LfSt Kommentierung: Vorsteuerabzug aus Gebäudeaufwendungen

Betreiber einer Photovoltaikanlage können nach neuerer BFH-Rechtsprechung auch die Vorsteuer aus den Kosten des tragenden Gebäudes der Anlage (anteilig) abziehen. Das Bayerische Landesamt für Steuern erklärt die Sachlage mit aktueller Verfügung.

Aus finanzieller Sicht sollte sich eine Photovoltaikanlage zwar selbst tragen, aus baulicher Sicht tut sie dies jedoch definitiv nicht. Damit der grüne Strom fließen kann, ist stets eine tragende Konstruktion erforderlich – meist in Form einer (verstärkten) Dachfläche. Die tragende Rolle von Dach und Gebäude für das Unternehmen „Stromerzeugung“ legt dabei nahe, über einen Vorsteuerabzug der Gebäudeaufwendungen nachzudenken.

Der BFH ist in drei Urteilen aus dem Jahr 2011 zu dem Ergebnis gelangt, dass zwischen Stromerzeugung und Gebäudeherstellung bzw. Dachsanierung ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang besteht – und ein Vorsteuerabzug für Gebäudeaufwendungen daher zumindest anteilig möglich ist (BFH, Urteile v. 19.7.2011, XI R 29/09, BStBl 2012 II S. 430; XI R 29/10, BStBl 2012 II S. 438; XI R 21/10, BStBl 2012 II S. 434). Konkret bezogen sich die Entscheidungen auf den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten eines Schuppens und eines Carports (jeweils mit aufgesetzter Photovoltaikanlage), sowie aus den Aufwendungen für die Neueindeckung eines Daches.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bayerische Landesamt für Steuern (LfSt) greift die BFH-Rechtsprechung mit Verfügung vom 7.8.2012 auf und erklärt, wie die abzugsfähige Vorsteuer für die Gebäudeaufwendungen zu ermitteln ist. Danach gilt:

Teilunternehmerische Verwendung

Wird eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines ansonsten nichtunternehmerisch verwendeten Gebäudes betrieben, liegt dem Grunde nach eine unternehmerische Mitbenutzung des Gebäudes vor. In diesem Fall ist von einer sog. teilunternehmerischen Verwendung auszugehen, wie vom BMF im Schreiben vom 2.1.2012 (BStBl 2012 I S. 60) dargestellt.

Sofern die unternehmerische Verwendung des Gebäudes mindestens 10 % beträgt, kann das Gebäude bzw. der Gebäudeteil dem Unternehmen „Stromerzeugung“ zugeordnet werden.

Ist die nichtunternehmerische Tätigkeit jedoch eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne, kann das Gebäude zu diesem Teil nicht dem Unternehmen zugeordnet werden (Zuordnungsverbot).

Sofern die nichtunternehmerische Tätigkeit eine unternehmensfremde Tätigkeit darstellt, ist hingegen eine komplette Zuordnung möglich (Zuordnungswahlrecht). Allerdings ist der Vorsteuerabzug aus dem unternehmensfremd genutzten Gebäudeteil ausgeschlossen (§ 15 Abs. 1b i.V.m. § 27 Abs. 16 UStG).

Welcher Aufteilungsmaßstab anzuwenden ist

Um bei einer teilunternehmerischen Verwendung zu ermitteln, welcher Anteil am Gebäude dem Unternehmen zugeordnet werden kann, muss auf die Verwendung des gesamten Gebäudes abgestellt werden. Dabei ist nicht nur die innere Nutzfläche zu berücksichtigen, sondern auch die Nutzung des Daches. Zur Abgrenzung des unternehmerischen Verwendungsanteils von dem nichtunternehmerischen Verwendungsanteil wendet der BFH die Grundsätze der Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG analog an.

Aufteilung anhand fiktiver Vermietungsumsätze

Zur Ermittlung der unternehmerischen Nutzung des Gebäudes erscheint es dem BFH dabei aber nicht sachgerecht, auf das Verhältnis von Dachfläche und innerer Gebäudefläche abzustellen. Vielmehr spricht sich der BFH an dieser Stelle für eine Aufteilung anhand fiktiver Vermietungsumsätze aus. Dabei werden die fiktiven Vermietungsumsätze aus der Dachfläche der Summe der fiktiven Vermietungsumsätze aus der Dachfläche und des Gebäudes gegenübergestellt.

Hinweis: Das LfSt weist darauf hin, dass bei der Ermittlung des Umsatzschlüssels nicht die erzielten Umsätze aus der Stromeinspeisung herangezogen werden dürfen (kein adäquater Aufteilungsmaßstab).

Vertrauensvorschuss für Unternehmer

Das LfSt erklärt weiter, dass die Finanzämter den vom Unternehmer ermittelten Aufteilungsmaßstab grundsätzlich anerkennen sollen. Nur wenn sich ein offensichtliches Missverhältnis zwischen den angesetzten (fiktiven) Vermietungsumsätzen ergibt, sollen die Ämter eine abweichende Berechnung anstellen.

Ermittlung der abziehbaren Vorsteuer

Soweit der Solarunternehmer das Gebäude seinem Unternehmen zugeordnet hat (und auch zuordnen durfte), kann er die Vorsteuer aus den Gebäude- und Dachherstellungskosten in Höhe des ermittelten Aufteilungsschlüssels abziehen.

Ermittlung der fiktiven Vermietungsumsätze

Vermietungsumsatz aus der Dachfläche

Um die fiktiven Vermietungsumsätze aus der Dachfläche zu ermitteln, ist von bestimmten Erlösbandbreiten auszugehen, diese liegen zwischen

  • 2 bis 4 EUR pro qm Modulfläche pro Jahr bzw.

  • 20 bis 30 EUR je installiertem kWp (Kilowatt Peak) pro Jahr.

Die fiktiven Vermietungsumsätze am oberen Rand der Richtwerte sind allerdings nur unter optimalen Bedingungen anzusetzen, z.B. wenn das Dach nach Süden ausgerichtet ist, eine Neigung von 20 bis 30 Grad hat, keinem Schatten ausgesetzt ist und in der Nähe eines Einspeisepunktes liegt.

Vereinfachungsregel: Das LfSt erklärt, dass i.d.R. (und ohne weitere Prüfung) von 3 EUR pro qm Modulfläche ausgegangen werden kann.

Hinweis: Will der Unternehmer einen höheren fiktiven Vermietungsumsatz durchsetzen, trifft ihn hierfür die Feststellungslast. In diesen Fällen müsste er dem Finanzamt somit die optimale Ausrichtung seiner Anlage glaubhaft machen.

Vermietungsumsatz aus dem Innenraum des Gebäudes

Um die fiktiven Vermietungsumsätze aus dem Gebäudeinneren zu ermitteln, sollen die Finanzämter die erzielbare Miete einzelfallabhängig errechnen. Hierbei spielen z.B. die Nutzungsart, die Bauweise und die Lage des Gebäudes eine Rolle.

Hinweis: Ist das Gebäudeinnere vermietet, muss bei der Berechnung des Umsatzschlüssels die tatsächlich erzielte Miete bzw. Pacht herangezogen werden.

Vorsteuerabzug bei Dachsanierung

Für den Vorsteuerabzug aus den Kosten einer Dachsanierung sind zwei Fälle zu unterscheiden:

„Allgemeine“ Dachsanierung

Leistungen zur Dachsanierung sind Erhaltungsaufwendungen, die das gesamte Gebäude betreffen. Bei Dachsanierungen in Zusammenhang mit dem Einbau einer Photovoltaikanlage sind daher ebenfalls die Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes zu betrachten (siehe obige Ausführungen). Auch in diesem Fall ist der Umsatzschlüssel anhand der fiktiven Vermietungsumsätze zu ermitteln und ein entsprechend anteiliger Vorsteuerabzug möglich.

Verstärkung des Dachstuhls

Sofern der Solarunternehmer den Dachstuhl allein aus statischen Gründen verstärkt, damit dieser die Last der Solarmodule tragen kann, liegt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zur Stromerzeugung vor. Für diese Kosten ist daher ein voller Vorsteuerabzug möglich.

Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung v. 7.8.2012, S 7300.2.1 – 14/48 St 33

Schlagworte zum Thema:  Umsatzsteuer, Vorsteuerabzug, Photovoltaik