Aussage von Bediensteten der Finanzverwaltung vor Gericht

Wenn Bedienstete der Finanzverwaltung vor Gericht aussagen, stellt sich die Frage: Wie steht es um das Steuergeheimnis? Und zu welchen Fragen haben sie überhaupt eine Offenbarungsbefugnis? Das LfSt Niedersachsen bezieht Stellung.

In der Verwaltungsanweisung v. 29.7.2019 stellt das LfSt Niedersachsen (S 0130 – 305 – St 142) zusammenfassend dar, was zu beachten ist, wenn Bedienstete der Steuerverwaltung vor Gericht eine Aussage machen sollen.

Wahrung des Steuergeheimnisses

Die Pflicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses gilt auch dann, wenn ein Beamter oder Angestellter der Finanzverwaltung vor Gericht eine Aussage tätig. Welche Besonderheiten hierbei im Einzelnen zu beachten sind, ist Gegenstand des Schreibens des Landesamts für Steuer Niedersachsen. Das Schreiben bietet hierbei einen guten Überblick. Betroffenen Beamten oder Angestellten bietet es einen ersten Überblick zu den sich stellenden Fragestellungen. Hierbei gilt, dass grundsätzlich das Steuergeheimnis zu wahren ist, es sei denn, es besteht eine Offenbarungsbefugnis im jeweiligen Einzelfall.

Rechtlicher Hintergrund 

Sofern Bedienstete der Finanzverwaltung eine Aussage vor einem Gericht machen sollen, bedürfen aufgrund des Dienstrechts (§ 37 BeamtenG bei Angestellten bzw. § 3 TV-L bei Angestellten) einer Genehmigung des Dienstvorgesetzten. Darüber hinaus besteht aber bei Bediensteten der Finanzverwaltung die Besonderheiten, dass ihre Aussage mit der Pflicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses kollidieren kann (§ 30 AO). Hierbei ergeben sich unterschiedlichen Fragestellungen je nachdem um welchen Gerichtszweig es sich handelt und in welcher Art und Weise der Bedienstete tätig wird. Beispiele dienen der Verdeutlichung.

Wesentliche Eckpunkte der Verwaltungsanweisung

Der wesentliche Inhalt des Schreibens lässt sich wie folgt zusammenfassen:

  • Einleitend wird klargestellt, dass Beamte und Angestellte einer Aussagegenehmigung des Dienstvorgesetzten benötigen (Tz. 1.1.). Für Steuerfahnder kann eine generelle Aussagegenehmigung erteilt werden (Tz 1.2.). Diese Aussagegenehmigung befreit aber nur von der Pflicht zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit (Tz. 2). 
  • Trotz der Erteilung einer Aussagegenehmigung ist aber darüber hinaus in jedem Fall zu prüfen, ob im Rahmen der Aussage durch das Steuergeheimnis geschützte Kenntnisse offenbart werden dürfen (Tz. 3).
  • Erfolgt die Aussage vor Gericht als Zeuge, gilt für die Offenbarungsbefugnis § 30 Abs. 4 und 5 AO. Hierbei ist nach der Art des gerichtlichen Verfahrens zu differenzieren (Tz. 3.1.). 
  • Bei einer Aussage in einem finanzgerichtlichen Verfahren gilt § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO, wenn die Offenbarung für steuerliche Zwecke erfolgt. Eine Offenbarung ist allerdings nur dann zulässig, wenn die Verhältnisse Dritter unmittelbare Bedeutung für die Entscheidung in dem finanzgerichtlichen Verfahren haben (Tz. 3.1.1.).
  • In einem Strafverfahren ergibt sich die Offenbarungsbefugnis ebenfalls aus § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO (Tz. 3.1.2.). Bei allgemeinen Straftaten ist erforderlich, dass diese untrennbar mit der Steuerstraftat verknüpft sind (auch Tz. 3.1.3 zum Verhältnis).
  • Über die Verhältnisse anderer Personen als des Beschuldigten darf in einem Strafverfahren oder Bußgeldverfahren nur dann ausgesagt werden, wenn diese mit der Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist, zusammenhängen (Tz. 3.1.2.2).
  • Hat der Beamte oder Angestellte Zweifel daran, ob er zur Offenbarung befugt ist, ist er berechtigt und verpflichtet, zu der entsprechenden Frage keine Auskunft zu erteilen. Er hat dies dem Gericht zu erklären (Tz. 3.1.2.3.).
  • Im Gegensatz zu einem Strafverfahren steht in einem Zivilverfahren das Steuergeheimnis einer Aussage grundsätzlich entgegen, es sei denn, der Betroffene hat der Offenbarung zugestimmt (Tz . 3.1.4.1.). 
  • Handelt es sich um einem Amtshaftungsprozess stimmt der Kläger konkludent einer Offenbarung seiner eigenen Verhältnisse zu. Dies gilt aber nicht für die steuerlichen Verhältnisse Dritter (Tz 3.1.4.2.).
  • Erfolgt die Aussage als Sachverständiger gelten die vorstehenden Grundsätze entsprechend (Tz. 3.2.).
  • Besonderheiten bestehen, wenn der Beamte oder Angestellte seine Aussage als Beschuldiger aufgrund einer strafbaren Handlung bei Ausübung seines Amts zu machen hat (Tz. 3.3.). In diesen Fällen darf er grundsätzlich auch ohne Zustimmung die Verhältnisse Dritter offenbaren, soweit diese Gegenstand der Anklage sind. 
  • Abschließend findet sich ein Muster der Aussagegenehmigung (Tz. 4).

LfSt Niedersachsen, Verfügung v. 29.7.2019, S 0130 - 305 - St 142

Haufe Online Redaktion
Schlagworte zum Thema:  Gerichtsverfahren, Steuergeheimnis