-Schreiben enthält in Aufbau und Inhalt keine grundlegenden Änderungen, in erster Linie hat das BMF die zwischenzeitlich ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung zur Thematik eingearbeitet und Beispiele aktualisiert. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:
Unterhaltsberechtigter Empfänger (Rz. 1)
Zum Abzug von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung muss gegenüber dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten eine Unterhaltsberechtigung bestehen. Bei Eheleuten ist dabei der zivilrechtliche Bestand eines Eheverhältnisses entscheidend; dem Gesetzeswortlaut ist nicht zu entnehmen, dass darüber hinaus auch die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung nach § 26 Abs. 1 S. 1 EStG erfüllt sein müssen (BFH Urteil vom 27.07.2011 - VI R 13/10).
Hinweis: Es muss also nicht danach differenziert werden, ob und bis zu welchem Zeitpunkt eine intakte Ehe aufgrund einer Unterhalts-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden hatte. Vermeiden lässt sich also eine Aufteilung zwischen (abzugsfähigen) Zahlungen, die während des Bestehens der Unterhalts-, Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft geleistet wurden und (nicht abzugsfähigen) Zahlungen, die erst nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft geflossen sind.
Auch Aufwendungen für den Unterhalt von Personen, die eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis nach § 23 AufenthG haben, können als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein. Für die hierbei zu beachtenden Abzugsgrundsätze verweist das BMF auf sein Schreiben v. 27.5.2015.
Mitwirkungspflicht des Unterhaltsleistenden (Rz. 4)
Der Steuerpflichtige trägt nach den im Steuerrecht geltenden allgemeinen Beweisgrundsätzen für Steuerermäßigungen die objektive Beweislast (Feststellungslast). Bei Sachverhalten im Ausland muss er sich in besonderem Maße um Aufklärung und Beschaffung geeigneter - in besonderen Fällen auch zusätzlicher - Beweismittel bemühen. Das BMF betont in seinem neuen Schreiben, dass hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen aus Krisengebieten Beweiserleichterungen gewährt werden können.
Belegvorhaltepflicht (Rz. 5)
Neu eingefügt hat das BMF die Aussage, dass Nachweise und Unterlagen zur Unterhaltsbedürfigkeit (Unterhaltserklärung) sowie zum Zahlungsweg nur auf Anforderung der Finanzbehörde vorzulegen sind. Sie müssen also nicht direkt der Einkommensteuererklärung beigefügt werden.
Hinweis: Diese Aussage ist Ausfluss aus der ab dem Veranlagungszeitraum 2017 geltenden sogenannten Belegvorhaltepflicht, nach der die Vorlage einzelner Belege nur noch nach Aufforderung des Finanzamts erforderlich ist.
Nachweis der Unterhaltsbedürftigkeit (Rz. 6)
Voraussetzung für den Abzug von Unterhaltsaufwendungen ist der Nachweis über die Unterhaltsbedürftigkeit der im Ausland lebenden unterhaltenen Person. Hierzu sind unter anderem folgende Angaben erforderlich:
- Name,
- Geburtsdatum und Geburtsort,
- berufliche Tätigkeit,
- Anschrift,
- Familienstand der unterhaltenen Person sowie
- eine Aussage, ob zu ihrem Haushalt noch weitere Personen gehören.
Im Schreiben aus 2010 hatte das BMF noch ausgeführt, dass diese Angaben stets durch eine Bestätigung der Heimatbehörde (Gemeinde-/Meldebehörde) der unterhaltenen Person nachzuweisen sind. Nach dem neuen BMF-Schreiben können die Angaben im Ausnahmefall nun auch durch einen öffentlich bestellten Notar bestätigt werden, sofern die Heimatbehörde diesen hiermit beauftragt hat.
Der Abzug von Unterhaltsaufwendungen entfällt, wenn die Unterhaltsbedürftigkeit der unterhaltenen Person trotz entsprechender Unterhaltserklärung nicht glaubhaft ist. Dies ist der Fall, wenn die Unterhaltszahlungen nicht den gesamten Lebensbedarf der unterhaltenen Person abdecken (BFH Urteil vom 11.11.2010 - VI R 16/09).
Erwerbsobliegenheit (Rz. 10, 11)
Bei Personen im erwerbsfähigen Alter ist davon auszugehen, dass sie ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit verdienen; sie müssen ihre Arbeitskraft in ausreichendem Maße ausschöpfen (sog. Erwerbsobliegenheit). Für Personen im erwerbsfähigen Alter sind Unterhaltsaufwendungen deshalb - mangels Zwangsläufigkeit - grundsätzlich nicht abziehbar. Die Erwerbsobliegenheit muss bei allen unterhaltsberechtigten, nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen geprüft werden. Das BMF hat nun die Aussage ergänzt, dass die Erwerbsobliegenheit bei Unterhaltszahlungen an den im Ausland lebenden Ehegatten im Rahmen einer bestehenden Ehegemeinschaft nicht zu prüfen ist (BFH Urteil vom 05.05.2010 - VI R 5/09).
Der Einsatz der eigenen Arbeitskraft darf zudem nicht gefordert werden, wenn die unterhaltene Person aus gewichtigen Gründen keiner Beschäftigung oder nur einer Beschäftigung im geringen Umfang nachgehen kann. Als Grund kommt beispielsweise die Pflege behinderter Angehöriger in Betracht. Das BMF verweist aber darauf, dass das bloße jederzeitige Bereitstehen für einen eventuellen Pflegeinsatz ("Pflege auf Abruf") kein Umstand ist, der die generelle Erwerbsobliegenheit erwerbsfähiger Personen entfallen lässt (BFH Urteil vom 15.04.2015 - VI R 5/14).
Unterhalt an mehrere Personen (Rz. 22)
Werden mehrere Personen unterhalten, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, müssen die insgesamt nachgewiesenen und glaubhaft gemachten Aufwendungen einheitlich nach Köpfen aufgeteilt werden, auch soweit nicht zum Abzug berechtigende Unterhaltsempfänger unterhalten werden.
Das BMF weist darauf hin, dass eine Aufteilung einheitlicher Unterhaltszahlungen aber nur möglich ist, wenn die Unterhaltsempfänger gewissermaßen "aus einem Topf" wirtschaften (BFH Urteil vom 30.06.2010 - VI R 35/09). Ein bloßes gemeinsames Wohnen reicht also nicht aus.
Unterhalt durch mehrere Personen (Rz. 23)
Werden Aufwendungen für eine unterhaltene Person von mehreren Personen getragen, wird bei jedem der Teil des sich hiernach ergebenden Betrags abgezogen, der seinem Anteil am Gesamtbetrag der Leistung entspricht (§ 33a Abs. 1 Nr. 7 EStG). Durch diese Regelung soll vermieden werden, dass bei Unterhaltszahlungen von mehreren Seiten mehrere Unterhaltshöchstbeträge ausgeschöpft werden.
Sind hierbei Unterhaltszahler eingebunden, die nicht die Abzugsvoraussetzungen des § 33a Abs. 1 S. 1 und 3 EStG erfüllen, führen diese Zahler nicht zu einer anteiligen Kürzung des Höchstbetrags. Vielmehr müssen die Unterhaltszahlungen von diesen Personen als "andere Einkünfte und Bezüge" der unterhaltenen Person berücksichtigt werden (BFH Urteil vom 28.04.2020 - VI R 43/17).
Zeitliche Zuordnung von Unterhaltsaufwendungen (Rz. 26, 28)
Unterhaltsaufwendungen können nur abgezogen werden, soweit sie dem laufenden Lebensbedarf der unterhaltenen Person im Kalenderjahr der Leistung dienen (BFH, Urteil v. 11.11.2010, a.a.O.).
Soweit Zahlungen nicht ausschließlich dazu bestimmt sind, den Unterhaltsbedarf des laufenden, sondern auch des folgenden Kalenderjahres abzudecken, können die gesamten Unterhaltsaufwendungen nur im Kalenderjahr der Zahlung, nicht jedoch im folgenden Kalenderjahr berücksichtigt werden. Dabei wird zugunsten des Unterhaltszahlers unterstellt, dass die Zahlung der Bedarfsdeckung bis zum Ende des Kalenderjahres der Zahlung dient (BFH Urteil vom 25.04.2018 - VI R 35/16).
Abzugsbeschränkung nach Ländergruppeneinteilung (Rz. 35, 36, 37)
Aufwendungen für den Unterhalt können nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind - als Maßstab gilt grundsätzlich das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung.
Die Ländergruppeneinteilung und die sich hiernach ergebenden Kürzungen für die einzelnen Staaten sind zuletzt durch das BMF-Schreiben v. 11.11.2020 bekanntgegeben worden.
Sowohl der Unterhaltshöchstbetrag (derzeit 9.984 EUR) also auch der anrechnungsfreie Betrag der Einkünfte und Bezüge (derzeit 624 EUR) müssen entsprechend der Ländergruppeneinteilung gekürzt werden. Das BMF weist nun jedoch explizit darauf hin, dass die Kürzung nicht für die (zur Absicherung der unterhaltsberechtigten Person übernommenen) Beiträge zu einer Basiskranken- und Pflegeversicherung nach § 33a Absatz 1 S. 2 EStG gilt.
Anwendung (Rz. 39)
Die neuen Aussagen des BMF sind in allen offenen Fällen anzuwenden.
BMF, Schreiben v. 6.4.2022, IV C 8 - S 2285/19/10002 :001
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